
12 Entwicklung der Flora Nordamerikas etc.
Verlretern die neuen Verhältnisse nicht mehr gestatteten ^ den Kampf mit
den neuen Emporkömmlingen aufzunehmen.
Zu der Zeit aber, als die Prairien noch nicht vorhanden waren, als der
Vegetationscharacler der pacifischen Gebiete Nordamerikas dem der atlantischen
Gebiete ähnlicher war, konnte zwar immer im nördlichen, beide
Gebiete verbindenden Terrain gegenseitiger Austausch der Formen stattfinden;
andrerseits aber waren die nach Süden sich erstreckenden Gebiete
zuerst durch die zwischen ihnen liegenden Wassei*becken, später durch
das ausgetrocknete, der Waldvegetation feindliche Terrain so von einander
geschieden, dass sich in denselben Parallelformen entwickeln konnten, die
offenbar von derselben Stammform herzuleiten sind, wie z. B. folgende:
im pacifìschen Gebiet
Ptelea angusti folia Ben Ih.
Aesciilus californica Niitt.
Negimdo californictim Torr. et Gray
Staphylea Bolanderi Gray
Rhus diversiloba Torr. et Gray
Cercis occidentalis Torr.
Amelanchier alnifoUa Nutt.
Calycantlms occidentalis Hook et Arn.
Rhododendron californicum Hook.
Styrax californica Torr.
im atlantischen Gebiet
Pi, Irifoliata L.
A. parviflora Walt.
N. aceroides Moench.
S. trifolia L.
R. Toxicodendron L,
C. canadensis L.
A. Botryapium DC.
C. floridus L.
R. catawbiense Mich.
\ S, americana Lam.
\ S. grandifoUa Alt.
Derselbe Parallelismus besteht auch zwischen manchen krautarligen
POanzen beider Gebiete, doch wollen wir jetzt nicht näher auf dieselben
eingehen.
V i e r t e s Gapitel.
Beziehungen der Flora Nordamerikas zu der des nordöstlichen
Asiens nnd Europas.
Zu der Zeit ^ als ein mildes und wohl auch feuchteres, die Entwicklung
der Laubhölzer mehr begünstigendes Klima im grössten Theil von
Nordamerika herrschte, existirten zweifellos ähnliche klimatische Bedingungen
im östlichen Asien, in dem ebenso wie im westlichen Noi'damerika
die ehemaligen Landesgrenzen von den gegenwärtigen wenig verschieden
w^aren. Wir sahen schon oben, dass die Tertiärflora vom Gap Duin auf
Sachalin mit der von Alaska in hohem Grade übereinstimmte; auch gegenwärtig
ist die Zahl der Arten, welche dem nordöstlichen Asien und dem
nordwestlichen Amerika südlich bis Sitcha gemeinsam sind, eine sehr bedeutende,
wie schon eine flüchtige Durchblätterung eines Bandes von
L e d e b o u r ' s Flora rossica lehrt; dazu kommt noch eine Anzahl vicariiren-
4. Beziehungen der Flora Nordamerikas zu der des nordöstl. Asiens u, Europas. 13
der Arten, welchen trotz der Unterschiede, die sie aufweisen, die gemeinsame
Abstammung deutlich aufgeprägt ist. Ferner finden sich theils dieselben,
theils vicariirende Arten auf den vielen Inseln der Aleuten, ganz
besonders auf Unalaschka. Es kann auch nicht der geringste Zweifel darüber
bestehen , dass über diese Brücke hinweg , mochte sie nun einstmals
eine continentale Verbindung zwischen Asien und America hergestellt
haben oder immer wie jetzt durch sehr nahe an einander liegende Inseln
gebildet sein, der Austausch zwischen der Pflanzenwelt der östlichen und
der westlichen Hemisphäre vorzugsweise stattgefunden hat. Wir werden
später bei Untersuchung der Entwicklung der Flora Ostasiens die Thatsachen
näher kennen lernen, welche den Austausch Nordamerikas und
Asiens beweisen. Da aber andrerseits wieder gezeigt werden wird, dass
Europa hinsichtlich seiner Flora in der innigsten Verbindung mit Asien
steht, so wird sich daraus ergeben, dass wenigstens ein grosser Theil der
Europa und Amerika gemeinschaftlichen Formen auch einmal über die erwähnte
Brücke gewandert ist. Die Widerlegung der Annahme einer directen
Wanderung von Europa nach Nordamerika würde erfolgen müssen
einestheils durch Widerlegung der Existenz einer Atlantis, andrerseits durch
Bestreitung einer Verbindung Amerikas und Europas im hohen Norden.
Bezüglich der Atlantis spare ich die Beweisführung bis zur Besprechung
der Mittelmeerflora auf. Was aber die Möglichkeit einer nördlichen Verbindung
Europas mit Nordamerika betriff"t, so ist nicht zu leugnen, dass
dieselbe in einigen Thatsachen Unterstützung findet. Nowaja Semlja,
Spitzbergen und Franz-Josephs-Land liegen auf einer Erhöhung, welche nur
1000' unter dem Meeresspiegel sich befindet und es ist sehr wahrscheinlich,
dass weiter nördlich diese Erhöhung sich fortsetzt. Demnach würde die
insulare Lage Spitzbergens, Nowaja Semljas und des Franz-Joseph-Landes
möglicherweise eine zeitweise sein und vielleicht einmal eine continentale
Verbindung zwischen dem arktischen Grönland und dem arktischen Europa
existirt haben , derzufolge die Wanderung der Pflanzen von Nordamerika
und Grönland nach Nordeuropa möglich war. Es ist einleuchtend, dass
das nur zu einer Zeit geschehen konnte, als die Temperaturverhältnisse im
arktischen Gebiet den Holzgewächsen die Existenz ermöglichten. Es könnt e
also auf diese ^Veise die Uebereinstimmung der miocenen Flora Grönlands
und Spitzbergens erklärt werden. Nothwendig ist aber die Annahme
eines Zusammenhanges nördlich von 85® noch nicht; denn es ist klar, dass
die grönländischen und nordamerikanischen Pflanzen auch durch das nördliche
Asien nach Mitteleuropa und von hier über Nowaja Semlja und Franz-
Josephs-Land nach Spitzbergen gelangen konnten, wenn eine continentale
Verbindung dieser Länder mit Nordeuropa bestand. Jedenfalls liegen die
Thatsachen für die Annahme dieser arktischen Verbindungen Amerikas mit
Europa günstiger, als für die Annahme einer Landverbindung zwischen
É B — —