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322 VI. Allgemeiner Ueberblick über die Verbreiluns der Pllanzen.
in entrernlereii Gebieten entstellen, welche doch zu einander in einer gewissen
verwandtschaftlichen Beziehung stehen.
Es ist nun klar, dnss l)ei solchen Formenkreisen^ wie denen derCruciferen,
Unibelliferenj Papilionaceen, Compositen, der Orchideen^ wo der
Hlüthenbau und die Beschailenheit der Frucht eine so grosse Einförmigkeit
zeigen. Formen entfernterer Gebiete, aber ungleichen Ursprungs in den zur
Gallungsunterscheidung benutzten Merkmalen einander so ahnlich werden
können, dass sie von den Systeniatikern derselben Gattung zugerechnet
werden; d.h. also, es können viele der von den Botanikern unterschiedenen
Gattungen sehr wohl polyphyletisch sein; ebenso kann dies der Fall sein bei
einzelnen Familien, und es ist eben die Aufgabe der wissenschaftlichen
Systematik, auf möglichst l)reiter Grundlage forschend, das System von
solchen polyphyletischen Gattungen zu reinigen. Freilich kann auch da
wieder der Standpunkt der einzelnen Botaniker verschieden sein, der praktische
Systematiker wird es vorziehen, die polyphyletischen Gattungen bestehen
zu lassen, wenn er bei der Annahme monophyletischer Gattungen
eine zu grosse Zahl erhalt; auch kann er für sich anführen, dass der Gattungsbegritr
ein ebenso relativer ist, wie der Speciesbegrifl", und dass die in
einer polyphyletischen Gattung vereinigten Zweige doch auch einmal einen
gemeinsamen Ausgangspunkt gehabt haben; der theoretische Systematiker
dagegen wird immer danach streben, aus seiner Gattung diejenigen Zweige
auszuscheiden, w^elche gewissermaassen einem andern Ast angehören. Es
ist gewiss, dass auch hier den Ansichten oft ein weiter Spielraum offen gelassen
ist; aber möglichst allseitige Untersuchungen können im Gegensatz
zu den fal^rikmässigen Compilationen viel zur Klarstellung beitragen. In
vielen Fallen wird die pllanzengeographische Untersuchung aushelfen können,
wenn sie convergirende Linien in der Entwicklung der Formenkreise
nachweisen kann, welche auch sonst häufig auftreten. Nach diesen Erwägungen
stehe ich nun nicht an, mich zur Lehre von der Einheit des Ausgangspunktes
einer Gattung zu bekennen, jedoch eben nur der natürlichen
(Gattungen. Auch solche Verhältnisse, wie sie in Australien oder auf den
Sandwich-Inseln oder am Capland herrschen, sprechen für die Einheit des
Ausgangspunktes natürlicher Gattungen und Gruppen; wir sehen hier einzelne
Typen, von denen wohl noch Verwandte anderswo existiren und über
deren ursprünglichste Ileimath wir im Zweifel sein können, zu einer reichen
Entwicklung von Formen gelangen , die alle noch irgend ein Merkmal des
gemeinsamen Ursprungs an sich tragen und eben darum zu e i n e r Gattung
oder e i n e r Gattungsgruppe (Unterfamilie) gerechnet werden.
Bei der Verbreitung der Pflanzen konmien zw^ei Momente in Betracht;
das eine ist die Beschaffenheit des von ihnen bewohnten Landes und das
andere die Natur der Pflanze selbst. Bodenbeschaffenheit und klimatische
Verhaltnisse sind allgemein als wichtige pnanzengeogra])hische Factoren an-
-14. Ueber einige allgemeine pflanzengeograpliische Fragen. 323
erkannt, und G r i s e b a c h hat diese Verhältnisse vollständiger, als alle anderen
Pflanzengeographen berücksichtigt. Wir sehen aber auch andere
Verhältnisse einen grossen Einiluss auf die Vegetation eines Landes ausüben.
Vor Allem fällt ins Gewicht, ob ein Land insular oder continental ist.
Wir lernten Gebiete kennen, wie einzelne Theile Australiens und einzelne
Inseln, welche immer von den grossen Continenten getrennt waren; wir
lernten Inseln kennen, welche vor langer Zeit mit dem Festland zusammenhingen,
und andererseits continentale Gebiete, welche ehemals auf geringere
Strecken hin mit dem übrigen Gontinent in Verbindung standen. Die Inselfloren
Hessen alle Beziehungen zu den Floren der naheliegenden Continente
erkennen, jedoch macht sich auf den Inseln, welche ein hohes Alter, wie
die Continente selbst, besitzen und mit denselben nidit oder nur kurze Zeit
zusammenhingen, noch ein Florenelement bemerkbar, das auf den Continenten
nur schwach entwickelt ist und Anzeichen sehr hohen Alters trägt-.
Wir fanden ferner, dass auf denjenigen Inseln, welche den Continenten
näher gelegen sind, aber jedenfalls seit langer Zeit nicht mit denselben in
Verbindung standen, die monotypischen und artenarmen Gattungen unter
den endemischen vorherrschen, während andererseits auf den weiter vom
Festland abgelegenen Inseln eine geringere Zahl von endemischen Gattungen
sich durch einen grösseren Artenreichthum auszeichnete. Endlich
fanden wir auf den Inseln jüngeren Alters eine fast nur aus eingeschleppten
Formen bestehende Flora.
Nächstdem ist von Wichtigkeit, ob das Land bergig oder eben ist. Wir
sehen ziemlich allgemein, dass in den Gebirgen ähnlich wie auf manchen
Inseln ein grösserer Endemismus herrscht, doch kommt auch hier in hohem
Grade das Alter des Gebirges in Betracht. Es können aber auch alte Gebirge
sich wie junge Länder verhalten, wenn sie eine Zeitlang, in Folge
vollständiger Vergletscherung der Vegetation, unzugänglich waren. Auch
bei den niedrigeren Ländern erweist sich das Alter derselben von Bedeutung;
vor Allem aber ist von Wichtigkeit, ob dasselbe sich stets unter denselben
Verhältnissen befand oder mehrfache Wandlungen durchmachte.
Wiewohl die Feuchtigkeit eines Landes auch ein klimatischer Factor
ist und von jeher als solcher die grösste Beachtung erfuhr, so ist "doch noch
auf eine andere pflanzengeographische Bedeutung derselben aufmerksam zu
machen. Die Feuchtigkeit ist ein noch wichtigerer Factor als die Wärme,
denn wir sehen mehrfach, dass die Areale von Feuchtigkeit und Wärme
bedürfenden Pflanzen und PQanzengruppen sich über mehrere Breitengrade
erstrecken, während sehr oft unter demselben Breitengrade sehr scharfe
Grenzen zwischen den xerophilen und hygrophilen Pflanzengeraeinden existiren,
wobei allerdings zu beachten ist, dass ja auch die Feuchtigkeit auf
die Temperatur des Bodens einen Einfluss ausübt. Als eine allgemeine
Erfahrung können wir hinstellen, dass die grösseren, durch Feuchtigkeit
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