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196 V. EaUvicklung der Pnaiizenwcll in den ausserhalb der Hochgebirge etc.
betrachteten Floreiige])ieten hervorgerufen werden. Während in Nordamerika
der die Wälder durchstreifende Indianer nnr wenig Störungen
in den ursprünglichen Vegetaiionsformationen verursachte und erst die
Ausbreitung des Culturnienschen ähnliche Verwüstungen wie in Europa
einleitete, haben die Bewohner Ost- und Centraiasiens wähi'end ihrer nach
Jahrtausenden zählenden Existenz in hohem Grade umgestaltend auf die
ursprüngliche Vegetation gewirkt. Es liegt nicht in meiner Absicht, diese
Verhältnisse^ welche eine sehr ausgedehnte Behandlung zulassen, eingehend
zu besprechen und will ich nur die Hauptpunkte berühren. Im grössten
Theil Chinas sind da, wo nicht bergiges Terrain der Cultur hindernd entgegen
trat, durch dieselbe die ursprünglichen Wälder verdrängt, so namentlich
im Osten, dagegen hat sich die ursprüngliche Vegetation in der sehr
fruchtbaren westlichen Provinz Si-Tschwan, deren Thäler nur bebaut
werden, wohl erhalten. Auch wurden in dem chinesisch-japanischen Gebiet
die Zerstörungen des Menschen durch den wohlthä Ligen Einfluss der
Monsumregen theilweise aufgewogen; an den nordwestlichen Grenzen des
Gebietes aber konnten sich wohl noch die Wälder erhalten, welche in einer
Periode sich entwickelt hatten, in der das llan-hai noch mit Wasser erfüllt
war; wo aber diese Wälder von den Chinesen zerstört werden, entwickelten
sich nicht mehr neue Waldungen, sondern an ihre Stelle rückte die Steppe
ein. Im centralasiatischen Gebiet wird die in Folge des trockenen Klimas
eingetretene Steppenbildung noch erheblich durch die Thätigkeit des Menschen
verstärkt. Die nicht unerheblichen W^assermengen, welche aus der
Schneeregion des Tien-schan, des Kwen-lun, des Pamir, des Karakoruni
herabkommen, werden von den Einwohnern in feste Bahnen geleitet, und
so entsteht denn in Folge eines vortrefflichen Bewässerungssystems neben
schmalen Streifen üppigen Culturlandes eine um so trockenere Steppe. Die
Folge ist, dass die früher von den Bergströmen gespeisten Seen nun immer
mehr der völligen Verdunstung entgegengehen; die künstlich geschaffenen
Oasen fallen aber schliesslich auch dem Schicksal anheim, vom Wüstensand
bedeckt zu werden ^j. Während also früher die Wald- und Wiesenfbrmation
Gelegenheit hatte^ an Boden zu gewinnen, werden jetzt alle Versuche
von Samen, ausserhalb der alten Grenzen des Waldes aufzugehen,
vergeblich sein und die Steppenpflanzen nebst ihren Nachkommen bleiben
innner mehr unumschränkte Herrscher. In den alten Culturländern Asiens
und Südeuropas hat das Bewässerungssystem in Verbindung mit der Abholzung
der Wälder jedenfalls viel dazu beigetragen, den Gegensatz dieser
Länder zu den später cultivirten und weniger entwaldeten nördlichen Gebieten
zu schärfen. Armenien, Mesopotamien, Griechenland, Spanien,
Italien waren früher dichter bewaldet; die Abholzung der Wälder hatte
1) Vergl. V. Richthofen, China p. 125.
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i8. Aenderungen der ursprünglichen Flora durch Ausbreitung d-es Menschen. 197
aber nicht blos das Verschwinden der Waldbäume, sondern auch der
Waldflora zu Folge und viele in den Wäldern Mitteleuropas verbreitete
Pflanzen, welche früher auch jenseits der Alpen vortrefflich gediehen, sind
daselbst sehr selten geworden; in ^einzelnen Gebieten aber, welche mehr
von der Cultur verschont w^urden, wie in Corsica und Calabrien, hat sich
trotz der südlichen Lage eine reiche Waldflora erhalten. Den Einfluss der
Abholzung der Wälder, sowie der Trockenlegung der Sümpfe auf das Klima
ganzer grosser Gebiete hat Ke rne r ^) eingehend geschildert und schliesslich
in folgenden Worten zusammengefasst: »Die Trockenlegung weiter
Sumpfstrecken wird demnach nicht nur eine Vergrösserung der Temperatur-
Extreme , sondern auch eine Abnahme der Regenmenge herbeiführen, sie
wird mit der Hitze auch die Dürre des Hochsommers steigern und dadurch
höchst nachthedig auf die Vegetation zurückwirken«. Das heisst, nur gewisse
Pflanzen von kurzer Vegetationsdauer werden weiter gedeihen und
viele Pflanzen, die früher bei einer niederen Sommerwärme noch fortkamen,
müssen in Folge des Eintretens einzelner Frostnächte weichen. Damit steht
in Zusammenhang das Zurückgehen der Baumgrenzen in den Alpen, den
Karpathen und dem mährischen Gesenke, wo mächtige Baumleichen in der
alpinen Region Zeugniss ablegen von der ehemaligen grösseren verticalen
Verbreitung der Wälder. Es ist sehr wahrscheinlich, dass mit dieser
Aenderung des Klimas auch vielfach der W^echsel der Baumvegetation,
namentlich das Zurücktreten der Laubhölzer hinter der Kiefer zusammenhängt;
in Skandinavien freilich, namentlich in Norwegen dürfte der Einfluss
des Seeklimas noch immer stark genug gewesen sein, um die durch Abholzung
entstehenden Nachtheile auszugleichen; in Schweden aber mag
doch die durch den Menschen vollzogene Vernichtung der Buchenwälder
mit dazu beigetragen haben, dass von der alten Buchenwaldflora sich nur
noch wenige Pflanzen hielten, die Kiefern aber und ihre Genossen sich jetzt
reichlicher entwickelten. Ohne den Eingriff des Menschen in die bereits
befestigte Vegetationsformation würde dieselbe wahrscheinlich noch länger
dem Einfluss des Continentalklimas widerstanden haben.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss des Menschen auf die Umgestaltung
der ursprünglichen Wiesenflora und Moorflora. Indem das Wasser
durch Wasserleitungen von den Stellen, wo es Jahrtausende lang stetig
vorhanden gewesen war, nach andern Plätzen geleitet wird, die vorher nur
durch den Regen befeuchtet wurden, werden die ursprünglichen Bedingungen
an zwei Stellen des Gebietes zugleich vernichtet. Einerseits
müssen in den entwässerten Mooren viele Pflanzen wegen ungenügender
Feuchtigkeit und andererseits auf den nun bewässerten Landstrichen viele
Pflanzen wegen zu üppiger Entwicklung einzelner Arten zu Grunde gehen;
1) A. Ke rne r , Pflanzenieben der Donauländer, Capitel n. 76— -90.
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