
i;
•
I i i
" Ii
; ii
L i
J f .
1 8 0 V. Entwicklung der Pilanzenwelt in den ausserhalb der Hochgebirge etc.
von Amseln, Drosseln etc. passiren^ keimfähig bleiben. Auf Anfragen, die
ich an den bekannten Afrikareisenden und Naturforscher A l e x a n d e r von
H o m e y e r bezüglich der Samenverschleppung durch Vögel richtete, w^urden
mir gütigst Mittheilungen gemacht, w^elche mit denen v. K e r n e r ^ s insoweit
im Einklang stehen, als er bei einzelnen Vögeln ein Anheften der Samen am
Gefieder beobachtet hatte; im Ganzen aber doch ziemlich selten. Besonders
häufig soll nach seinen Angaben ein Verschleppen von Samen und Früchten
bei Tauben, Finken, Ammern vorkommen, die ihren Kropf überfüllen und
dann denselben beim Fliegen dadurch zu erleichtern suchen, dass sie von
der genossenen Masse herausschnellen. So können allerdings über kleinere
Strecken Samen durch Vögel verbreitet werden. Es bliebe also noch das
günstigere Klima in Westeuropa als Hauptfactor^ welcher die oben besprochene
Verbreitung bedingte, bestehen; für einzelne Püanzen wie Ilex^ Buxiis^
Erica cinerea lasse ich es gelten; aber nicht für alle, denn die meisten der
genannten Pflanzen gedeihen sehr gut in den botanischen Gärten von Breslau
und Berlin. Sodann habe ich hier nur einige westeuropäische Pflanzen
herausgegriffen, bei denen gerade die Verbreitungslinien besonders scharf
hervortreten; es giebt aber noch viele andere^ welche im Wesentlichen sich
auch auf diesen Zugstrassen nach Norden bewegt haben; aber vom Süden
häufiger nacli Norden und vom Westen häufiger nach Osten vorgesprungen
sind, während es wieder andere giebt, welche von vornherein auf breiterer
Basis etwa zwischen atlantischem Ocean und Elbe oder zwischen diesem
und Oder nach Norden gewandert sind, während endlich auch von vielen,
z. B. einem grossen Theil unserer europäischen Orchideen sicher nachweis-
})ar ist, dass sie aus Südeuropa sich nach Nordeuropa bis zum Ural verbreitet
haben. Wenn nun also gewisse Pflanzen, die im Mittelmeergebiet verbreitet
sind und nach unsern früheren Auseinandersetzungen schon vor der
Glacialperiode daselbst existirt haben mussten, sich vorzugsweise im Westen
von Europa verbreitet haben, so liegt meines Erachtens der Grund einfach
darin; dass diese Pflanzen während der Glacialperiode im südwestlichen
Europa, in Frankreich und Spanien Schutz fanden ; im westlichen F]uropa trat
zuerst das wärmere Klima ein, die südlichen und westlichen Pflanzen konnten
daher hier am ersten nach Norden vorschreiten und sich dauernd ansiedeln.
England aber war damals noch mit dem Continent verbunden, der
Süden Englands und Irlands liegen ausserhalb des Blockgebietes; es waren
also auch in England die Verhältnisse zur Aufnahme der aus dem südwestlichen
Europa kommenden Pflanzen geeignet. Wie die oben erwähnten,
im Mittelmeergebiet verbreiteten Pflanzen verhielten sich nicht wenige,
welche zwar nicht im ganzen Mittelmeergebiet, aber doch im westlichen
Theil desselben heimisch waren^ Meconopsis cambrica Vig., Hypericum Elo~
des L., H. linarifolmm Vahl, Lavatera arhorea L.^ Erica ciliaris L., E, vagans
L., E. mecliterranea L.^ Pinguicula lusüanica I.., Scilla verna liuds..
17. Verdrängung der Glacialpilanzen in Mittel- und Nordeuropa etc. 181
Simethis bicolor Kimihj Asplenium lanceolatiim Unds., A. marinumh. (auch
auf den Azoren und Jamaica), Trichomanes radicans Sw., Hymenophyllu7)i
tunbridgense Sm. So erklärt sich also, warum in Grossbritannien noch so
viele Pflanzen vorkommen, die in Deutschland östlich vom Rhein entweder
ganz fehlen oder daselbst sehr selten sind. Die Wanderung von ganzen
Pflanzengemeinschaften, wie wir sie hier vor uns haben, kann man nicht
durch zufällige Verschleppung erklären, zumal auch in den meisten Fällen
dieses westeuropäische Areal der Mediterranpflanzen wenig Unterbrechungen
zeigt. Bei manchen Pflanzen ist allerdings die Zahl der zwischen Spanien
und Grossbritannien liegenden Standorte eine sehr geringe, so bei der
in den Pyrenäen und Irland vorkommenden Daboecia polifolia Don] diese
Pflanze findet sich auch noch in Frankreich in den Departements Maine und
Loire, Tarne und Garonne vor, es sind also die beiden Fundorte in den
Pyrenäen und Irland einigermassen vermittelt. Daboecia ist auch eine Haidepilanze,.
von der man wohl annehmen kann, dass sie früher verbreiteter
war und nun mehrfach verschwunden ist. Anders steht es aber mit Saxifraga
Geum L. und S. umbrosa L., die beide mit ihren Varietäten auf die
Pyrenäen und Irland beschränkt, auch in beiden Gebieten häufig sind;
sie sind Pflanzen, die sich, wie ihr leichtes Fortkommen in der Cultur, ihr
nicht seltenes Verwildern zeigt, sehr leicht ansiedeln; man sollte daher
meinen, dass diese beiden Arten sich auch in Frankreich erhalten haben
müssteU; wenn eine schrittweise Wanderung stattgefunden hätte. Beide
Arten wachsen in der Waldregion, es ist daher zweifelhaft, ob sie schon
vor der Glacialperiode in Irland waren, auch würde ihr Vorkommen allein
den Zusammenhang Englands mit Frankreich vor und während der Glacialperiode
nicht erweisen, wenn nicht andere Gründe da wären, welche die
Sache zweifellos machen. Ebenso auffallend ist das Vorkommen des im
ganzen Mittelmeergebiet verbreiteten, im inneren und westlichen Frankreich
aber fehlenden Arbutus Unedo L. in Irland. Diese und viele andere
der aus dem Mittelmeergebiet nach England oder Belgien verbreiteten Pflanzen,
wie Ilex^ Buxiis^ Ruscus^ Tamus gehören entweder zu tertiären Typen
oder zu Gattungen, welche bereits vor der Glacialperiode nach dem
Mittelmeergebiet gelangt waren; sie konnten auch vor der Glacialperiode
schon nach Grossbritannien gelangt sein; ihre gegenwärtige Existenz in
diesem Gebiet kann aber nicht so alten Datums sein; denn während der
Glacialperiode mussten die meisten dieser Pflanzen nach Süden zurückweichen.
Zwar finden sich im südlichsten England keine Spuren von Blockverbreitung
aus der Glacialperiode; aber dieselbe reichte doch beinahe
ebensoweit südlich als im nordwestlichen Deutschland; für mediterrane
Formen war also damals keine Möglichkeit, daselbst weiter zu existiren,
sie konnten nach Südfrankreich und Spanien retiriren und dann, als der
Golfstrom in Grossbritannien so günstige Vegetationsbedingungen schuf,