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1 4 5 IV. EnUvicklung der llochgebirgstlorcu \or , während u. nach der Glacialperiocle.
derer Berücksichliguiig der Varietäten und Mittelformen sowie der Standortsverhältnisse
anstellte. Er unterscheidet Arten auf Nowaja Semlja,
davon sind nach seiner Ansicht wohl nur S. polaris, möglichei'weise auch
.S. reticulata, S, arctica und S. Myrsinites dort eingewandert, die übrigen
sind in demselben Verhältniss, wäe die früher über das nördliche Nowaja
Semlja ausge])reitete Eisdecke verschwunden ist, direct oder indirect aus
den genannten Arten entstanden. Es sind dies S. rotundifolia Trautv., S.
Brownei Lundstr., S. glaicca var. siibarctica Lundstr. (?), S. reptans Rupr.,
<S. ovalifolia TrauLv., .S. taimyrensis Trautv., S. lanata L. (?). Die Formen
werden zahlreicher und die Ungleichheiten grösser, je weiter nach Süden
zu man konmit. Diese Verschiedenheiten werden zuletzt zu Artcharacteren
und l)ei den Hauptarten am meisten ausgeprägt wiedergefunden, welche
nun ihr eigentliches Ileimathland auf dem noch südlicheren Festlande —
in Skandinavien, Russland und Sibirien — haben. Derselbe Autor sagt,
dass die Weidenvegetation von Nowaja Semlja ihrer aligemeinen Natur
nach am meisten mit der im Taimyrland übereinstimmt, auch wurde ein
grosser Theil w^eiter östlich bei Kamtschatka und ünalaschka wiedergefunden
, dagegen w^eiche die Weidenvegetation des nördlichen Amerika
und Grönlands mehr von derjenigen^ auf Nowaja Semlja ab , da sowohl S.
arctica Pali, als .S. reticulata L. daselbst nicht so häuüg sind und die Varietäten
der ersteren sich auf Grönland andern Typen nähern. Bezüglich des
Verhältnisses der Formen zu einander erklärt der Verf. : »Zu bestimmen,
w^as Art , was Abart sei, muss grösstentheils auf Willkür und individueller
Anschauung beruhen; bestimmte Grenzen für die Arten können hier nicht
gezogen werden, es handelt sich nur darum, bei der Gruppirung diejenigen
Formen zu einer Art zusammenzufassen, welche durch in die Augen
fallende Charaktere ein bestimmtes von andern abweichendes Bild offenl)
aren. Auch handelt es sich darum; dass die mit einem besondern Artnamen
])ezeichnete Form in einer erwähnenswerthen Menge an Sträuchern
oder an mehreren getrennten Orten auftritt, cc Der Ansicht Lunds t röm' s
entgegen möchte ich übrigens auf die Hybridisation die Bildung einzelner
neuer fortpilanzungsfähiger Formen zurückführen, da gerade bei den
Weiden durch W i c h u r a und Wimme r experimentell die Bildung von
Hybriden nachgewiesen wurde, welche, in der Natur von selbst entstanden,
schon eine sehr grosse Verbreitung erlangt haben.
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15. Hochgebirgsfloren Nordamerikas. 14 7
F ü n f z e h n t e s Capi tel.
Hochgebirgsfloren Nordamerikas.
Verbreitung clor arktisch-alpinen Pflanzen nacli Nordamerika, mit besonderer Berücksichtigung derjenigen,
welche nur nach dem atlantischen G-ebiet gelangt sind; Glacialflora der weissen Berge. — Fehlen der
Glacialpilanzen in den Alleghanies. — Verbreitung alpiner Pflanzen im westlichen Nordamerika; Flora
der liocky Mountains. — Hochgebirgsflora der Sierra Nevada.
Es wurde o])en schon hervorgehoben, dass derselbe Eisstroni, vs^elcher
jetzt die Küsten Grönlands berührt^ in der Glacialperiode diejenigen Labradors
und Neu-Eng[ands berühren musste und demzufolge die Verbreitung
von Glacialpflanzen in dieser Richtung ermöglichte, dass andrerseits aus
dem nordöstlichen Asien noch fortdauernd eine Einwanderung von Glacialpflanzen
stattfinden könne. Die Spuren der Eiszeit sind in Nordamerika
reichlich vorhanden. Den Angaben Ratzel's^) entnehme ich Folgendes :
»Ueber das Land zwischen dem Westrand der grossen Seen und dem Felsengebirge
sind vorwiegend eiszeitliche Gebilde ausgebreitet. Zu einer Zeit,
die wahrscheinlich mit der europäischen Eiszeit zusammenfällt, hatte die
nördliche Hälfte von Nordamerika ein arktisches Klima, verbunden mit bedeutenden
Niederschlagen, die zu grossen Gletscherbildungen Veranlassung
gaben. Gletscher bedeckten ganz Neu-England, sowie die Gegend östlich
vom Mississippi und nördlich von Ohio. Wahrscheinlich war der Continent
zu dieser Zeit einige hundert Fuss höher, als jetzt. Hiei^auf folgte eine
Periode, während welcher das Land bis mindestens 500 Fuss unter seiner
heutigen Höhe stand. F^in grosses Süsswassermeer bedeckte nicht nur die
Region der grossen Seen, sondern auch noch ein grosses Gebiet ausserhalb
derselben.« Inwieweit diese Verhältnisse sicher gestellt sind, kann ich
nicht beurtheilen, doch hat sich schwerlich die Eisbedeckung weit über die
grossen Seen hinaus nach Süden erstreckt und auch die von den Rocky
Mountains kommenden Gletscher werden schwerlich das ganze Land zwischen
diesem Gebirge und den östlichen Seen bedeckt haben. Es spricht
dagegen der Umstand, dass auf den Alleghanies jede Spur von Glacialflora
fehlt, dass aber doch daselbst einige Pflanzen vorkommen, welche unter
ähnlichen Verhältnissen gedeihen können, wie die Glacialpflanzen. Ferner
spricht gegen eine allzu ausgedehnte Eisbedeckung in Nordamerika der Umstand,
dass der Unterschied zwischen dem Osten und Westen Amerikas
sich schon vor der Glacialperiode ausgebildet haben muss, wie sich aus der
Retrachtung der Pflanzen ergab, die mit denen der Tertiärperiode nahe
verwandt sind. Dass diese Formen während der Glacialzeit mehrere Grade
-l) F. Ratzel : Die Vereinigten Staaten von Nordamerika p. u. 124.