
, H
• i r - -
í i;"
y,
Î, i
1 3 2 IV. Entwicklung der Hocbgebirgslloren vor, während u. nach der Glacialperiode.
Alpen auch die Sudelen und die skandinavischen Gebirge ihre endemischen
Arten besitzen, die sogar in diesen Gebirgssystemen ziemlich verbreitet
sind. Ilieracium alimmm h. existirte wahrscheinlich schon während der
Glacialperiode und konnte daher von den Alpen nach den Sudeten, dem
Harz, Skandinavien, dem Karischen Golf, Grönland und andern Theilen
des arktischen Golfes gelangen. Für mehrere subalpine Arten bestand
auch noch langer die Möglichkeit nach Norden zu wandern, wie z. B. für
Ii. prenanthoides Vill. und II. juranum Fries, für die auf dem verlassenen
Gletscherboden der Alpen sich entwickelnden Arten aber hörte die Möglichkeit
einer Wanderung nach Norden immer mehr auf, je mehr durch die
Abschmelzung der Gletscher freigewordenes Terrain die Entwicklung neuer
Varietäten begünstigte. Was von einem grossen Theil der alpinen Hieracien
gilt, gilt' auch von den Saxifragen der Pyrenäen, von andern Saxifragen
der Alpen, von der Gattung Sempervivum, mehreren Arten von
Po^entilla, den alpinen Valeriana, Primula, Phyteuma, Campaniila, Pedicularis
(z. Th.), Gentiana (z. Th.).
Aus den Angaben über die Verbreitung der Pflanzen des Altai und der
alpinen Region des Himalaya konnten wir uns schon einigermassen eine
Vorstellung von den Wanderungen machen, welche im westlichen Theil Centraiasiens
stattgefunden haben. Wiewohl im Himalaya und im Altai dieselben
Gattungen vertreten sind, so ist doch die Zahl der Arten, welche beiden
Gebirgssystemen gemeinsam sind, geringer, als die Zahl der Arten, welche
in dem Mediterrangebirge und dem Altai zugleich vorkommen. Die südlich
vom Altai gelegenen Gebirgssysteme, welche die Verbindung zum Himalaya
bilden, haben so wie die Gebirge der Mittelmeerhalbinseln ihre endemische
Gebirgsflora aus den Elementen der in ihren untern Regionen verbreiteten
Steppenflora entwickeln können. Auf dem Pamirplateau und im Tien-schan
haben wahrscheinlich früher die Gletscher eine grössere Ausdehnung gehabt
als jetzt, ebenso wahrscheinlich im nordwestlichen Himalaya; aber für eine
so ausgedehnte Vergletscherung wie in den Alpen sind mir bis jetzt keine
Anzeichen bekannt geworden; dann war aber auch weniger offener Boden
für fremde Eindringlinge vorhanden, als im alpinen Gelände. Die wesentlichen
Veränderungen in der Flora von Persien, Afghanistan, Turan traten
ein, als nach der miocenen Zeit das Klima trockner wurde, das Wasser aus
diesem Gebiet immer mehr zu verschwinden begann und an Stelle der üppig
erünenden Vegetation des Tertiärlandes, von der sich hier nur noch wenig,
^m östlichen Asien mehr Reste erhalten haben, die Vegetation der trocknen
Steppe immer mehr Umfang gewann. Steppenthiere gelangten auch in
höhere Regionen, durchstreiften das ganze Gebiet und konnten so leicht
Samen vom Altai nach dem Himalaya, umgekehrt von diesem Gebirge durch
Westtibet, Afghanistan, Turan nach der Songarei und dem Alatau gelangen;
aber es war hier für die Samen nicht so leicht, sich zu Nachkommenschaft
;
4 3. Hochgebirgsfloren Centraiasiens und Sibiriens. 133
erzeugenden Pflanzen zu entwickeln^ da das Terrain grossentheils schon von
mehr oder weniger nahe verwandten Formen besetzt war, während nördlich
vom Kaukasus, den Karpathen und den Alpen die an längere Sommer
gewöhnten Pflanzen durch ihren Rückzug nach Süden oder durch gänzliches
Verschwinden den von Osten kommenden Arten den Platz räumten.
Es handelt sich nun noch darum, zu untersuchen, ob von den sibirischen
Gebirgen und dem Himalaya auch die Gebirge Chinas besiedelt
wurden und in welchem Verhältniss dort die endemische Gebirgsflora zu
der eingewanderten steht. Wir sind noch M^eit entfernt, auch nur annähernd
eine solche Vorstellung von der chinesischen Gebirgsflora zu ha])en, wie von
der der sibirischen Gebirge und des Himalaya; aber diese grosse und sehr
fühlbare Lücke beginnt jetzt einigermassen ausgefüllt zu werden, nachdem
die im nördlichen China von verschiedenen Reisenden gesammelten Pflanzen,
namentlich aber auch die, welche der kühne Reisende P rze w a l s k i in der
Provinz Gan-su sammelte, nach Petersburg gelangt sind, um daselbst von
dem besten Kenner der ostasiatischen Flora, Ma x imowi c z , sofort bearbeitet
zu werden. Andrerseits dürften von der grössten Bedeutung die Sammlungen
sein, welche von dem Abbé D a v i d in der Provinz Setschuan und
Mupin, namentlich an den Abhängen des SOOO^m hohen Hong-schan-tin gemacht
wurden und nun in Paris der Bearbeitung harren, welche hofl'entlich
nicht zu lange ausbleiben wird. Die Angaben David's, dass die Baumgrenze
zwischen 3000 und 3500 m schwanke, dass die Hauptbäume 2 Cedrus
knen^ 16 lihododendra^ 3 Magnolia^ Launis/Queráis und Chamaerops
excelsa seien , deuten darauf hin, dass die Flora eine ähnliche ist, wie an
den Südabhängen des Himalaya in Sikkim. Das Vorhandensein von Chamaerops
excelsa^ sowie das Vorherrschen der Ericaceae^ deren David
jedenfalls wohl einschliesslich der Rhodoraceae) mehr als 50 gezählt haben
soll, deuten darauf hin, dass hier die Flora schon mehr den japanischen
Charakter annimmt, der^ wie früher auseinandergesetzt wurde, sich dem
Charakter der Tertiärflora noch in hohem Grade nähert. So wenig nun auch
bis jetzt über das Hochland und die Gebirgszüge bekannt ist, welche sich
vom Kuku-nor bis Pekin erstrecken, so ist dies Wenige doch schon ausreichend,
um zu zeigen; dass dieselben Florenelemente, welche vom Amurland
bis zum Baikalsee und auch noch bis zum Altai herrschen, hier auch
auftreten; da sich dieselben Typen, wenn auch nicht dieselben Arten in
der temperirten Region des Himalaya wiederfinden, so ergiebt sich nut
ziemlicher Sicherheit, dass einst um das ganze grosse Becken des Han-hai
herum diese Flora geherrscht hat. So lange das Becken mit Wasser gefüllt
war, wird diese Flora ringsum im Zusammenhang gestanden haben; als
aber die Austrocknung erfolgte, musste die Steppenflora sich hier und da
J) G. H a r i l a u b in P e l c rma n n ' s MiUheihingen 1 876 p. 29 D'.