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4 8 Ii. Eigenthümlichkeiten der Pflanzenwelt in Australien, Neii-Seeland etc.
Es ist von II 0 O k e r der grosse Unterschied der Flora des südwestlichen
Australiens von der des südöstlichen in der oben erwähnten Abhandlung
(S. 3i—36 u. S. 50—55) sehr hervorgehoben worden. Hook er
findet den Unterschied namentlich deshalb merkwürdig, weil die physikalischen
Bedingungen nicht so erheblich verschieden seien oder wenigstens
nicht so verschieden, wie bei andern Ländern, die nicht so grosse Contraste
darbieten, z. B. Griechenland und Spanien. Zudem sei die Entfernung der
beiden Gebiete von einander sehr gering und durchweg Land zwischen
denselben. Aus der Analogie mit andern Ländern müsste man schliessen,
dass das viel grössere südöstliche Australien mit grossen Flüssen, ausgedehnten
Bergzügen ,und feuchten Wäldern, eine umfangreichere Flora beherbergen
müsste, von der sich nur die ein trockneres Klima vertragenden
Typen bis nach Westaustralien hätten erstrecken können.
Hiergegen lässt sich Mancherlei anführen, nicht gegen die thatsächlich
bestehenden Unterschiede der westlichen und östlichen Flora, wohl aber
dagegen , dass diese Erscheinung so besonders auffällig und ohne Analogie
sei.
Zunächst steht fest, dass Ostaustralien klimatisch vor Westaustralien
insofern bevorzugt ist, als es eine viel grössere Mannigfaltigkeit von Existenzbedingungen
der Pflanzen gewährt; dieser Mannigfaltigkeit der Existenzbedingungen
entspricht aber auch eine viel grössere Mannigfaltigkeit
der daselbst entwickelten Typen. Mag daher Ostaustralien auch mehr als
einmal so gross sein, wie die südwestliche Ecke von Australien, welche
vorzugsweise die sogenannte westaustralische Flora beherbergt, so ist eben
von diesem grossen Areal ein grosser Theil von vornherein für eine eigenartige
Entwicklung verloren. Die Fortdauer der von alten Zeiten her bestehenden
Verhältnisse ermöglichte in Ostaustralien die Fortexistenz von
Typen, welche in den benachbarten Gebieten, im indischen Archipel,
Polynesien und Neu-Seeland sich derselben Existenzbedingungen erfreuen.
Dieser Umstand hat einerseits zur Folge, dass die Entwicklung neuer
Formen, und somit die eineArt von Endemismus dadurch geschwächt wird.
Man darf nie vergessen, dass es zweierlei Endemismus giebt, einmal
einen solchen, der auf der Erhaltung alter Formen beruht, die in ganz andern
Gebieten entstanden sein können, und dann einen solchen, der auf
der Entwicklung neuer, vollkommen autochthoner Formen beruht. Die
schönsten Beispiele für endemische Formen ersterer Art sind Gingko in
Japan und Sequoia in Californien , welche Gattungen ehemals weit auf der
nördlichen Hemisphäre verbreitet waren; zu den endemischen Gattungen
der zweiten Art gehören meist solche, welche eine reiche Formenentwicklung
zeigen und sich an andere Gattungen desselben Gebietes anschliessen.
Ostaustralien und Westaustralien zeigen in dieser Beziehung bemerkenswerthe
Verschiedenheiten. In ganz Australien sind 425 Gattungen ende-
2. Ueber die Gliederung und die Beziehungen der Flora in Australien. 49
misch, darunter sind etwa 160, welche nur im östlichen Australien, sowohl
im tropischen wie im extratropischen, vorkommen, während etwa 100
durchaus auf Westaustralien beschränkt sind; die vielen Gattungen^ welche
in Ostaustralien reich entwickelt sind und sparsam in Westaustralien auftreten
oder sich umgekehrt verhalten, sind hier nicht mit berücksichtigt.
Die Gattungen des nordöstlichen und östlichen Australiens umfassen nur
etwa 300 Arten, mehr als 6 0 ^ sind monotypisch und gehören zum Theil tropischen
Familien an, welche.in Australien jetzt nur noch schwach vertreten
sind, in Westaustralien meistens fehlen. Die endemischen Gattungen Westaustraliens
umfassen über 500 AiHen und nur zwischen 40 und 50 ^ sind
monotypisch. Hier kommen also im Durchschnitt auf eine Gattung viel
mehr Arten, es sind Gattungen wie Conostylis mit 30 Arten, Dryandra mit
47 Arten, Microcorys mit 15 Arten darunter. Die endemischen Gattungen
Ostaustraliens vertheilen sich auf 48 Familien, diejenigen Westaustraliens
hingegen vertheilen sich nur auf 33 Familien; oft gehören, wie ja auch
schon aus der grossen Tabelle zu ersehen ist, mehrere endemische Gattungen
Westaustraliens einer in Ostaustralien völlig fehlenden Pflanzengruppe
an. Diese Thatsachen zeigen, dass in Westaustralien die auf neuerer
Entwicklung beruhenden endemischen Formen vorherrschen, während in
Ostaustralien die Erhaltung aus älteren Zeiten eine hervorragendere Rolle
spielt, womit ich jedoch nicht gesagt haben will, dass eine solche in West-
Australien gar nicht stattgefunden hat. Dass in Ostaustralien sich so viel
alte Formen erhielten, hängt zunächst mit der geringeren Aenderung der
Existenzbedingungen zusammen; der wesentlichste Factor, die Feuchtigkeit,
war einem grossen Theile Ostausti'aliens immer geblieben. Der Platz,
welcher von den alten Formen behalten wurde, ging natürlich den neu
entstandenen Varietäten verloren, und daher sind endemische Formen der
zweiten Art in Ostaustralien verhältnissmässig schwächer entwickelt.
Sodann nehmen in den feuchteren Gebieten viele Arten ein viel
grösseres Areal ein, als in den trocknen Gebieten; sobald in der Nachbarschaft
eines feuchten Gebietes ebenfalls mit genügender Feuchtigkeit ausgestattetes
Terrain blossgelegt wird, wird dasselbe gleich in toto von ganzen
Pflanzenassociationen in Besitz genommen. In dem trockneren Neuland
sind aber nicht von vornherein überall die Bedingungen für die Entwicklung
der dahin gelangten Pflanzenkeime gegeben; es wird also nicht von
vornherein das ganze blossgelegte Terrain von einer geringeren Anzahl
Formen in Besitz genommen und so auch von vornherein die starke Vermehrung
einer und derselben Form beschränkt. Da aber in dem trockneren
Gebiete immer noch unbesiedeltes Land übrig bleibt, so kann in
demselben auch durch jeden atmosphärischen Niederschlag an den Stellen,
wo sich ein wenig mehr Feuchtigkeit angesammelt hat, wieder neues Terrain
für die Besiedelung beschafft werden. Es ist nun klar, dass ein
Ell g i e r , Entwiclflungsgesch. d. Pflanzenw. II. 4
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