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100 IV. Entwicklung der Hochgebirgsfloren vor, während ii. nach der Glacialperiode.
Hingegen erkennen wir bei vielen andern, wie aus den oben beigefügten
Bemerkungen ersichtlich ist, wohl die Verwandtschaft mit einer in Spanien
oder überhaupt im Mittelmeergebiet verbreiteten Art, finden aber keine
Formen, welche hinsichtlich ihrer Merkmale oder ihrer räumlichen Verbreitung
in der Mitte stehen. Hier wird natürlich ein experimenteller Beweis
für die Zusammengehörigkeit nicht so leicht oder gar nicht geführt werden
können; da wir aber hinreichende Erfahrungen über die Einschränkung
einzelner Formenkreise und ihrer Areale aus den phytopalaeontologischen
Thalsachen gewonnen haben, so werden wir auch hier an der Existenz
genetischer Beziehungen festhalten. Es ist natürlich, dass manche in Spanien
verbreitete Arten, welche an der Sierra Nevada aufstiegen, auch in den
Pyrenäen in höhere Regionen gelangen konnten, dass sich auch dort ähnliche
Varietäten bildeten und befestigten, wie in der Sierra Nevada. Daher
die correspondirenden Formen mancher Typen in beiden Gebirgen. Andere
Arten aber waren wieder im ganzen Mittelmeergebiet verbreitet und bei
ihrem Aufsteigen in den Gebirgen Griechenlands oder Syriens bildeten
einige auch da ähnliche Varietäten, wie in der Sierra Nevada oder andern
Gebirgen Spaniens. Daher auch correspondirende Hochgebirgsarten im
Osten und Westen des Mediterrangebietes, die in dem Gebiet, wo sie
sich vorfinden, entstanden und keineswegs eingewanderte Formen sind,
die sich in Folge der Einwanderung verändert haben. Es scheint mir aber
auch die Möglichkeit zu bestehen, dass in gelrennten Bezirken eines grösseren
Gebietes eine und dieselbe Pflanze, welche aus den niederen Regionen
aufsteigend an ihrer oberen Grenze Varietäten bildet, dieselben Varietäten
oder Varietäten mit kaum wahrnehmbaren Unterschieden erzeugt.
Dann würde also nach dem Verschwinden der Grundform aus den untern
Regionen die Varietät, welche vielleicht auch einmal als Art angesehen
wird, an zwei oder mehreren Orlen entstanden sein. Damit glaube ich das
Vorkommen von Formen, wie Gregoria Vitaliana Buh, an räumlich getrennten
Gebieten erklären zu können. Die Pflanze findet sich stets nur in der
Schneeregion auf der Sierra Nevada, den Pyrenäen, dem Mont Ventoux, in
den westlichen und südlichen Alpen. Sie ist wohl mit And7^osace nahe verw^
andt, aber doch hinlänglich davon verschieden; jedenfalls existirt keine
ihr näher verwandte Pflanze in den untern Regionen des Mediterrangebietes
, dagegen kommen noch folgende Arten in den Hochgebirgen vor:
G. aretioides Duby, G. caespitosa Duby, G. Michaiixii Buhj in Persien und
G. Aucheri Duhy in Kurdistan. Dies deutet also darauf hin, dass der-Gattungstypus
früher im Mittelmeergebiet verbreitet war, dass im Osten und
Westen sich vicariirende Arten entweder aus derselben Grundform oder aus
verwandten Formien derselben Gattung entwickelten, dass aber die in den
untern Regionen ehemals verbreiteten Grundformen, welche wahrscheinlich
schon zur Tertiärzeit vorhanden waren, verschwanden. Es will mir nun
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12. Aipine Flora der Hochgebirge voii den Pyrenäen bis zu den Karpathen etc. 101
nicht einleuchten, warum es unmöglich sein sollte, dass dieselbe Pflanze sowohl
an der Sierra Nevada wie am Mont Ventoux, wie in einem Theile der
Alpen dieselbe hochalpine Varietät bildete, welche an diesen Orten erhalten
blieb, während die Grundform der niederen Region ausstarb. Ich rauss gestehen,
dass ich mich widerwillig zur Zulassung dieser Möglichkeit verstehe,
weil sie leicht missverstanden werden kann und andere Consequenzen daran
angeknüpft w^erden dürften, die wieder zu der Annahme führen könnten,
dass überhaupt derselbe Typus sich an getrennten Orten entwickeln könne.
Das letztere halte ich für unmöglich; ich halte es also für unmöglich, dass
der Gattungstypus Gregoria an verschiedenen Orten des Mittelmeergebietes
entstanden sei, dagegen für möglich, dass eine in den untern Regionen des
Gebietes halb strauchartige Gregoria an der obersten Grenze ihres Verbreitungsgebietes
immer eine zwergige Form entwickelte, welche allein jetzt
noch erhalten ist. Auch Viola parvula Tineo, die auch auf Corsica, Creta und
in Griechenland in der alpinen Region vorkommt, scheint mir in allen diesen
Gebieten aus V. tricolor L. entstanden zu sein. Die andere Erklärung,
welche für die Deutung der eigenthümlichen Verbreitung solcher Pflanzen
noch beigebracht w^erden könnte, müsste Verschleppung der Samen durch
Zugvögel annehmen.
Auffallend gering ist im Verhältniss zu den zahlreichen endemischen
Formen (wozu auch die der Sierra Nevada eigenthümlichen Varietäten zu
rechnen sind), die geringe Menge von Arten, welche auch in den Pyrenäen
und Alpen vorkommen. Nach Ausschluss der in Spanien verbreiteten Arten,
welche auch in die alpine Region der Sierra Nevada hinaufsteigen, gehören
dieser Region an 177 Arten'; hiervon sind 60 , also nahezu 33ö/q auch in
den Pyrenäen zu finden; aber nur 7% davon sind solche Arten, welche
den Pyrenäen und der Sierra Nevada allein gemeinsam sind, die übrigen
26^/o (47 Arten) sind auch in den Alpen und von diesen wieder 3o oder
19% entweder im arktischen Gebiet oder Nordeuropa anzutreffen; d. h. es
sind aus den Pyrenäen und Alpen vorzugsweise die sich leicht verbreitenden
Arten nach der Sierra Nevada gelangt. Es fehlen viele der gewöhnlichsten
Glacialpflanzen, welche noch in den Pyrenäen verbreitet sind, wáe
z. R. Azalea procwnbens^ Dryas octopetala^ Rhodiola rosea^ Leontopodium
aJpinuin^ Saxífraga adscendens^ Hieracium aurantiacum^ H. alpinum^ Arciostaphylos
alpina^ fast alle alpinen Saltees^ u. a.; es fehlen aber auch
merkwürdig viel von den Arten, welche aus den Alpen nach den Pyrenäen
und Karpathen sich verbreiteten ^ von denen wir unbedenklich annehmen
können, dass sie ebenso wie Ltizida spicata^ Carex capillaris^ Gentiana
tenella, Pedicidaris verticillata in der Sierra Nevada die Existenzbedingungen
vorgefunden haben würden; es fehlen die meisten alpinen Hieracien
und Saxifragen, von denen doch niclit wenige Arten auf der Ralkanhalbinsel
sich in südöstlicher Richtung verbreitet haben. Hieraus und aus
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