
2S 11. Eiilwicklunü; der Flora des östlichen und centralen Asiens etc.
Pilanzen weiss man, dass sie auch im östlichen und westlichen Sibirienj
sowie im östlichen Europa vorkommen.
Bei solchen über so grosse Strecken verbreiteten Pilanzen kann man
natürlich bezüglich des primärenVaterlandes sehr verschiedene Vermuthungen
aufstellen, doch ist zu beachten, dass viele dieser weit verbreiteten
Pilanzen in Europa ganz isolirt dastehen, dagegen im östlichen Asien, namentlich
in Japan luid andererseits im nördlichen Amerika zahlreiche Verwandte
haben. So steht die einzige Art von Oxalis^ welche in Europa eine
der verbreitetsten Waldpilanzen der Ebene und des Hochgebirges ist, Ox.
Acetosella^ ohne alle Verwandte in Europa und auch im westlichen Asien
da ; in Nordamerika kommen aber neben dieser einige verwandte Arten vor.
Die europäischen P/ro/a-Arten finden sich alle in Nordamerika mit Ausnahme
der möglicherweise als Bastard anzusprechenden P. ausser
den europäischen Arten finden wir aber in Nordamerika und Japan noch
andere, wir finden ebenso in Nordamerika Moneses uniflora und neben der
europäischen Chimophila umbellata noch 2 andere Arten; liegt es da nicht
nahe, die lleimath der ganzen Gruppe in dem japanisch-nordamerikanischen
Gebiet zu suchen? Monotropa HypopitysL, in Europa und im grössten
Theil des temperirten Asiens verbreitet, ist daselbst vereinsamt; in Nordamerika
kommt aber neben ihr nicht blos eine Art, die auch in Japan und
auf dem Himalaya angetroffen wird, sondern noch eine dritte Art vor, ausserdem
aber noch 6 monotypische Gattungen dieser jedenfalls sehr allen Familie.
Mit diesen 7 Gattungen ist aber die fast ausschliesslich aus Monotypen
bestehende Familie beinahe erschöpft und es bleibt nur noch eine
Gattung [Cheilotheca] übrig, welche allerdings jetzt nirgend anders als in
Khasia gefunden wird, die aber ebenso früher in Nordamerika existirt
haben kann, wie jetzt Monotropa uniflora. Es würde also auch nicht schwer
halten, die lleimath der Monotropeae nach Nordamerika zu verlegen. Acorus
Calamus wird von manchen Botanikern nicht für eine in Europa ursprünglich
einheimische Pflanze gehalten, da sie hier nur selten Früchte
reift; die Pflanze ist im grössten Theil von Europa verbreitet, ebenso in Ostasien,
wo sie bis ins tropische Gebiet reicht, ebenso in Nordamerika; auf
Japan findet sich neben ihr noch eine andere, anderwärts nicht vorkommende
Art. Auch ist eine miocene Art, Acorus brachijstachys Heer, von
Spitzbergen beschrieben worden. Die nächsten, immerhin aber ziemlich
fernstehenden Verw^andten dieser Gattung sind Calla, Symplocarpus, Orontiimy
Lysichituni, alle 4 monotypisch und mit Ausnahme der auch in Europa
verbreiteten Gattung Calla in ihrem Vorkommen auf Nordamerika, Japan
und das Amurland beschränkt. Gewiss werden die meisten Botaniker,
welche auf verwandtschaftliche Beziehungen bei der Heimathsbestimmu.ng
der Pflanzen Werth legen, geneigt sein, Ostasien und Nordamerika als
Heimathland dieser Gruppe anzusehen. Die Zahl der in Japan beobachte-
6. Austausch der Florenelemente zwischen Asien und Nordamerika. 29
len Arten beträgt nach der nun wohl ziemlich vollständigen Enumeralio
v o n F r a n c h e t und S ava t i e r i ) 2743Arten; hiervonfinden sich nach meiner
Schätzung 396, also etwas über i3o/o, im westlichen Europa. Zu diesen
gehören folgende Gattungen und Arten, die nicht in Europa; sondern im
östlichen Asien und in Nordamerika ihre näheren Verwandten besitzen , so
Atragene, Caltha, Actaea, Cimicifuga, Rubus Idaeus, Chrysosplenium, Cornus,
Vtburnum Opulus , Andromeda, Phyllodoce, Ledurn, Diapensia, Trientalis,
Swertia perennis, Limnanthemuni nymphaeoides, Polemonüm coeruleum,
Mertensia maritima, Physalis Alkekengi, Linder nia pyxidaria, Pedicularis
Sceptrum Carolinum, Verbena officmalis, Najas, Sagittaria, Piatanthera
chlorantha und P. bifolia. Listera cor data, Spiranthes, Goodyera, Streptopus,
Smilaäna bifolia, Convallaria, Polygonatum, Paris, Erythronium, Veratrum,
Toßeldia. Namentlich die Liliaceen-Gattungen, welche man früher als
Smilacineen und Melanthaceen zu bezeichnen gewohnt war, haben mit
Ausnahme von Colchicum, das überhaupt den genannten Melanthaceen Europas
ziemlich fern steht, eine g r o s s e A n z a h l verwandter Formen in Ostasien
und Nordamerika. Wenn nun auch die grösste Wahrscheinlichkeit
dafür besteht, dass die Heimath dieser Gattungen weit im Osten von Europa
liegt, so ist vor einer genaueren Kenntniss der pliocenen Ablagerungen
Ostasiens etwas Sicheres noch nicht festzustellen. Es konnten früher
die jetzt in Nordamerika oder Ostasien vorkommenden Gattungen auch in
Europa eine grössere Zahl von Arten besessen haben, diese aber allmälig
bis auf die wenigen, klimatische Veränderungen leicht ertragenden Formen
verschwunden sein. Ob diese Annahme berechtigt ist und viel Wahrscheinliches
für sich hat, werden wir später sehen.
Unter den Pflanzen unseres mehrfach besprochenen Verzeichnisses
verdienen besondere Beachtung Monotropa uniflora und Phryma Leptostachya.
Beide finden sich im östlichen Nordamerika , in Japan und auf dem
Himalaya; die letztere ist auch am untern Amur von Maximowicz^) und
westlich von Pekin beobachtet worden. Dies sind zwei Beispiele von
Arten mit ausserordentlich lückenhafter Verbreitung, die aber, im Zusammenhang
mit den folgenden Untersuchungen betrachtet, nicht so viel Auffälliges
hat, als auf den ersten Blick scheinen könnte. Nach meiner Ansicht
sind eben diese Pflanzen Reste jener gleichartigen, früher von Nordamerika
bis Europa und von Sibirien bis zum Himalaya verbreiteten Tertiärflora,
über welche wir nicht blos durch Funde fossiler Pflanzen , sondern ebenso
durch die Untersuchung der Verbreitung der gegenwärtig noch lebenden
Pflanzen Aufschluss erhalten. Freilich darf man sich nicht die Resultate
1) Franchet et Savatier, Enumeratio plantarum in Japonia sponte erescentium.
2) Ma x imowi c z , PrimUiae Flora Amurensis p. âi2.
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