
8 1. Entwicklung der Flora Nordamerikas etc. 3. Allmälige Umgestaltung der nordamerikanischen Waldflora etc. 9
wahrscheinlich eher als andere ihrer früheren Genossen der Ungunst des
Klimas auf Spitzbergen weichen niussten. Aus diBsen Thatsachen ergiebt
sich, dass ein wesentlicher Bestandtheil der heutigen nordamerikanischen
Flora , der grösste Theil der östlichen Nadelhölzer erst in späterer Zeit zu
grösserer Entwicklung gelangte, sei es nun, dass die nördlich von 70°n. Br.
wohnenden Arten unverändert nach Süden vordrangen, sei es, dass an
den Grenzen ihres ehemaligen Verbreitungsbezirkes sich Varietäten bildeten,
welche für die Existenz in den neugewonnenen Territorien befähigter waren.
Viel grösser, als im östlichen und nördlichen Nordamerika, wo allerdings
einzelne Arten ganz enorme Strecken bedecken, ist der Artenreichthum
der Coniferen im Westen, namentlich in Californien. Von den 28 Arten
dieses verhältnissmässig kleinen Gebietes sind mehr als die Hälfte endemisch;
einige gehen über den Oregon hinaus und bis zu den Rocky Mountains,
Wie schon erwähnt, sind die beiden Stammarten der Sequoien im
Tertiär verbreitet. Da dieselben auch im Gebiet der Rocky Mountains nachgewiesen
wurden und in der californischen Grafschaft Napa^) auf einem
600 m hohen Bergrücken des Küstengebirges ein ganzer Sequoien-Wald
von vulkanischem Tuff begraben aufgefunden wurde, so sind die jetzt noch
bestehenden Sequoien-Wälder nur als Reste der jedenfalls ausgedehnteren
Bestände anzusehen, welche sie früher bildeten. Es fragt sich nun.
ob auch die übrigen Coniferen Californiens schon seit der Tertiärperiode
hier existirt haben oder aber wie die des östlichen Nordamerika erst in
späterer Zeit von Norden her eingewandert sind. Man könnte dies bei Libocedriis
deshalb vermuthen, weil zwei Arten dieser Gattung zur miocenen
Zeit in Spitzbergen waren; da aber die zweite noch lebende Art der
Gattung in Chile vorkommt, so lässt das auf eine ehemals grössere Verbreitung
schliessen. Von der Gattung Chamaecyparis, die jetzt ihre einzigen
Vertreter längs der beiden Küsten des stillen Oceans besitzt, kennen wir
2 Arten aus dem Tertiär, deren eine auch aus Grönland bekannt ist, während
die andere nur im Miocen Südfrankreichs gefunden wurde. Demnach
war diese Gattung in der miocenen Periode weiter verbreitet und stammen
die jetzt lebenden Arten wahrscheinlich von der ehemals im arktischen Gebiete
vorkommenden Art ab. Weder die beiden letzten Gattungen noch die
in Californien herrschenden Typen der Gattung Pinns sind in den tertiären
Ablagerungen Nordamerikas, die ja doch nun im Gebiet der Rocky Mountains
schon mehrfach aufgeschlossen sind; gefunden worden. Es ist daher
wahrscheinlich, dass sie schon in der ersten Zeit der neogenen Periode in
Nordamerika auf die westlichen Küstenstriche, welche auch schon damals
hohe Gebirge wie die Sierra Nevada und einzelne Theile der Rocky Mountains
vor dem Osten voraus hatten, beschränkt waren.
1) Gh. D e n i s o n , Verkieseltes Holz aus Californien. — Lotos 1872 p. 44.
D r i t t e s Capitel.
Allmälige Umgestaltung der nordamerikanischen Waldflora und
Ausbildung der grossen FlorengeMete Nordamerikas.
Unterschiede zwischen der Laubholzvegetation der pacifischen und der atlantischen Staaten Nordamerikas.
— Diese Unterschiede bestanden früher nur tlieihvelse, da in der neogenen Zeit ein grosser Theil der
jetzt nur auf die atlantischen Staaten beschränkten Laubhölzer auch am Fuss der Rocky Mountains
verbreitet war. — Geologische Gründe für die Umgestaltung der Florengebiete des gemässigten Nordamerika
seit der Tertiärperiode. — Parallelisraus vieler Formen des westlichen und östlichen Nordamerikas.
Ein ähnlicher Unterschied wie in der Nadelholzvegetation zeigt sich
auch in der Laubholzvegetation des östlichen und des westlichen Nordamerikas.
Wenn auch während der Glacialperiode ein grosser Theil Nordamerikas
von Eis bedeckt und später unter Wasser gesetzt war^ so wurde
die W\ildvegetation doch nur nach Süden gedrängt, keineswegs vernichtet,
das Prairiengebiet schied auch schon früher zwischen dem atlantischen
und pacifischen Gebiet Nordamerikas, wenn auch in anderer Form, wie wir
später sehen werden; es ist daher nicht anzunehmen, dass die Unterschiede,
welche sich bereits früher zwischen Osten und Westen Nordamerikas ausgebildet
haben mochten, in Folge der Glacialperiode vollkommen verwischt
wurden, und ist es daher zweckmässig, die gegenwärtigen und früheren
Verbreitungsverhältnisse der Bäume Nordamerikas gemeinschaftlich zu betrachten.
Viele der charakteristischen Laubholzgattungen^ welche die Wälder
der atlantischen Staaten zusammensetzen, fehlen in Californien und
dem Prairiengebiet, wie Ashnina, Zanthoxylon, Stuartia^ Gordonia^ Tilia,
Robinici^ Gleditschia^ Gymnocladus, Cladrastis^ Nyssa^ Liquidambar. Vibtirnum^
Clethra, Ilex^ Catalpa, Diospyros, Sassafras, Bemzoin. Carya, Moriis^
Ulmus^ Fagus^ Castanea. Garpmiis^ Betula^ Magnolia. Liriodendron. Es
fehlen also die meisten derjenigen Baumformen, welche aus der Tertiärperiode
bis in die Gegenwart sich im östlichen Nordamerika erhalten haben.
Gemeinsame und verwandte Arten finden sich in den pacifischen und atlantischen
Staaten Nordamerikas aus folgenden Laubholz-Gattungen: Ptelea^
Euonymiis, Rhamnus.^ Ceanothiis, Aesculus, Acer, Negundo, Staphylea, Rhus^
Sophora, Cercis, Primm^ Pirus. Crataegus^ Amelanchier^ CalycanthuSj Philadelphus,
Ribes, Cornus^ Samhiicus, Yiburnum, Symphoricarpus. Lonicera,
Cepkalaiithiis, Gaidtheria^ Kalmia. Shjrax. Fraxinus^ Platanus etc. Dagegen
sind folgende Laubholzgattungen dem Westen Amerikas eigenthümlich:
Fremontia californica Torr., iarrea Moricand., Cneoridium diimorum
Hook. L, Zi^yphus ParryiTovv.^ Karwinskia Humholdtiana Zucc., Adolphia
californica^'Glossopetalon nevadenseGvd.^-. Cassia^ Prosopis, Parkinsoniaj
mit je zwei Arten, Canotia holacantha Torr., Charpentiera californica
Torr. Whipplea modesta Torr., Menodora mit mehreren Arten. Auffalli