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228 IV. Ueber die Entwicklung der Floren in Süd- und Centraiamerika.
Bestimmung der Zahl der endemischen Gattungen wird nur derjenige vornehmen
können^ dem es durch eingehenderes Studium gelungen ist, die
Grenzen des Gebietes genau festzustellen. Hier können wir bloss auf
einzelne Beispiele des Endemismus hinweisen. Derselbe ist jedenfalls ap
stärksten in der Familie der Compositen. Nach Bentha m kommen in
Mexiko (das tropische ist hier allerdings mit inbegriffen) 246 Gattungen
dieser Familie vor, und fast die Hälfte derselben ist endemisch; der vierte
Theil aller Gattungen ist monotypisch und die andern endemischen Gattungen
umfassen durchschnittlich nur ungefähr 3 Arten. Nur wenige, auf Mexiko
und die zunächst liegenden Gebiete beschränkte Gattungen sind zu einer
besonders reichen Entwicklung gelangt, so Stevia, von der in dem mexikanischen
Gebiet 60, in den Anden 20 Arten vorkommen, und Brickellia
mit 38 Arten, ferner die gleichfarbigen Asteroideen, die Madieen und
Tagetineen, welche zu den die Hauptmasse der endemischen mexikanischen
Gattungen liefernden Helianthoideae und Helenioideae gehören. Ausser den
Compositen liefern dem mexikanischen Hochland eine grössere Anzahl
endemischer Gattungen die Familien der Onagraceen, Scrophulariaceen,
Labiaten, Cucurbitaceen, Cactaceen. Von den Onagraceen giebt es 6 endemische
Gattungen, darunter 4 monotypische, von Scrophulariaceen 9 mit
4 monotypischen, von Labiaten 3, von Malvaceen 2 monotypische, von
Cucurbitaceen 3 mit 2 monotypischen, von Cactaceen 2 monotypische, von
Lennoaceen 2. Sodann sind noch die Papaveraceen, Cruciferen, Sterculiaceen,
Tamariscaceen, Rhamnaceen, Anacardiaceen, Polygonaceen, Euphorbiaceen
mit je einer endemischen Gattung vertreten.
Zur Erklärung der in Mexiko bestehenden Verbreitungsverhältnisse
können wir jetzt keine anderen Thatsachen heranziehen, als eben diese
selbst. Es ist aus den gemachten Angaben zur Genüge ersichtlich, dass die
Hochgebirgsformen Mexikos sich nicht an die der tropischen oder subtropischen
Region desselben Landes anschliessen, sondern dass vielmehr
dieselben Gattungen meistens erst in höheren Breiten der nördlichen
oder südlichen Hemisphäre in den Ebenen oder im Hügelland auftreten.
Wir haben in Mexiko keineswegs ein solches Verhältniss, wie etwa in den
Mittelmeerländern Griechenland und Spanien, wo die Hochgebirgsflora zum
grossen Theil aus den Abkömmlingen der in den niederen Regionen vorkommenden
Pflanzen gebildet ist. In Californien und auf den Rocky
Mountains allerdings ist auch ein Theil der Hochgebirgspflanzen von denen
der Ebene abzuleiten; in Mexiko ist dies aber nicht der Fall, weil hier
die Pflanzen der unteren Region solche sind, die das ganze Jahr vegetiren.
Sie können sich auf keinen Fall die zu einer längeren Ruheperiode nöthige
Organisation, sowie die zur Abwehr der in dieser Ruheperiode eintretenden
Angriffe nothw^endigen Schutzmittel rasch erwerben. Ganz anders ist es in
solchen Gegenden, wie im Mittelmeergebiet und Californien; da sind die
9. Das mexikanische Hochland.
Pflanzen der Ebene schon zur Ertragung einer längeren, mehr oder
weniger rauhen Periode organisirt, allmälig können ihre Nachkommen die
Fähigkeit erhalten, eine immer längere Ruheperiode zu ertragen und immer
stärkeren Angriffen Trotz zu bieten. Sie werden dies um so ungestörter
thun können, wenn das entstandene Hochland von andern, welche schon
derartige Formen besitzen, getrennt ist. Bevor aber im tropischen Gebiet
die Formen der niederen Regionen zu solchen Umbildungen gelangen, haben
die in höheren Breiten vorhandenen und für die im Hochland geforderte
Ruheperiode ausgerüsteten Pflanzen genügend Zeit, nach dem in niederen
Breiten entstandenen Hochland vorzudringen. Sobald also das mexikanische
Hochland vorhanden war, waren die Gewächse der mit demselben in höheren
Breiten verbundenen Länder gegenüber denjenigen der Golfzone im Vortheil.
In der feuchten gemässigten Region siedelten sich die Baum- und Strauchformen
der atlantischen Südstaaten an, deren Typen ja schon in der Kreideund
Tertiärperiode Nordamerikas existirten; auf dem Hochland aber
drangen die für grössere Trockenheit angepassten, zum Theil aus den im
Osten sich erhaltenden hygrophilen Arten hervorgegangenen Formen vor.
Da das Terrain nur für verhältnissmässig wenige Typen geeignet war, als
trocknes Gebirgsland aber die zur Erhaltung neugebildeter Varietäten
günstigsten Verhältnisse darbot, so gelangten diese wenigen Typen zu verhältnissmässig
reicher Entwicklung; die Pflanzen der temperirten Region
waren meist von Norden eingewandert und nun entwickelten sich hier aus
ihnen gerade so Hochgebirgsformen, wie in den höheren Breiten. Die
Folge davon musste sein, dass ä h n l i c h e Formen entstanden, wie auf den
Rocky Mountains, aber sie konnten nicht denselben vollkommen gleich
werden. Einzelne der Hochlandsformen mögen auch von den südamerikanischen
Anden hergekommen sein, so vielleicht die Gattung Macleania, da
zahlreiche andere Gattungen der Vacciniaceae-Thibaudieae und andere Arten
von Macleania daselbst existiren. Ob d i e Arten, welche das mexikanische
Hochland mit den südamerikanischen Anden gemein hat, wie z. B. die
Acaenen und Alchemillen, Oxalis etc., zuerst in Mexiko oder Südamerika
entstanden sind, ist schwier zu entscheiden; denn wenn auch einige dieser
Gattungen auf den südamerikanischen Anden viel formenreicher auftreten,
so ist dies noch kein Grund dafür, auch dort ihre Heimath anzunehmen,
da die viel reichere Gliederung der südamerikanischen Anden einen grösseren
Formenreichthum bei den Hochgebirgsgattungen zur Folge haben
musste.
Da^in Californien die Vegetation nicht in demselben Grade, wie in dem
atlantischen Nordamerika durch das Glacialphänomen geschädigt wurde,
vielmehr eine grosse Anzahl älterer Typen sich daselbst nicht bloss in dem
Küstenlande, sondern auch auf den Gebirgen (die Sequoien auf der Sierra
Nevada) erhielten, so konnte natürlich auch in Mexiko eine ausgedehnte
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