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156 V. Entwicklung der Pflanzenwelt in den ausserlialb der Hochgebirge etc.
folk, aus unserer gewöhnlichen Pinns sylvestris L. bestehend, untersanken,
war ein wärmeres Kh'nia wieder dem kälteren gefolgt; da auch CorylusAvel-
Ictna j Menyanthes trifoliata und Blätter von Nymphaea daselbst gefunden
wurden, so scheint die Flora den Charakter der gegenwärtig im nördlichen
Europa herrschenden gehabt zu haben. Wenn es richtig ist, dass quartäre
Bildungen in Spitzbergen mit denen von Utznach und Norfolk gleichalterig
sind; so würde sich daraus ergeben, dass auch bis in das arktische Gebiet eine
solche Aenderung des Klimas eintrat; um mit Sicherheit zwei Glacialperioden
annehmen zu können, wird man aber doch wohl noch weitere Materialion
sammeln müssen. Mögen nun auch in ganz Europa zwei Glacialperioden
einander gefolgt sein, so ändert das an den bisherigen Ergebnissen, die
sich mehr auf die Herkunft der einzelnen Formen beziehen, sehr wenig.
Es würden dann die Begionen gewissermassen oscillirt haben und die Resultate,
welche uns gegenwärtig vorliegen, sich vielleicht auf zwei Wanderungen
vertheilen. Vielleicht führen weitere eingehende Untersuchungen
der Verbreitung der arktisch-alpinen Pflanzen, namentlich mit Berücksichtigung
der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu noch specielleren Resultaten.
Wichtiger scheint mir zunächst eine andere Frage , nehmlich : welche
Pflanzen konnten w^ährend der Glacialperiode im nördlichen Europa in der
Ebene und auf den niederen Bergen existiren? Schon oben haben wir gesehen,
dass ein gewisses Plus von Wärme sehr vielen Pflanzen nicht schadet,
wenn nur durch sorgfältige Bewachung andere Pflanzen von ihnen fern gelialten
wurden, während dieselben Pflanzen in der Natur nur in höheren
Regionen fortkommen, wo das Maass der ihnen zugeführten Wärmemenge
jedenfalls ein viel geringeres ist. Wir haben auch gesehen, dass manche
Pflanzen in sehr verschiedenen Regionen und Gegenden gedeihen können,
wo sie keineswegs immer dieselbe Menge von Feuchtigkeit und Wärme erhalten.
So will ich noch ein Beispiel erwähnen, das in dieser Beziehung
interessant ist; Glohularia niidicaulis L. findet sich in den Alpen in der
subalpinen Region und gehört zu den ersten Pflanzen, welche nach dem
Schmelzen des Schnees zur Blüthe gelangen; dieselbe Art kommt in Spanien
in der unteren und in der montanen Region vor, sie wächst in Asturien,
Cantabrien, Aragonien, Castilien; daraus scheint hervorzugehen, dass
es für diese Pflanze gleich ist, ob sie die kurze Zeit, welche sie zur Entwicklung
ihrer Blüthen und Früchte braucht, dem kurzen Sommer der subalpinen
Region der Alpen oder dem trockneren, langen Sommer der unteren
Region Spaniens entnimmt. Die Zeit der Ruhe ist bei dieser Pflanze
wie bei so vielen andern viel länger, als die der vegetativen Thätigkeit und
für viele Pflanzen ist es eben gleichgültig, ob diese Zeit der Ruhe zum
grösseren Theil unter einer mächtigen Schneedecke oder zum grösseren
Theil zwischen trocknem Gestein zugebracht wird. Saxifraga Cotyledon L.
findet ebenso in der geringen Höhe der nach Süden gelegenen Felsen von
!
-16. Lokale Erhaltung der Glacialpflanzen. 157
Domo d'Ossola unweit des Lago Maggiore ihre Existenzbedingungen, wie in
der Klamm an der Teufelsbrücke bei Andermatt, und ebenso in Lappland; sie
bedarf einer gewissen Feuchtigkeit, einer verhältnissmässig kurzen Zeit zur
Blüthenbildung; vor Allem aber während der ersten Zeit für die Entwicklung'ihrer
Grundblattrosetten eines Platzes, auf dem nicht andere Pflanzen,
die rascher wachsen, sie überwuchern; solche Plätze findet sie auf dem
felsigen Gestein von Domo d'Ossola ebenso wie am St. Gotthard. Es scheint
mir die Erwägung solcher Verhältnisse zu der Annahme zu führen, dass ein
grosser Theil derjenigen Pflanzen Mitteleuropas, welche nur eine kurze Zeit
zur Entwicklung ihrer Blüthen und Früchte brauchten, während der Glacialperiode
in Mitteldeutschland und Frankreich existiren konnten. Ich rechne
hierzu i. viele unserer Frühlingspflanzen, deren unterirdischer Grundstock
im Frühjahr oberirdische Stengel treibt, welche nach wenigen Tagen
oder ein paar Wochen zur Blüthe gelangen und, schon nach i - - 3 Monaten
zur Fruchtbildung gelangt, ihre oberirdischen Stengel verwelken lassen;
ich erinnere an unsere Arten von Anemone^ an Isopyrum^ Corydalis^ Dentaria^
Lathyrus vernuSy Equisetiim arvense, Liazida pilosa und viele andere.
2. viele derjenigen Pflanzen, welche zw^ar oberirdische Stengel, aber immergrüne
Blätter besitzen und bei uns in den ersten Frühlingsmonaten zur
Blüthe gelangen, so die meisten unserer Ericaceae^ wie Erica carnea^ Vacciniiim
OxycoccuSj Andrómeda polifolia, Ledum, ferner Empetrum. 3. viele
derjenigen Pflanzen, welche grundständige Laubblattrosetten besitzen, die
schon in der einen Vegetationsperiode angelegt werden, unter dem Schutze
der Schneedecke ausdauern und im nächsten Jahr mit einer Inflorescenz
endigen, wie z. B. viele Potentilla-Arien^ Arten von Piróla^ Saxifraga granulata,
S. Hirculus und andere.
Ferner ist für die Beantwortung unserer Frage wichtig die Kenntniss
derjenigen Arten, welche aus der Ebene bis in die alpine Region unverändert
aufsteigen, sowie auch derjenigen, welche gegenwärtig im arktischen
und subarktischen Gebiet neben solchen Pflanzen vorkommen, die nur in
diesen Gebieten und der alpinen Region der Hochgebirge vertreten sind.
Es sei mir hier gestattet, namentlich auf solche Pflanzen aufmerksam zu
machen, welche in Mitteleuropa, nicht selten bis zum Fuss der Alpen und
Pyrenäen und manchmal weiter südlich verbreitet sind, andrerseits aber
noch im arktischen Amerika vorkommen, wo die Küsten während der warmen
Jahreszeit von Eisströmen bespült werden und die kurze Vegetationsdauer
eine Entwicklung des Baumlebens nicht gestattet. Es sind dies folgende
Dicotyledonen :
Trollius europaeus L.
Ranunculus aquatiUs L.
— 7'eptans L.
Nuphar luteum L.
Arabis hirsuta Scop.
— pelraea Lam.
Cardamme pratensis L.
— hirsuta L.
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