
38 IL Entwicklung der Flora des östlichen und centralen Asiens etc.
lungen auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung über das ganze Gebiet verbreiten
und andererseits, als ihre Existenz im Norden nicht mehr möglich
war, sich in den mit Halbinseln wohl vergleichbaren Ländern in Parallelformen
erhallen. Mehrere der ursprünglich im ganzen Norden jener 3 Halbinseln
verbreiteten Formen gelangten früher oder später unverändert in
jedes der 3 Gebiete, andere nur in die beiden von einander am meisten
entfernten; sie erregen heut das Befremden der Botaniker dadurch, dass
sie in Ländern vorkommen, welche durch ein inselloses Meer von 70—80
Längengraden geschieden sind.
Bei unserer bisherigen Besprechung ist Japan immer besonders in den
Vordergrund getreten; es liegt dies daran, dass eben die Flora dieses Landes
uns jetzt ziemlich gut bekannt ist, dass wir eine fast vollständige Aulzählung
seiner Phanerogamen besitzen und dass die auffallenden Beziehungen
dieses Landes zu Nordamerika die Aufmerksamkeit der Botaniker
erregten. Es verdient aber noch ein anderes Land an dieser Stelle eine
eingehendere Betrachtung, das ist das Amurland und Ostsibiriea^ welches
gewissermassen eine vierte Halbinsel des arktischen Tertiärlandes darstellte.
Ol) Japan schon zur Tertiärzeit ein Inselland war und vom Amurland und von
der Mandshurei durch das Meer getrennt war, wissen wir nicht; es ist aber
wahrscheinlich wegen der vielen eigenthümlichen Pflanzenformen, welche
Japan vor diesem Gebiet voraus hat. Uebrigens ist uns die Flora von Korea
und dem nördlichen China so wenig bekannt, dass die Frage, ob Japan als
ein eigenes oder zu der Mandshurei gehöriges Florengebiet anzusehen ist^
noch nicht sicher beantwortet werden kann. Immerhin darf nicht unbeachtet
gelassen werden, dass die Forschungen des ausgezeichneten russischen
Botanikers Ma x imowi c z sehr innige Beziehimgen des Amurlandes
zu Japan ergeben haben, die sich jedoch durch die Verknüpfung, welche
diese Floren^ebiete zur Tertiärzeit in den damals klimatisch nicht so sehr
verschiedenen nördlichen Gegenden hatten, leicht erklären lassen.
Wie das paciiisclie Nordamerika schon zur Tertiärzeit mit Centraiamerika
in Verbindung stand, so bestand in Asien östlich von der grossen
Wüste Gobi eine alte Landverbindung zwischen Amurland, China und dem
Gebiete des Iiimalaya, im Nordosten dieses Landes aber befand sich ein
ausgedehntes Meer. Die Vorstellung, welche ich mir zuerst von der ehemaligen
A^ertheilung von Wasser und Land in Asien gebildet hatte, um die
pflanzengeographischen Verhältnisse Asiens zu erklären, entsprach der von
P u m p e l l y i ) , wonach sich in der Tevtiärzeit ein ausgedehntes Meer vom
Ural bis fast zur chinesischen Mauer erstreckte, so dass an Stelle der Wüste
Gobi sich eine fast ringsum von den heutigen sibirischen Gebirgsländern
ßingefasste Bucht befand, während das Meer im Westen vom Ural bis zum
1) P u m p e l l y , Geological researches in China, Mongolia and Japan p. 76—77.
6. Austausch der Florenelemenle z^vischen Asien und Nordamerika. 39
kaspischenMeer, im Norden bis zum Altai und Jenissei, vielleiclU sogmbis
zum Baikalsee reichte. Neuerdings musste ich aber der von v. Richt -
h o f e n ') in seinem bedeutenden Werke »Chinacc gegebenen Erklärung den
Vorzu" -eben. Nach seinen Auseinandersetzungen stand das Ilan-hai, jenes
ehemidige Meer, welches im Wesentlichen die Grenzen der heutigen Wüste
Gobi h aL, bis zur mittleren N^ogen-Zeit mit dem grossen sibirischen Meer
in V-^rbindung, dann wurde es, von diesem losgetrennt, ein ausgedehntes
Binnenmeer, w e l c h e s zwar noch lange Zeit fortbestand , allmäl.g aber zu
immer geringeren Dimensionen zusammenschrumpfte, weil das (wahrscheinlich
in Folge der Erhöhung der südlichen Gebirgsmassen) jetzt eingetretene
trocknere Klima eine Verdunstung zur Folge hatte, die durch
entsprechende Niederschläge nicht aufgewogen wurde. Von diesem sibirisch
chinesischen Gebiet (so wollen wir das in Rede stehende Land nennen,
wenn auch im Süden Ilinterindien damit in Verbindung stand) besteht die
,anze westliche Halbinsel aus den Gebirgsländern des Altai und des saja-
Lnsischen Gebirges, an welchen sicherlich die Glacialperiode nicht spurios
vorüberging und in welchen nach derselben die Bedingungen für die Erhaltung
solcher tertiärer Holzgewächse nicht gegeben waren , während ui
Japan und zum Theil noch in der Mandshurei die Fortexistenz der tertiären
Baumtypen weniger gefährdet war. , . , , u
Als solche an die Tertiärflora erinnernde Typen möchte ich, abgesehen
von den auch in Europa vorkommenden Gattungen folgende Pflanzen des
Aniuiiandes bezeichnen :
Menispermum dahuricum DC. mandshurica Max.m.
Maximowiczia chinensis Rupr. » stenocarpa Max.m.
Cissus brevipedunculata Maxim. Dioscorea quinqueloba Thun))g.
Vitis amurensis Rupr. Onodea sensibUis L.
Phellodendron amurense'R\x])r. "
Berücksichtigen wir ferner die nicht geringe Anzahl von correspondirenden
Arten, welche i m A m u r l a n d und Nordamerika sich finden, grössten-
Iheils aus Gattungen, die weiter westlich und namentlich auch im arktischen
Gebiet nicht vorkommen, so leuchtet wohl ein, dass die Flora dieses Landes
ebenso wie diejenige Japans, wenn auch in geringerem Grade in genetischverwandtschaftlicher
Beziehung zu der Flora Nordamerikas steht, einer Beziehung,
welche wir nicht erkennen würden, wenn nicht auch jetzt noch
im Osten Asiens so günstige klimatische Verhältnisse herrschten , die aber
nicht das Resultat dieser klimatischen Einflüsse allein, sondern auch der
Verhältnisse ist, welche in der Tertiärperiode herrschten.
Ferner verdient erwähnt zu werden, dass ausser den 396 Pflanzen
Japans, die bis in das westliche Europa reichen, '164 andere noch im Amurgebiet
auftreten; hiervon sind 72 nur in Japan und dem Amurgebiet anzu-
Y. R i c h t h o f e n , China p, 105. 109 ff.
ifl