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36 II. Entwicklung der Flora des östlichen und centralen Asiens etc.
Es ist luiiij wie wir früher gesehen haben, in der Thal richtig, dass
eine Flora von dem Charakter der heutigen Flora der atlantischen Staaten
Nordamerikas nördlich derselben, selbst noch in Grönland existirte , es ist
ferner in hohem Grade wahrscheinlich, dass an Stelle der Behringssee und
nördlich derselben in der Tertiarperiode Land existirte; es ist aber auch
erwiesen, dass in Nordamerika selbst der Charakter schon zur Tertiärperiode,
wahrscheinlich sogar schon zur Kreidezeit ein ähnlicher war, dass
nur die Coniferen in viel geringerer Zahl vorhanden waren und erst später
aus den Polarländern einwanderten; es sind ferner in den pliocenen Pflanzen
Californiens und den miocenen der Rocky Mountains Anzeichen dafür
vorhanden, dass die Flora westlich der Rocky Mountains ehemals von der
östlichen nicht so verschieden war, als dies jetzt der Fall ist. Wir haben
oben die geologischen Gründe auseinander gesetzt, welche dafür sprechen;
dass in der jüngeren Tertiärperiode eine grössere Differenzirung des Klimas
in Nordamerika erfolgte. Andrerseits ist zu berücksichtigen, dass der Osten
und Westen Nordamerikas, wenn auch nicht im Norden, so doch im Süden
lange genug durch Wasser von einander geschieden waren, so dass auch
eine eigenartige Entwicklung Platz greifen konnte, die in der Erzeugung
von Parallelformen ihren Ausdruck fand. Die Entwicklung und Erhaltung
von Parallelformen oder vicariirenden Arten fand weitere Unterstützung,
als allmälig Prairien und die mächtiger entwickelten Rocky Mountains
scheidend zwischen den Osten und Westen Nordamerikas traten. Es musste
bei dem immer trockner werdenden Klima des westlichen Nordamerika ein
Theil der Pflanzen, welche hier in gleicher Weise, wie in dem aflantischen
Gebiet ihr gutes Fortkommen gehabt hatten, zu Grunde gehen; ein anderer
Theil konnte sich erhalten und in vielen den neuen Verhältnissen besonders
angepassten Formen entwickeln. Damit hängt zusammen, dass gewisse
Typen Nordamerikas in den pacifischen Staaten reich, in den atlantischen
ärmlich entwickelt sind, während andere das umgekehrte Verhältniss
zeigen. So erklärt es sich auch, dass wir von einigen Gattungen vereinzelte
Repräsentanten in den westlichen und in den östlichen Staaten
besitzen. Dies ist der Fall bei Negundo, Rhus, Cercis, Osmorrhiza, Platanus.
Die Behauptung, dass die repräsentativen Arten im ehemals wärmeren
Norden entstanden und dann die einen diesem, die andern jenem Meridian
entlang nach Süden gewandert seien, liesse sich auch vertheidigen; aber
der Umstand, dass der gegenwärtige Vegetationscharakter Nordamerikas
schon so früh sich ausgebildet hatte, spricht dafür, dass die repräsentativen
Formen in diesen getrennten Gebieten entstanden sind, selbstverständlich
aus nahe verwandten Arten weit verbreiteter Gattungen. Der nordische
Ursprung dagegen ist wahrscheinlicher bei denjenigen i d e n t i s c h e n Formen
beider Gebiete, welche heutzutage eine Wanderung nach dem Norden
auf der einen Seite der Rocky Mountains und eine Rückwanderung nach
6. Austausch der Florenelemente zwischen Asien und Nordamerika. 37
dem Süden auf der andern Seite desselben Gebirges nicht aushalten
könnten.
Was von den Pflanzen der pacifischen Staaten Nordamerikas güt, gilt
aber auch in ähnlicher Weise von denen Japans und der Mandshurei.
Japan und die Mandshurei sind reich an den Typen, welche die Laubwälder
des Tertiärlandes zusammensetzten. Wie im Süden der atlantischen Staaten
Nordamerikas sind dieselben auch im südlichen Japan mit tropischen und
subtropischen Typen gemischt. Zwar besitzen wir aus der Tertiärzeit Japans
selbst noch keine Aufschlüsse, aber schon die in Sachalin unter dem 51®
gefundenen Tertiärpflanzen zeigen eine ähnliche Mischung nördlicher und
mehr südlicher Baumformen, wie sie im Tertiär Amerikas und Grönlands
vorhanden war und auch jetzt noch im mittleren und selbst noch im nördlichen
Japan angetroffen wird. Neben Popidus, Salix, Alnus, Betula, Corijhis,
Carpinus, Fagus, Quercus, Ulmus finden sich Castanea, Planera,
Celastrus, Juglans, Gingko, Sterculia. Wenn wir nun ferner berücksichtigen,
dass die Flora Japans so w^enig arktische Pflanzen besitzt, wie oben
angeführt wurde, wenn wir dann aber auch beachten, dass Japan so ausserordentlich
reich ist an Gattungen (ich zähle deren über 900 auf nicht ganz
2800 Arten), dass die Zahl der monotypischen Gattungen mehr als 80 beträgt,
so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass Japan eine ursprüngliche'Flora
beherbergt, dass hier seit langer Zeit keine durchgreifenden
Veränderungen staltgefunden haben, und wohl nur vorzugsweise durch Aussterben
eines guten Theils der älteren Formen Umgestaltungen in der Flora
herbeigeführt wurden. Auch der ganz allmälige Uebergang zwischen den
Floren der gemässigten und der subtropischen Zone, der allerdings in der
Configuration des Landes begründet ist, die innigen Beziehungen der subtropischen
Flora Japans zu der des tropischen Asiens zeigen, dass in diesem
Gebiet solche Störungen, wie sie während der Glacialperiode in Europa und
Nordamerika herbeigeführt wurden, hier seit der Tertiärperiode nicht eingetreten
sind.
In der Tertiärperiode und höchst wahrscheinlich auch schon in der
Kreideperiode standen Japan nebst den Kurilen und Kamtschatka, das westliche
Nordamerika und drittens das östliche Nordamerika in einem ähnlichen
Verhältniss zueinander, wie die südlichen Halbinseln Europas. So
wie diese jetzt im Norden durch das penninisch-carnische Land verbunden
sind, so waren diese drei grossen Länder seit langer Zeit im Norden durch
ein ausgedehntes Land verbunden, das jetzt in der Behringsstrasse eine
kleine Unterbrechung aufweist, die wahrscheinlich früher nicht vorhanden
gewesen ist, die aber, auch wenn sie bestand, ein unübersteigliches Hinderniss
für die Wanderungen der Pflanzen nicht bilden konnte. So war
also in diesen 3 grossen Ländern einerseits die Gelegenheit zum Austausch,
andrerseits zu eigenartiger Entwicklung gegeben. So konnten sich die Gat-
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