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138 IV. Enhvicklung der Hochgebirgslloren vor, während u. nach der Glacialperiode.
V i e r z e h n t e s Capitel.
Bespreclumg der wichtigsten Wanderungen während der
Glacialperiode.
Alpine Pflanzen, die im altaisclieii Sibirien felilen, aber in Skandinavien, Island, Grönland, Nordamerika
nnd dem arklisclten Sibirien vorkommen. —tGrimde flir das Fehlen dieser alpinen Pflanzen im arktischen
Sibirien. — Wanderung der alpinen Pflanzen des Altai nach dem arktiseben Sibirien uiad Skandinavien. —
Wanderungen der sibirischen Pflanzen [zum Kaukasus, nach den Karpathen, Sudeten und Alpen. —
Gründe für das Fehlen vieler nach Skandinavien gewanderter Pflanzen im Altai. — Wahrscheinlicher
Ursprung von Pflanzen des arktischen Sibiriens in Nordostasien und Nordamerika. — Skandinavien ist
nicht das ausschliessliche Heimathsland der arktisch-alpinen Pflanzen, sondern diese stammen [aus
verschiedenen Gebieten der circumpolarenlLänder. — Ehemalige Entwicklungscentren sind im arktischen
Gebiet nicht mehr zu erkennen, dagegen bilden sich neue Entwicklungscentren aus.
Eine Anzahl alpiner Pflanzen findet sich zwar nicht im altaischen
Sibirien, anch nicht im Iiimalaya, aber in Skandinavien, Island, Grönland;
Nordamerika, im arktischen Sibirien. Für gewöhnlich werden sie mit den
vorher betrachteten zusammengeworfen und auch in Christ ' s schöner
Abhandlung über die Verbreitung der Alpenpflanzen ist dies geschehen;
in derselben Abhandlung ist auch das altaische Sibirien mit dem ganzen
östlichen Sibirien zusammen als ein Gebiet betrachtet; in Folge dessen ist
es nicht möglich, aus seiner Tabelle sich eine richtige Vorstellung über die
Herkunft der Arten zu bilden, welche wir jetzt anführen. In folgender
Uebersicht bedeutet Br. Grossbritannien, Sk.Skandinavien^ I. Island; G.
Grönland, Am. Nordamerika, S. a. arktisches Sibirien, einschliessend das
arktische Sibirien und den grösstenXheil des östlichen Sibiriens bei L ede -
b o u r ; in Folge dieser Gruppirung ist eine schärfere Scheidung möglich,
als dann, w^enn man das östliche Sibirien im Zusammenhang mit dem Altai
betrachtet. Die zweite Rubrik Skandinavien bezieht sich auch noch auf das
arktische europäische Russland.
14. Besprechung der wichtigsten Wanderungen während der Glacialperiode.
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Anemone vernalis L. —
Ranunculus glacialis L. —
•— pymaeus L. — ,
Arabis alpina L. —
— strida Huds.
— ciliata R. Br.
Cardamine alpina W. —
—
Draba aizoides L. ' —
— Johamiis Host.
Dianthus alpinus L. —
Silene acaulis L.
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Viscaria alpina Fenzl — • —
Arenaria ciliata L. —
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Cerastium alpinum L.
Potentina aurea L.
— alpestris Hall. f.
— frigida Vili.
Alchemilla fissa Schumm.
— alpina L.
Epilobium origanifolium Lam.
Sedum annuum L. •
— repens Schl.
Saxifraga Cotyledon L.
— Aizoon Jacq.
— aizoides L. •
—• androsacea L.
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Saxífraga adscendens L.
— bißora All. 1
Bupleurum ranunculoides L. —
Meum Athamanticum Jacq. —
Laserpitium hirsutum Lam. • —
Gnaphalium supinum L.
Antennaria carpathica •
Aronicum Clusii All.
Leontodon pyrenaicum Gouan • 1
Mulgedium alpinum Less. — 11
Hieracium glaciale Lach.
•— Schraderi Schleich.
— alpinum L. —
— prenanthoides Vili.
Campanula barbata L.
Loiseleuria procumbens Desv. • —
Gentiana purpurea L.
— nivalis L. —
Eritrichium nanum Schrad.
Veronica aphylla L.
— fruticulosa L. ;
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Veronica saxatilis L.
— alpina L.
Bartsia alpina L.
Euphrasia salisburgensis
Haenke
Ajuga pyramidalis L.
Gymnadenia albida Rieh.
Nigritella angustifolia Rieh.
Chamaeorchis alpina Rich.
J uncus sty gius L.
— trifidus L.
Scirpus caespitosus L.
Eriophorum alpinum L.
— Scheuchzeri Hoppe
Kobresia caricina Willd.
Carex microsiachya Ehrh.
— bicolor All.
— irrigua Sm.
— vaginata Tausch
Poa cenisia All.
Unser Verzeichniss enthält 66 Pflanzen, die im Altai und im Himalaya
fehlen, aber im nördlichen Europa, und im arktischen Gebiet vorkommen ;
bei sehr vielen, wie Arten von Hieracmm^ Saxifraga^ Potentilla^ Visca-ria,
Ccmpanida ist wegen der verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Arten
niederer Regionen der Ursprung aus dem Mediterrangebiet im weiteren
Sinne sicher, bei andern ist er zweifelhaft und vielleicht eher im arktischen
Gebiet selbst zu suchen, wie z. B. bei Rcmwiculus pygmaeus. Von diesen
66 Pflanzen kommen 53 in Skandinavien und im arktischen Russland vor,
nicht über den Ural hinaus, 46 finden sich in Grönland und Amerika, nur
16 im arktischen Sibirien vom Ural bis zur Behringsstrasse. Allerdings
sind im gebirgigen Skandinavien die Existenzbedingungen für derartige
Pflanzen besonders günstig; aber dieselbenPflanzen, welche an den Küsten
Grönlands fortkommen, können auch auf den Tundren Sibiriens gedeihen.
Wenn also daselbst so viele der Pflanzen fehlen, welche in Grönland vorkommen,
trotzdem die klimatischen Verhältnisse und die wenigen mit concurrirenden
Arten es gestatten, so muss der Grund hierfür anderswo zu
suchen sein. Dazu kommt noch, dass jetzt von den Alpen bis Sibirien ununterbrochen
Land existirt, dass auf dem Wege von Skandinavien bis Grönland
mehrfach das Meer als Hinderniss der Verbreitung von Osten nach
Westen in den Weg tritt. Aber dies Hinderniss ist nur ein scheinbares
und serade das Meer ist es. welches durch seinen von Osten nach Westen
verlaufenden Eisstrom den Transport von Samen und Pflanzenrasen ver-
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