
I. Entwicklung der Flora Nordamerikas etc. á. Yertheilung der Holzgewächse in Nordamerika elc.
Fundort mehrere Arten nachgewiesen, die bisher in Spitzbergen, Grönland
oder Island gefunden waren, so Alnits Kefersteinü Goepp., Betula prisca
E t t . , Corijlus insignis Heer, Carpimis grandis Ung., Castanea Ungeri Heer^
Quercits Drymeia Ung., Plcmera Ungeri Kov., Juglans amminata A. Br.
Da diese Arten nun fast alle auch in Alaska vorkommen, so ist einmal eine
unbestreitbare Thatsache die, dass das nordöstliche Asien und das nordwestlichste
Amerika in der miocenen Zeit eine grosse Uebereinstimmung ihrer
Vegetation zeigten, wie auch gegenwärtig; andrerseits ist ebenso sicher,
dass in jener Periode eine circumpolare Flora existirte, deren Holzpflanzen
grösstentheils mit denen des heutigen nordöstlichen Amerika verwandt
waren.
Z w e i t e s C a p i t e 1.
Yertheilung der Holzgewäclise in Nordamerika während der
miocenen Periode.
Zugeliöriglieit der miocenen Bäunie nnd Sträuclier zu den jetzt in Nordamerika vertretenen Gattungen. —
VerscMedenlieit der miocenen Flora Nordamerikas in verscliiedenen Breitengraden. — Der Charakter der
nordamerikaniscben Laubhölzer ist im Wesentlichen derselbe geblieben seit der jüngeren Kreidezeit. —
Dagegen fehlen in den tertiären Ablagerungen des gemässigten Nordamerika Vertreter derjenigen Nadelhölzer,
welche jetzt in Nordamerika besonders häufig sind. — Diese finden sich häufiger nur in miocenen
Ablagerungen nördlich von 70° n. Br., ans welchem G-ebiet sie später nach Süden vorgedrungen sind.
Von tertiären arktischen Gattungen, welche nicht im heutigen gemässigten
Europa ^ wohl aber im heutigen Nordostamerika sich wiederfindeUj
sind namentlich zu nennen: Liquidambar, Sassafras, Aralia, Nyssa,
Väis, Magnoliaj Liriodendron. Dazu kommt noch, dass von vielen, in Europa
zwar ebenso wie in Nordamerika entwickelten Gattungen die tertiären Arten
mehr mit den nordamerikanischen verw^andt sind, als mit den europäischen.
Hierauf gründet sich die einfache Schlussfolgerung der amerikanischen Forscher
Asa Gray^i und L e s q u e r r e u x , dass die heutige Flora Amerikas,
namentlich die des nordöstlichen in der innigsten verwandtschaftlichen Beziehung
zu der Miocenflora Grönlands und Nordamerikas (westlich vom
Mississippi) selbst stehe. Das ist keine Hypothese, sondern eine an Thatsachen
sich unmittelbar anknüpfende Folgerung. Wie viele europäische
Baume mit tertiären so nahe verwandt sind, dass die genetischen Beziehungen
derselben annähernd festgestellt werden können (es haben H e e r , Unger
und von Et t inghausen sich diese dankbare Aufgabe gestellt), so zeigen
auch viele nordamerikanische Bäume mit denen des Tertiärlandes eine
solche Uebereinstimmung, dass sie entweder mit diesen identificirt oder
aber von denselben abgeleitet werden können. Besonders auffallend ist
die Aehnlichkeit zwischen folgenden:
1) Asa Gray, Danviniana 1 877 p. 228.
M i 0 c e n.
Populus balsamoides Goepp,
Platanus aceroides Goepp.
Juglans bilinica Unger |
J. longifoUa Heer |
Vitis teutonica A. Br.
Tilia Malmgreni Heer
Liquidambar europaeum A. Br. 1
L. prGtensiim Unger /
Magnolia primigenia Unger
Liriodendron Procaccimi Unger
Sassafras Aesculapi Heer
Taxodium distichum (L.) Goepp.
Sequoia Langsdorfii A. Br.
S. Sternbergii Goepp.
Lebend.
P. balsamifera L.
PL occidentalis L.
J. nigra L.
V. viil'pina L.
T. americana L.
L, styracifluum L.
M. grandifoUa L.
L. tulipifera L.
S. officinalis Nees
r . distichum L.
sempervirens E ndl.
S., gigantea Lindl.
Als in Grönland eine Vegetation grünte, wie sie gegenwärtig etwa in
Neu-England und New-Jersey existirt, muss natürlich in Nordamerika selbst
eine Flora von etwas südlicherem Charakter vorhanden gewesen sein. Es
ist daher nicht zu verwundern, wenn im Gebiet des obern Missouri die von
L e s q u e r r e u x ^ ) als obereocen, von Andern2) als untermiocen bezeichnete
Flora Gattungen aufweist, die im arktischen Tertiärland nicht gefunden
sind, z. B. : Ficus, Morus, Laims, Persea, Cinnamomum, Personia, Cissiis,
Rhus, Carya, Cassia. Wenn man bedenkt, dass die Fundstätten am obern
Missouri, deren Flora L e s q u e r r e u x für obereocen erklärt, etwa 20 Grad
südlicher liegen, als die grönländischen, und etwa 30 Grad südlicher, als
Spitzbergen, so möchte man mit Berücksichtigung der klimatischen Unterschiede,
welchedochschonzujener Zeit bestanden haben müssen, ehervernmthen,
dass diese Fundstätten noch jüngeren Alters seien und vielleicht dem
Obermiocen angehören; denn neben dem jetzt in Nordamerika lebenden
Taxodium distichum kommt auch das jetzt in Nordamerika heimische Farnkraut
Onoclea sensibilis vor. Lesquerreux^) hat bei seiner Altersbestimmung
grosses Gewicht darauf gelegt, dass zahlreiche Sa&a^Arten am
obern Missouri mit den andern Gattungen zusammen vegetirten. Es ist
aber Folgendes zu bedenken. Die mächtigen Braunkohlenlager von Grinnellland4)
unter 8 ^ 4 6 ' n. Br., welche etwa 35 Breitengrade nördhcher liegen,
enthalten zahlreiche Beste von Birken und Pappeln, Ulmen, Linden, Haseln
u s s , von Taxodiurn^ Picea excelsa Lk. und Pinus-kvien ^ woraus hervorgeht,
dass die Baumflora eine ähnliche war, wie wir sie jetzt etwa zwischen
60 und 50® n. Br. in Nordamerika finden [Taxodium findet übrigens
schon bei 40° seine Nordgrenze). AVenn wir nun 35^^ südlicher gehen, also
4) L e sque r r eux in Hayden's Annual Report of the United States geological and
geographical Survey -1873 p. 365—426.
2) Newbe r r y in American Journal 4874 p. 399.
3) L e sque r r eux in American Journal 4 874 p. 546.
4) 0. Heer, Flora fossilis arctica V. Bd. Zurich 4 878.