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130 II. Eigenthümlichkeiten der Pilanzenwelt in Australien, Neu-Seeland etc.
Bei mehreren Galtungen, wie z.B. der Epacridee Cyathodes^ sind uns keine
zwischen den Sandwich-Inseln und Neu-Seeland gelegenen Fundorte bekannt.
Zweitens geht aber aus dem Umstand, dass auf den Sandwich-
Inseln so viele j auch sonst auf den oceanischen Inseln vorkommende, zum
nicht geringen Theil auf den Continenten aber fehlende oder nur an deren
Küsten existirende Typen angetroffen werden, hervor, dass wir es hier mit
einem den continentalen Florenelementen zwar innigst verwandten, aber
durch seine Verbreitungsmittel charakterisirten Florenelement zu thun
haben. Es ist daher die grosse Verbreitungsfähigkeit dieser Inselpflanzen
keineswegs auf alle continentalen zu übertragen, um so weniger, als das
continentale Land selbst sich unter ganz andern Bedingungen befindet, als
das insulare Land. Nur Neuland oder offenes Hochgebirgsland bietet den
fremden Pflanzencolonisten wie das insulare Land Platz dar; aber in den
meisten Fallen werden die fremden Ansiedler eben doch vor denen der
nächstbenachbarten Gebiete im Nachtheil sein, später ankommen und den
lokalen klimatischen Verhältnissen weniger entsprechen. Auf den oceanischen
Inseln sind aber die klimatischen Bedingungen weniger verschieden
und der zufällig ankommende Fremdling wird oft facile princeps.
Es wird Niemand zu behaupten wagen, dass alle die zahlreichen endemischen
Arten der endemischen Gattungen Pelea, Schiedea, Phyllostegia,
Raillardia, Kadua, Delissea, RoUandia etc. anderswoher eingewandert seien
und sich allein auf den Sandwich-Inseln erhalten haben; sie haben sich
eben nur dort aus Keimen, die anderswoher dahin gelangten, entwickelt;
der Reichthum der in diesen Gattungen zu unterscheidenden Arten , die
grosse Variabilität der Merkmale, namentlich der vegetativen Organe, die
Schwierigkeit der Abgrenzung scharf zu unterscheidender Arten sind glänzende
Zeugnisse dafür, dass diese Gattungen auf der Höhe der Entwicklung
stehen oder sich derselben nähern. Die Entwicklungsfähigkeit, welche in
den Keimen der nach den Sandwich-Inseln gelangten Pflanzen schlummerte,
wurde unterstützt dadurch, dass die entstandenen Varietäten immer offenes
Terrain vorfanden, um das sie nur mit wenigen Concurrenten'zu kämpfen
hatten. Diese ausserordentlich reiche Entwicklung einzelner Gattungen auf
den vulkanischen Sandwich-Inseln zeigt mit einem Schlage, dass wir in Gebieten
, wo endemische Gattungen auch sehr zahlreiche Arten umfassen,
noch keineswegs die eigentliche Heimath dieser Gattungen zu suchen haben.
Wir sehen aber ferner, dass mehrere der endemischen (in Folgendem fett
gedruckten) artenreichen Gattungen von den Sandwich-Inseln untereinander
oder mit andern nicht endemischen Gattungen sehr nahe verwandt sind.
Dies gilt von
Pelea, Melicope (Rutaceae-Zanthoxyleae).
Phyllostegia^ Stenogyne (Labiatae-Prasieae).
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4. Vergleich. Betrachtung d. durch ihre Flora ausgezeichn. gross. Inseln etc. 131
R o l l a n d i a , Delissea, Cyanea, Clermontia, Brighami a (Campanulaceae
- Lobelieae].
Khytidotus, Bobea^ 01)bea (Rubiaceae-Guettardeae).
Dubautia, Wilkesia, Argyroxiphium (Compositae-Helianthoideae
Madieae).
Es ist demnach nicht bloss möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich,
dass auch jede Gruppe nahe verwandter Gattungen ihren Ursprung demselben
Keime verdankt; die oben genannten Lobeliaceengattungen sind einander
so nahe verwandt, dass sie nach B e n t h am' s Ansicht nur künstlich
von einander unterschieden werden können.
Alle diese Dinge sind sehr lehrreich für die Erklärung der auf Neu-
Seeland und Australien herrschenden Verhältnisse. Wie auf den Sandwich-
Inseln der eine Lobeliaceentypus sich so reich entwickelte, gelangten auf
Neu-Seeland die zur Section Hebe gehörigen Veroniceen, nach Traver s
begünstigt durch eine den verschiedenen Formen besonders zusagende Verschiedenheit
der Exposition und sonstigen Standortsverhältnisse in den
Hochgebirgen, zu reicher Entfaltung, ebenso wurde daselbst die Erhaltung
der Formen des Coprosma-Typus, der Formen von Olearia und Celmisia,
Raoulia und anderer Gattungen, welche nach einzelnen Theilen Australiens
oder andern Inseln auch gelangt waren , kein Hemmniss entgegengesetzt.
Von den Veroniceen und andern die Hochgebirge Neu-Seelands bevorzugenden
Formen können wir auch mit Sicherheit behaupten, dass sie erst in
jüngeren Zeiten entstanden sind, denn sie bewohnen ein Terrain, welches
einst von Gletschern bedeckt war, wie in den Alpen die Hieracien,
welche grösstentheils auch erst nach der Glacialperiode entstanden sein
können. In Australien und ganz besonders in Westaustralien tritt die Erscheinung
der überreichen Formenentwicklung einzelner Gattungen oder
Typen in noch viel höherem Grade hervor. Noch viel mehr, als auf den
Sandwichs-Inseln, finden wir da Gruppen nahe verwandter, nur geringe
Unterschiede darbietender Gattungen, wir finden sogar, wie wir oben gesehen
haben, ganze Unterfamilien in Westaustralien allein entwickelt. So
alt daher auch die Typen sein mögen, so sehr auch der Ursprung dieser
manchmal verschleiert sein mag, das liegt klar zu Tage, dass die reiche
Entwicklung einzelner solcher Typen, wie des Chamaelaucieen-, des Leptospermeen,
des Podalyrieen-, Banksieen-Typus etc. einer jüngeren Zeit
angehören muss. Wie die Veronicen auf dem von Eis frei gegebenen Terrain
Neu-Seelands ein freies Feld für Fortpflanzung von Varietäten und
Artenbildung vorfanden, wie das auf vulkanischem Wege gebildete neue
Land der Sandwich-Inseln der zahlreichen Nachkommenschaft von fremden
Ankömmlingen ein Asyl darbot, so war den genannten Typen in Australien
immer mehr Terrain durch das Zurückweichen des Meeres eröffnet, von
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