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namentlich im Sinne UNGER'S weiter gewirkt, immer mehr Nach-
! weise für die Verknüpfung der gegenwärtigen Pflanzenformen
mit denen der Terticärperiode liefernd, während J. D. HOOKER, BENTUAM
und ASA GKAY nach dem Vorbild ihres Stammesgenossen
I FOHIUVS den geologischen Veränderungen einen hervorragenden Einfluss
auf die allmälige Gestaltung der Florengebiete zuschrieben.
Namentlich waren HOOKER'S Arbeiten, gegründet auf beneidenswerth
umfassende Reiseerfahrungen, in hohem Grade anregend, wenn auch
gegen einzelne der von ihm vorgetragenen Anschauungen sich Widerspruch
erhob. Nicht wenig wurden aber auch die Ansichten über
die allmälige Entwicklung der pflanzlichen Organismen und ihre
Verbreitung durch die auf engeren Gebieten vorgenommenen, aber
um so gründlicheren Untersuchungen A. v. KEKNER'S und C. v.
NAEGELI'S gefördert. Diesen Bestrebungen gegenüber verhielt sich
merkwürdiger Weise A. GRISEBACH, der jedenfalls nach ENDLICHER'S
Tode unter den deutschen Botanikern die umfassendste Pflanzenkenntniss
besass, in seinem hinsichtlich der Darstellung der jetzt
herrschenden Verhältnisse gewiss vortrefflichen Werke »die Vegetation
der Erde« (1872) kühl ablehnend. Nichtsdestoweniger wurde im
Sinne der erstgenannten Botaniker redlich weiter gearbeitet; wenn
auch manche kühne, nicht haltbare Hypothese aufgestellt wurde, so
sind wir doch gegenwärtig dem von UNGER und A. DE CANDOLLE
vorgesteckten Ziele um ein gutes Stück näher gekommen. Was mich
selbst betrifft, so hatte ich in meiner ebenfalls 1872 erschienenen
Monographie der Gattung S axí f r aga mich bemüht, der Entwicklung
dieser in den meisten Hochgebirgen des nördlichen extratro-
1 pischen Gebietes vertretenen Gattung nachzugehen, und hatte gefunden,
dass die zahlreichen jetzt existirenden Formen auf einige Grundtypen
zurückgeführt werden müssten, die schon zur Zeit der Hebung der
Hochgebirge am Eande der alten Tertiärmeere bestanden und un,ter
sich ziemlich verschieden sind. Seitdem Hess ich ähnliche Fragen
nicht aus dem Auge und suchte namentlich bei den monographischen
Bearbeitungen verschiedener tropischer Familien für die Flora brasil
liensis, untef anderen auch der Araceae, die morphologischen und
die Verbreitungsverhältnisse gleichzeitig beachtend, die Grundzüge
der Entwicklung der von mir behandelten Pflanzengruppen zu ermitteln;
ich kam dabei zu einigen Resultaten, die mir die mitunter
etwas trocknen und deshalb in Deutschland nicht sehr beliebten
systematischen Studien lieb machten. Während meines Aufenthaltes
in München las ich in zwei Wintersemestern ein Colleg über Pflanzengeschichte
und Pflanzengeographie, in dem ich es versuchte, die
oben ausgesprochenen Aufgaben nach dem jeweiligen Standpunkte
unserer Kenntnisse zu lösen. Hierbei reifte in mir der Gedanke,
eine Darstellung der Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt zu versuchen.
Anfangs beabsichtigte ich, das Hauptgewicht der Darstellung
auf einen pflanzengeographischen Atlas zu legen; jedoch fand
ich bei den ziemlich umfassenden Vorarbeiten für dieses Unternehmen,
dass für eine genaue graphische Darstellung die Materialien noch
ziemlich unvollkommen sind, und dass dann vor der Vollendung
dieses Atlas jedenfalls die Ideen, welche mir hierbei recht klar
wurden, von Andern ausgesprochen werden würden; ich entschloss
mich daher, zunächst der Darstellung in Worten den Vorzug zu
geben. Die mit meinem neuen Amt in Kiel verbundenen zahlreichen
Geschäfte, sowie auch der Druck meiner Monographie der Araceen
hielten mich etwas von der Vollendung zurück; so kam es denn
auch, dass ich, gerade in den Unterhandlungen mit dem Verleger,
Herrn Dr. RUDOLF ENGELMANN begriffen, von BALL, dessen pflanzengeographische
Arbeiten in diesem Werke auch ihre Berücksichtigung
gefunden haben, seinen am 9. Juni 1879 in der Royal geographical
Society gehaltenen Vortrag »On the origin of the Flora of
the European Alps« zugesendet erhielt. In demselben sind einige
der von mir durchgeführten Ideen ebenfalls enthalten; dass mir dieselben
nicht fremd waren, geht daraus hervor, dass der geehrte Verfasser
sich unter anderem auf die in meiner Saxifragen-Monographie
enthaltenen Resultate stützt. In einzelnen Punkten giebt BALL ausführlichere
Begründungen, als ich; ich habe jedoch vorgezogen, meine
jetzt einmal abgeschlossene Arbeit unverändert zu lassen; man wird
dann auch leicht beurtheilen können, in wie weit zwei unabhängig
von einander arbeitende Forscher zu übereinstimmenden Resultaten
gelangen können. Der vorliegende erste Band versucht die Entr
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