
14 1. Entwickluim der Flora Nordamerikas etc. 4. Beziehungen der Fl ora Nordamerikas zu der des nordösU. Asiens u. Europas. 15
Grönland. Island, den Faröern und Grossbritannien ^ weil zwischen Grönland
und Island, ebenso zwischen Island und den Faröern das Meer die bedeutende
Tiefe von mehr als 3000 Fuss besitzt. Die Verbreitung der jetzt
lebenden Pflanzenformen Nordamerikas und Asiens lässt sich, wie spater
gezeigt werden wird, durch die Wanderungen vom nordöstlichen Asien
nach dem nordwestlichen Amerika erklären und diejenigen Verbreitungserscheinungen,
welche auf Wanderungen über diese Zugstrasse nicht gut
zurückgeführt werden können , sind sehr gering. Asa Gray^) findet nur
24 Pflanzen, welche in Europa und Nordamerika vorkommen, in Ostasien
aber fehlen und zugleich nicht arktisch sind. Wir werden sehen, dass
diese 24 Pflanzen sich noch reduciren und bei andern die Annahme einer
Verschleppung durch den Menschen zulässig ist.
Myostirus niinimus L. wächst bekanntlich auf Aeckern und ist daher jedenfalls mit
Getreide nach Amerika verschleppt worden.
Salicornia virginica L. {S. mucronata Lag.). Die Angaben über das Vorkommen
dieser Pflanze in Spanien sind von neueren Botanikern nicht verbürgt. (Vergl. Wi l l -
k o m m et L ange , Prodrom. Florae Hispaniae L 264).
Saxífraga aizoides ist eine Glacialpflanze, die aus den Alpen nach Skandinavien und
nach Nordamerika gelangte.
Anemone nemorosa L. ist zwar im mittleren Sibirien noch nicht nachgewiesen ; aber
im westlichen und überall am untern Amur (Maximowicz, Primitiae Florae Amureiisis
p. 17), so dass also das Vorkommen in Nordamerika mit dem in Europa in der
Richtung nach Westen vermiUelt ist.
Cin7ia latifoUa Griseb. (C. arundinacea var. pendula Trin., Blyttia suaveolens Fries)
kommt auch im Amurland und am Baikatsee vor; die Pflanze gehört also auch nicht in
die Kategorie der nur in Nordamerika und Europa vertretenen Pflanzen.
Bellis integrifoUa Michx. ist von B. a^inuaL, ausreichend verschieden und liegt der
Ursprung beider Arten gewiss auseinander.
Centunculus minimus L. wird in L e d e b o u r ' s Flora von den Baikalländern angegeben.
Prímula Místassínica Michx. (P. stricta Römern,] ist eine. Glacialpflanze, aus der
Verwandtschaft der P. farinosa L., welche aber nicht wie diese nach den Alpen gelangte,
sondern sich nur im nördlichen Theil desGlacialgebietes von Osten nach Westen (nördliches
Russland, Skandinavien, Nordamerika) verbreitete.
ütricularia minor L. soll auch im altaischen Sibirien vorkommen; ist übrigens eine
Pflanze, die leicht übersehen wird.
Carex flacca Schreb. kommt nach Tu r c z a n i n o w auch im baikalischen Sibirien
vor.
ValUsneria spiralis L. wird von F r a n c h e t und Savat ier im südlichen Japan
angegeben, sofl daselbst sogar häufig sein. Demnach war diese Pflanze waln^scheinlich
früher vom Mittelmeergebiet bis Japan und auch in Nordamerika verbreitet.
Corema Conradi Torr, und C. album L. gehören ebenso wie Hottcnia ínflala Ell. und
H. palustris L, ganz isolirten Typen an; es können daher dies die Reste von Formenkreisen
sein, welche von Nordamerika über Asien bis nach Europa verbreitet waren und
sich eben nur noch in den entferntesten Theilen erhalten haben.
Es bleiben somit nur noch 9 von den von Asa Gray aufgeführten
Arten übrig, welche bei vollkommener Identität ihrer Formen in Europa
und Nordamerika in Asien ganz vermisst werden. Davon sind Equisetum
Telmateja Ehrh. und Lycopodium immdatum L., Cryptogamen; 3 Arten,
Carex extensa Good.^ Calluna vulgaris Salisb., Leersia oryzoides Sw., sind
in Westeuropa, auch am Meeresstrand verbreitete Pflanzen., Folgende 3
Arten sind in Nordamerika verbreitet und in Europa mehr beschränkt:
Eriocaulon septangulare Michx. nur auf Mooren in Skye, auf den Hebriden
und in Irland, Spiranthes Romanzowiana Cham, nur in einem Torfmoor in
Irland, Lohelia Dortmanna L, in Westeuropa ziemlich verbreitet, auch in
Skandinavien und Litthauen. Von Asa Gray nicht aufgeführt, aber auch
hier zu nennen ist Oxycoccus macrocarpus Pursh; neuerdings in den Niederlanden
bei Terschelling gefunden. Sodann ist auch Spartina striata Roth,
eine amerikanische Strandpflanze, im westlichen Europa ziemlich verbreitet.
Konnten diese 10 noch übrig gebliebenen Pflanzen über den atlantischen
Ocean hinweggelangt sein? Konnte dies durch den Transport der Strandvögel
geschehen? Es ist sicher, dass littorale Vögel von Grossbrittannien
über die Faröer und Island nach Grönland fliegen; wahrscheinlich fliegen
dieselben Vögel vom südlichen Grönland nach Labrador und den atlantischen
Staaten, sowie auch in umgekehrter Richtung. Der Transport der
auch im nördlichen Europa vorkommenden Pflanzen könnte allenfalls in
dieser Weise erklärt wercTen, doch bleibt dann immer das Bedenkliche bestehen,
dass diese Erklärung nur unter der Bedingung zulässig ist, dass
dieselben Vögel mit den an ihnen haftenden Samen den ganzen nördlichen
Theil des atlantischen Oceans umkreisen mussten, bevor die Samen an
einen Ort gelangten, wo .sie sich entwickeln konnten. Je weiter wir die
Einwanderung dieser nordamerikanischen Pflanzen in Europa oder der
europäischen in Nordamerika zurückverlegen, desto mehr mindern sich die
Schwierigkeiten; weil früher die auch jetzt vorhandenen Zwischenstationen
den genannten Pflanzen leichter Asyl gewährten und so die allmälige
Wanderung begünstigten.
1) As a Gray. Plants of United States and Europe in Journ. of botany 1873 p. ^73.