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8 6 IV. Entwicklung der Hochgebirgsfloren vor, während u. nach der Glacialperiode.
wahrscheinlicher ist, in localen. Eine kosmische Ursache hätte jedenfalls
die gleichzeitige Vergletscherung aller Hochgebirge nördlich des 40. Grades
sowie des Iiimalaya zur Folge haben müssen; wie sieht es aber mit den
lokalen Ursachen? Einmal kann die Ablenkung des Golfstromes die bedeutende
Abkühlung von Europa bewirkt haben; andrerseits kann aber auch
die bedeutende Gletscherentwicklung der Alpen, Skandinaviens und anderer
Gebirge durch die ursprünglich grössere Höhe derselben bedingt gewesen
sein. Mag nun nach der Tertiärzeit der Golfstrom eine Ablenkung erfahren
haben oder nicht, so ist doch die Gletscherbildung in südlicheren Breiten
in erster Linie abhängig von der Höhe der Gebirge und der Menge der
atmosphärischen Niederschläge, welche den hohen Regionen zu Theil werden.
Nun ist aber doch sicher nicht zu leugnen, dass die Pyrenäen, die
Alpen und andere Hochgebirge am Ende ihrer Hebungszeit noch erheblich
höher gewesen sein müssen, als sie jetzt sind; die grössere Höhe der Gebirge
musste zu einer ausgedehnteren Glelscherbildung die erste Veranlassung
geben, und die Ablenkung des Golfslromes war die wahrscheinliche
zweite Ursache, welche die Wirkung bedeutend erhöhte. Dazu kommt,
dass die Menge der atmosphärischen Niederschläge in den höheren Regionen
der Gebirge nach der Tertiärperiode in Europa noch bedeutend höher war
als jetzt, da noch immer einzelne Theile Europas, wie z. B. Oberitalien und
Ungarn vom Meer oder von Seen bedeckt waren. Die Vergletscheru^ig eines
gro^ssen Theiles von Nordeuropa musste natürlich auch auf das nördliche
Asien einen Einfluss ausüben; das nördliche Eismeer reichte ja viel weiter
nach Süden und bildete namentlich zwischen Ural und Altai eine tiefe, vielleicht
sogar bis zum Tarbagatai reichende Bucht, in Vielehe Eisströme in
ähnlicher Weise gelangt sein werden, wie sie jetzt in der Hudsonsbay auch
im Sommer fast bis zu 50° n. Br. einhertreiben. Um diese Zeit erstreckte
sich auch das Meer von Norden her bis an den Rand des Riesengebirges
und des Harzes und trieb mächtige mit Blöcken und Pflanzentheilen beladene
Eisberge bis an die Küsten des Landes. Auf dem 10000' hohen Altai
liegt jetzt die Schneelinie bei 8000^ die untere Grenze für die alpine Vegetation
bei 6000'; in einer Zeit, in der die fast 10 Breitengrade südlicher
gelegenen, wenig höheren Pyrenäen bis in die Ebene reichende Gletscher
entsendeten, musste hier wenigstens die Region der alpinen Pflanzen tief
hinabreichen; der Sajan, fast ebenso hoch, wie der Altai, trägt jetzt nur
wenig ewigen Schnee, damals musste nothwendig diese Region viel tiefer
beginnen. Spuren von Gletschern sind im Altai i) und in den sibirischen
Gebirgen überhaupt nicht gefunden worden; dies spricht abernicht dagegen,
dass die alpine Flora des Altai tiefer hinab stieg, als Eisschollen an seinem
Fusse während des Sommers zerschmolzen. Die Gebirge, welche die Gobi
C o t t a : Der Altai. Leipzig S 87 1 p. 73. 74.
11. Allgemeinere Betrachtungen über die Hochgebirgsfloren. 87
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im Süden und Westen umrahmen, besitzen den einen Factor zur Gletscherbildung
im vollkommensten Maasse, nämlich bedeutende Höhe, auch treffen
wir ja im nordwestlichen liimalaya, am Südrande des Pamirplateaus, im
Alai-tag noch ziemlich grosse Gletscher an; diese Gletscher stehen jedoch
hinsichtlich ihrer Ausdehnung nicht im Verhältniss zu der colossalen Höhe
dieser Gebirge. Während in den Alpen durchschnittlich die Gletscher bis
1900 m., stellenweise bis 1000 m Meereshöhe hinabreichen, gehen sie in
diesen Gebirgen nur bis 3600 m herunter, weil eben der zweite wichtige
Factor unterhalb dieser Höhe fehlt, Reichthum an atmosphärischen Niederschlägen.
War das nun immer so? Nach den vorangegangenen Auseinandersetzungen
muss es früher anders gewesen sein. Als das System des
Himalaya sich gehoben hatte, war im Norden desselben Meer, ebenso waren
die Systeme des Thianschan und Alatau von Meer umgeben. So lange diese
Meere den mächtigen Gebirgen Feuchtigkeit zukommen Hessen, werden
auch die Gletscher eine grössere Ausdehnung besessen und in der Waldregion
geendet haben, wie jetzt auf Neu-Seeland unter 40° s. ßr. Gletscher
inmitten einer subtropischen Vegetation endigen. Die auffallendsten Spuren
ehemaliger mächtiger Gletscherbildung im westlichen Himalaya sind die
von Kangra auf der Südseite desselben ; hier reichten einst die Gletscher
von der bis 4800 m aufragenden Dhaoladhar-Kette herab, die Moränen bis
zu 600 m über dem Meer. Die klimatischen Verhältnisse aber, welche zur
Zeit der Hebung des Kwen-lun und seiner Parallelketten bestanden, konnten
nun nicht weiter fortdauern; der Himalaya nahm auf seiner Südseite
die atmosphärischen Niederschläge hinweg und im Norden des Himalaya
hatten die nun trockneren Sommer nicht blos das Abschmelzen der Gletscher,
sondern auch den Rückzug der Meere zur Folge. Es fragt sich, in
welcher Zeit die Steppen und Wüsten an Stelle des Meeres traten, ob am
Ende der miocenen Zeit oder später. Von der Lösung diöser Frage ist es
abhängig, ob wir die grössere Ausdehnung der Gletscher Centraiasiens in
dieselbe Zeit versetzen können, in welcher die Gletscher der Alpen durchschnittlich
ihre mächtigste Entwicklung erlangt hatten. Es fehlt, wie wir
später sehen werden, nicht an pflanzengeographischen Thatsachen, welche
dafür sprechen. So viel ergiebt sich aber schon jetzt, dass bei dem innigen
Zusammenhang des westlichen Himalaya mit den Gebirgssystemen im Westen
der Gobi und andererseits wieder dieser Gebirge mit den sibirischen im
Norden der Gobi in der Zeit der grössten Gletscherausdehnung Pflanzen
der Schneeregion aus den ostsibirischen Gebirgen nach dem Himalaya und
umgekehrt vom Himalaya nach Ostsibirien gelangen konnten.
Sodann ist aber schon hier darauf aufmerksam zu machen, dass man
zur Erklärung der Verbreitung von Alpenpflanzen auch keineswegs genöthigt
ist anzunehmen, dass an den Stellen, wo sie sich jetzt befinden und
befanden haben mussten, einmal Gletscher existirt haben. Es ist das eine
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