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2 6 4 IV. Ueber die Entwicklung der Floren in Süd- und Centraiamerika.
Schichten ausgestorben sind. Zu derselben Zeit existirten in Nordamerika
grosse Katzen, Pferde und Tapire, grösser als irgend welche jetzt lebende, ein
Lama von der Grösse eines Kameeis, grosse Mastodons und Elephanten und
eine Menge ungeheurer megatheroider Thiere von fast gleicher Grösse
Wir können also annehmen, dass zu der Zeit, als diese Thiere lebten
euie Verbindung zwischen Nord- und Südamerika bestand. Die Edentaten
sind im Pliocen Südamerikas so zahlreich, dass sie daselbst auch im
Miocen existirt haben müssen. In Nordamerika dagegen ist keine Spur
von Edentaten früher, als in der postpliocenen Periode oder vielleicht in
der neueren pliocenen Periode an der Westküste gefunden worden; sie
sind daher in Nordamerika aus Südamerika eingewandert, wie die Vorfahren
der Lamas aus Nordamerika in Südamerika. Dieser Umstand beweist
also auch, dass eine Zeit lang Nord- und Südamerika getrennt waren
Mochte nun auch für die Säugethierwelt die ehemalige Meerenge von
Panama ein nicht überschreitbares Hinderniss bieten, für sehr viele
tropischen Pflanzen bestand ein solches Hinderniss nicht, da diese kleine
Meeresstrecke sicher von vielen Vögeln fortdauernd überflogen wurde- es
konnte sich also seit den ältesten Zeiten eine vielfach übereinstimmende
Flora im subandinen Gebiet und Westindien entwickeln. Es werden aber
auch sehr viele Samen und Früchte von Säugethieren verschleppt, in deren
Fell sie haften bleiben; so sind namentlich die Früchte der auf dem mexikanischen
Hochland und auf den südamerikanischen Anden jetzt so sehr
herrschenden Helianthoideen durch die das Achaenium krönenden Widerhäkchen
und.Borsten, ferner die Früchte der Geraniaceen, der Rosaceae —
Poterieae, der Gattung Geum und anderer höchst befähigt, dem Pelz der
Thiere anzuhaften. So konnten einzelne Früchte viele Monate lang herumgetragen
werden; viele wurden an Localitäten abgestreift, wo sie zu
Grunde gehen mussten , einzelne aber konnten doch auf geeignetes Terrain
gelangen. Der Orinoco und der früher an seiner Stelle befindliche Meeresarm
waren immer für sehr viele der aus Nordamerika kommenden Thiere
ein Hinderniss, nach Südosten vorzudringen; sie wurden immer nach dem
andinen Gebiet zu gedrängt. Als die Anden schon eine bedeutende Höhe
erreicht hatten und ihre Ostabhänge alle Feuchtigkeit der südöstlichen
^^mde auffingen, mussten das Hochland und die Westabhänge immer
trockner werden, es mussten immer mehr der ursprünglichen einheimischen
Pflanzen schwinden, und die von den Lamas und andern bergbewohnenden
Thieren mitgebrachten Samen konnten auch hier geeigneten Boden finden •
denn wir sind auch berechtigt anzunehmen, dass diese Thiere immer möglichst
rasch solchen Localitäten zugestrebt haben werden, welche ihren
Gewohnheiten am meisten entsprachen. Während im nördlichen andinen
Gebiet nach der Hebung der Anden die hygrophile Flora zum grossen Theil
verschwand, ward deren Fortexistenz in den südlicheren Breiten gesichert
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-10. Das andine Gebiet und das antarktische Waldgebiet Südamerikas. 265
Der bedeutende Unterschied in der geograptiischen Breite musste schon
seit längerer Zeit Verschiedenheiten in der südchilenischen und nordandinen
Flora bewirken. So lange namentlich das andine Land nur wenig
über dem Meer sich befand^ mussten von Norden her vorzugsweise tropische
Pflanzen kommen; es waren daher die Keime dieser im Nachtheil
gegenüber den auf oceanischem Wege nach Chile gelangten Samen und
Früchten gemässigter Regionen. Später allerdings^ als die Anden gehoben
waren, konnten auch hygrophile Pflanzen der nördlichen gemässigten Gebiete,
z. B. Alnus^ Viburnum^ Sambucus^ .nach den Anden Südamerikas
gelangen. Aus jener Zeit mag wohl auch Sequoia Tournalii Sap^ off. herrühren,
die von Ochsenius bei Coronel fossil gefunden und als solche
von Dr. F. Kur t z bestimmt wurde. Als später im Gebiet von Patagonien
und Argentinien das Land sich immer mehr vergrösserte, siedelte sich
daselbst die Flora der benachbarten Districte an. Da der ganze an die
Anden sich anlehnende Theil von Argentinien und Patagonien im Winter
der Niederschläge entbehrte, so konnten natürlich die an reiche Feuchtigkeit
gewöhnten Formen des antarktischen Waldgebietes sich hier nicht ansiedeln,
sondern nur die xerophilen Formen der Anden und der südlichen
Savannen oder Steppen Brasiliens. Die grosse Einförmigkeit der Verhältnisse
bot nicht Gelegenheit zu so formenreicher Entwicklung, wie auf den
Anden selbst, doch sind einzelne Typen, wie Schinus dependens Ortega, die
hier ganz besonders gedeihen, auch in starker Variation begriff'en.
Die südlichen Polarländer befinden sich gegenwärtig in hohem Grade
der Vergletscherung, und dieser Zustand kann nach W a l l a c e als ein Beweis
für die Richtigkeit der Croll'schen Hypothese gelten; denn diese
Polarländer befinden sich jetzt während des Winters im Aphelium. Die
Schneelinie liegt in den südlichen Anden" bei 6000 Fuss unter derselben
Breite, unter der auf der nördlichen Hemisphäre sich die Pyrenäen befinden;
in einer den Schweizer Alpen entsprechenden Breite liegt die
Schneelinie bei 6200' und in einer den Gebirgen von Cumberland entsprechenden
Breite ist von 3—4000' jedes Thal mit Eisströmen erfüllt,
welche zum Meere hinabsteigen. Und doch sind eigentlich in diesem Theil
der Erde die Verhältnisse für Gletscherbildung nicht einmal sehr günstig,
insofern nehmlich das Land sehr schmal ist, die Berge nur noch von
mässiger Höhe sind und der weite offene Ocean dazu beiträgt, das während
des Winters gebildete Eis fortzutragen. Erst in den Südpolarländern finden
wir vollständige Vergletscherung, weil hier die mildernden Einflüsse sich
nicht geltend machen können. Da nun aber das südliche Chile sich immer
unter ähnlichen Verhältnissen befand, wie jetzt, die Südspitze Amerikas
früher sogar noch schmaler war und das Meer noch weiter, so können wir
schon aus diesen Gründen annehmen, dass hier eine vollständige Vergletscherung,
wie ehemals in Skandinavien, nicht erfolgte. Es wird be-
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