
r '
•J'-
1
'î? il:-'
:
iE':;,
iilil:;
#1
iîl
iJ
J 4 2 IV. Entwicklung der Hochgebirgsfloren vor, während u. nach der Glacialperiode.
V
Altaij Alalau, des Kaukasus und des vor nicht zu langer Zeit frei gewordenen
Landes einen nachtlieiligen Einfluss ausüben und eine Depression der
Regionen verursachen. Die Vegetationsdauer wurde in dem ganzen Gebiete
zwischen Altai und Karpathen verkürzt; der Sommer war aber nicht
so heiss und trocken, wie jetzt in der Steppe, der grössere Feuchtigkeitsgehalt
der Luft gestattete den alpinen und subalpinen Pflanzen des Altai zu
existiren. Wie wir jetzt in Labrador bei 58° arktisch-alpine Flora und
südwestlich bei 55° schon Prairienflora haben, so konnte auch damals
zwischen 50 und 45° alpine Flora ausgebreitet sein, südlich von 40° aber
schon die Entwicklung der Steppenflora beginnen. Es ist wohl ziemlich
sicher, dass in derselben Periode die Eisbedeckung Nordeuropas einen Einfluss
auf die grössere Ausdehnung der Gletscher in den Alpen ausübte und
Mittel- und Süddeutschland auch von Pflanzen besiedelt wurde, welche
aus Skandinavien kamen; es ist anzunehmen, dass ein Theil der ehemaligen
arktischen Flora im Beginn der Glacialzeit auch nach Skandinavien
gelangte; es mögen vielleicht manche der endemischen Formen Skandinaviens
und Spitzbergens, welche die Glacialperiode auch selbst in Skandinavien
durchmachen konnten, schon in jener Zeit entstanden sein. Zu den
während der Glacialperiode aas Skandinavien oder aus dem arktischen
Russland, aber nicht vom Altai in Deutschland eingewanderten Pflanzen
gehören jedenfalls die Glacialpflanzen, welche die Sudeten vor den Alpen
und Karpathen voraus haben , wie Pedicularis siidetica Willd., Rabies Cha-
7naemorus L., Saxifraga nivalis L. Auch ist sicher, dass die Hauptmasse
der sibirischen Formen südlich vom Ural wanderte; das ersehen w^ir aus den
zahlreichen Glacialpflanzen des Kaukasus und der geringen Menge derselben
im Ural, der damals im nöi'dlichen und mittlem Theil ebensowenig
wie Skandinavien Pflanzen ernähren konnte. Als nun später im nördlichen
Gelände des Mediterrangebirges die Gletscher zurückwichen, stiegen die
Abkömmlinge der asiatischen Einwanderer an den Gebirgen in die Höhe
und theilten sich mit älteren Bewohnern dei'selben^ die jene Zeit überstanden
hatten, je nach Bedürfniss in das frei werdende Terrain. Auf der
Südseite aber hatten sich an mehreren geschützten Stellen noch viel mehr
der ursprünglichen Gebirgspflanzen einhalten; sie waren nur zum Theil
recht selten geworden. Es beruht darauf wohl der grössere Reichthum
einzelnerTheile der südlichenAlpen an seltenen Pflanzen. A. de Candolle^)
hat zuerst diese Erscheinung mit der Glacialzeit in Verbindung gebracht,
indem er annahm, dass diese Gebiete zuerst von der Vergletscherung frei
w^urden und zuerst von den aus Süden kommenden Pflanzen besiedelt werden
konnten. Es scheint mir jedoch wahrscheinlicher, dass diese Pflanzen
1) A. de C a n d oil e. Sur les causes de l'inégale distribution des plantes rares dans
la chaîne des Alpes (Actes du congrès botanique international de Florence 1 875).
I
14. Besprechung der wichtigsten Wanderungen während der Glacialperiode. 143
an ihren heutigen Wohnsitzen selbst die Glacialperiode überdauert haben,
weil sie eben auf diese beschränkt sind. Wenn auch einzelne Gletscher
bis nach Oberitalien reichten, so konnten doch einige Meilen von ihnen
entfernt an sonnigen Plätzen sich Formen erhalten, die mehr Wärme bedurften.
Sehen wir doch heut noch in Norwegen unweit der Gletscher,
welche nur 270 Meter über dem Meer endigen^ eine Küstenflora, bestehend
aus Pflanzen, die selbst in Mitteldeutschland nicht gut gedeihen.
Wie kommt es nun , dass unter den eben besprochenen Verhältnissen
die vielen aus dem Gebiet der Alpen nach Skandinavien und Grönland
gelangten Pflanzen nicht östlich nach dem Altai wanderten? Die Ursache
ist wohl die, dass diese Arten sich erst entwickelten, als schon die sibirischen
in Europa angelangt waren, dass aber in Folge des weiteren Zurückgehens
des sibirischen Meeres das südlich und südwestlich davon gelegene
Land immer mehr Steppencharacter annahm und nun der Weg nach Osten
verschlossen war. Einige Spuren von alpinen Pflanzen, deren Heimath in
den Alpen sein muss, finden sich auch im Altai, aber sehr wenige; so ist
sicher Saxífraga oppositifolia L. alpinen Ursprungs; sie findet sich aber
doch im Altai und imliimalaya; es ist daher der Schluss zu ziehen, dass sie
schon existirtC; als die Verbindung der Floren des Altai und des Himalaya
erfolgte, wofür auch die ziemlich isolirte Stellung der Gruppe" spricht,
welcher diese Art zugehört. Dagegen waren die meisten andern alpinen
Saxifragen, z. B. die später so weit gewanderten S. aizoides^ S, Aizoon^
S. androsacea entweder noch nicht vorhanden oder noch nicht weit genug
nach Osten vorgedrungen. Diese Pflanzen konnten einerseits während
der Glacialperiode nach Britannien gelangen , andrerseits nördlich
von den Karpathen am Ende der Glacialperiode dem zurückweichenden
Meere folgend sich in Finnland und Lappland ansiedeln und von da durch
Eisströme nach Island, Gx^önland und Labi^ador geführt werden.
Auch die wenigen nicht altaischen Pflanzen, welche im arktischen Sibirien
und in den Alpen vorkommen, sind wahrscheinlich nicht alpinen Ursprungs
^ sondern sie sind viel wahrscheinlicher im nordöstlichen Asien
oder dem arktischen Amerika entstanden und von da nach Skandinavien,
alsdann nach den Alpen gelangt. Dies scheint mir wahrscheinlich bei
Loiseleuria prbcimbens ^ Antennaria carpathica, Bartsia alpina^ deren"
nächste Verwandte im nordöstlichen Asien und dem arktischen Amerika
existiren. Bei den meisten andern im arktischen Sibirien vorkommenden
Alpenpflanzen ist auch mehr Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden, dass sie
von Skandinavien über Grönland und Nordamerika nach dem nordöstlichen
Sibirien wanderten, als direct von Skandinavien nach Sibirien. Wenigstens
sind in westlicher Richtung diese Pflanzen fast auf allen Zwischenstationen
zwischen Skandinavien und Ostsibirien anzutreffen.
It ti
k>1
mí
tt^h
131?
IM' tlHJM* ' "
n
f:
4
iV