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J 7 0 V. Entwicklung der Pflanzenwell in den ausserhalb der Hochgebirge etc.
p f l a n z e n besitzen (in Baiern Pulsatilla patens^ P. vernaliSj Thesimn alpinum^
Polygonum viviparum, Dnjas octopetala, Gnaphaliimi dioicum^ Senecio
campester ^ Gentiana campestris ^ Euphrasia salisburgensis ^ Dracocephahm
Ruyschiana^ Veronica fniticiilosa, AJuga pyramidalis), so erscheinen dieselben
doch sehr reich an alpinen Pf lanzen, die stellenweise sich so
ausgebreitet haben, dass sie vollkommen eingebürgert sind und daher doch
wieder die Yermuthung nahe liegt, die Haidenflora sei bis auf die Glacialperiode
zurückzuführen. Untersuchen wir die Sache genauer. Die Menge
von alpinen Manzen auf der Garchinger Haide und auf dem Lechfelde ist
ausserordentlich gross, aber es sind das eben alpine Pflanzen, welche im
arktischen Gebiet nicht vorkommen, dagegen meistens im Gebiet der Alpen
oder von den Pyrenäen bis zu den Karpathen verbreitet sind. Auch die
oben genannten Glacialpflanzen sind zur Hälfte solche, welche in den Alpen
entstanden und sich von da aus nach Skandinavien oder Schottland verbreitet
haben. Die übrigen Glacialpflanzen aber, wie die beiden Pulsatilla^
Senecio campester ^ Dracocephaluin Ruyschiana ^ Scorzonera purpurea^ sind
solche, welche ihre Wanderungen auch noch vollziehen konnten, als die
Gletscher schon weit abgeschmolzen waren und die Ebene ihren tundrenartigen
Character verloren hatte. Alles dies spricht also dafür, dass die
Haidenformation nördlich der Alpen später zur vollkommenen Ausbildung
gelangte ¿ils die Moorformation. Es ist nothwendig, hier auf v. Richt -
hof e n ' s Theorie der Lössbildung in Europa näher einzngehen, einer Theorie,
die bereits bei vielen Geologen grossen BeifaU gefunden hat und viele Erscheinungen
auch auf dem Gebiet der Pflanzengeographie in einfachster
Weise erklärt. Da ich nicht selbst Geolog bin, so kann ich nur die auch
dem Laien leicht verständlichen Gründe v. Richthof e n ' s würdigen und
a n d e r Art und Weise, wie pflanzengeographische Thatsachen derselben
entsprechen, ihre Richtigkeit ermessen, v. R i c h t h o f e n i ) hat die Gründe,
welche für die früheren Erklärungen der Lössbildungen spi^echen, in seinem
Werke über China zusammengestellt. Seine eigene Anschauungsweise
(es sei mir gestattet, dieselbe für diejenigen, denen sein vortreffliches
Werk nicht zugänglich ist; hier wiederzugeben) ist in kurzem folgende. Der
Periode, in welcher sich das Meer von Norden her fast bis an den Rand des
Riesengebirges und an den Harz ausdehnte und die norddeutsche Ebene
mit den den abschmelzenden Eisbergen entfallenden skandinavischen Felsblöcken
bestreut wurde, folgte die Mammuthperiode, während welcher in
Mitteleuropa ein kaltes Klima herrschte, wie es jetzt einer Meereshöhe von
5000—7000 Fuss in den Alpen entspricht. Während dieser Periode lag
die Nordwestküste von Europa noch unter der jetzigen Einhundert-Faden-
Linie des Meeres und war weit in dasselbe vorgeschoben. Um diese Zeit
1) V. R i c h t h o f e n , China, p. 162—168.
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16. Lokale Erhaltung der Glacialpflanzen. 171
fand die grösste Gletscherbedeckung auf den brittischen Inseln und in den
Alpen statt; die grossen Eisfelder mussten in weit höherem Maass condensirend
wirken als jetzt , die Südwinde mussten den Nordfuss in ausgetrocknetem
Zustand erreichen ^ in ähnlicher Weise, wie wenn sie jetzt
über die eisbedeckten Kämme des Himalaya und des Karakorum streichen.
Die starken Gletscherbäche flössen in Landstriche mit trocknem^
continentalem Klima hinab. Der winterliche Schnee musste das Volumen der
Flüsse nicht unmittelbar schwellen, sondern beim Abschmelzen grösstentheils
in den Boden dringen, die grössere Entfernung des Meeres war im
Sommer von geringerem Einfluss ; die grösseren Gewässer mussten in grösserer
Entfernung von den Gletschern wegen Mangels an Zufluss an Grösse
abnehmen. Hier und da mussten Becken abgeschnürt werden und sich
einzelne verdunstende Salzseen bilden. Die langsame, subaörische Bewegung
der Zersetzungsproducte von den Gebirgen hatte die allmälige Ausfüllung
der Becken und die Bedeckung der Gehänge mit Ablagerungen zur
Folge, welche die Unebenheiten in der dem Löss eigenthümlichen Weise
ausgleichen. Die Steppenvegetation hielt die von Wind und Regen herbeigeführten
Stoffe fest und verlieh dem Boden die eigenthümliche Verticalstructur.
Das Land war mit Steppen bedeckt; in den weiten Becken von
Ungarn oder in der Ebene von Polen deutet der an Stelle der Lössbedeckung
tretende Flugsand darauf hin, dass dort ein trockneres Klima herrschte und
zur Bildung vegetationsloser, wüster Gegenden, die an die Gobi-Strecken
in den Becken Centrai-Asiens erinnern, Veranlassung gab. Aber mit diesen
Ausnahmen scheint das Klima, vielleicht in Folge der zahlreich aufragenden
kleineren Gebirge, feuchter gewesen zu sein, als es jetzt in der Mongolei
ist, oder wenigstens gleichmässiger vertheilte Niederschläge gehabt
zu haben; denn das häufige Vorkommen der Knochen von Säugethieren
deutet auf Graswuchs und einen den amerikanischen Prairien ähnlichen
Charakter. »Nach der Mammuthperiode mag eine abermalige Verschiebung
der Küsten jene klimatische Aenderung herbeigeführt haben, welche nach
dem Abschmelzen der Gletscher reichlichere Bewölkung und Regenfall,
damit auch die Anfüllung der salzigen Steppenbecken mit Wasser, die Bildung
ihres Abflusses, das Durchnagen der Scheidewände und die Wiederherstellung
einiger alten, sowie die Bildung mancher neuen Flussläufe veranlasste.
Der segensreiche Wechsel der südwestlichen und nordöstlichen
Luftströmungen hat seitdem die Flüsse gefüllt erhalten und diese haben
allmälig die Lössbecken durchschnitten, die Salze ausgelaugt und die Bedingungen
zu wechselvollem Thier- und Pflanzenleben geschaffen«. Hierzu
wäre nur zu bemerken, dass die oben erwähnten Entdeckungen Nehr
i n g ' s darauf hinweisen, dass die Mammuthperiode allein nicht der
))Steppenperiodec( entspricht, dass der Höhenpunkt der letzteren erst nach
der stärksten Entwicklung des Mammuth eingetreten zu sein scheint. Da