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184 V. EiUwickiuiig der PHanzenwelt in den ausserhalb der Hochgebirge etc.
Kormengriippe sich von Osten in südwesthcher Richtung entlang den Hochgebirgen verbreitete
und dann die im Mediterrangebiet enthaltenen Arten nach Norden wanderten.
Cyprtpedium L. ist unzweifelhaft östlichen Ursprungs , da mehrere mit unserm C.
Calceo/us L. verwandte Arten im östlichen Asien und Nordamerika vorkommen; schon
hei Moskau und Kasan gesellen sich unserer Art andere hinzu.
Wenn nun auch kein Zweifel darüber bestehen kann, dass die Arten,
welche oben als mediterrane bezeichnet wurden, nach der Glacialperiode
aus dem Miltelnieergebiel in Mittel- und Nordeuropa eingewandert sind, so
kann man nicht mit gleicher Sicherheit die Einwanderung der aus dem
Osten stammenden Pflanzen in die Zeit nach der Glacialperiode verlegen;
bereits früher habe ich entwickelt, dass für einen grossen Theil unserer
Waldpilanzen bereits vor der Glacialperiode die Verhältnisse einer Wanderung
durch Centraiasien nach dem nördlichen Kleinasien und dem übrigen
Mittelmeergebiet günstig waren. Die meisten der oben erwähnten Pflanzen
finden sich aber nicht blos im Mittelmeergebiet, sondern auch in Westeuropa
und selbst Pflanzen von zweifellos östlichem Ursprung, wie Cj/jonpediiim
Calceohis^ werden in England angetroffen. Sie mussten also vor der
Isolirung Englands vom Continent dahin gelangt sein.
Während die Wald- und Wiesenpflanzen des Mittelmeergebietes und
des Ostens sich in Mitteleuropa ziemlich allgemein verbreiteten, war das
andere von Osten kommende Florenelement, die südlichere Steppenflora, in
seiner Entwickung in Europa gehemmt. Nach Einschränkung der nördlichen
Steppenflora Asiens auf die Gebirge breitete sich die südlichere
Steppenflora in den während eines kurzen Sommers stark erhitzten, während
eines langen Winters aber von Schnee bedeckten Ebenen Westasiens und
nur noch in Südosteuropa aus. Die Elemente der Steppenflora sind mit denen
der Mittelmeerflora innigst verwandt, wie früher gezeigt wurde; sie sind
klimatisch angepasste Modificationen der Mittelmeerpflanzen, welche auf
einem grossen, nach Austrocknung der Tertiärmeere eröffneten und nur für
Pflanzen von kurzer Vegelationsdauer geeigneten Terrain zur Herrschaft
gelangten. Wir erkennen an der reichen Entwicklung einzelner Gattungen
in nahestehenden Formen, welche meist noch keine grosse Verbreitung
erreicht haben, das verhältnissmässig jugendliche Alter dieses Florenelementes;
aber die reiche Entwicklung einzelner Gattungen in den Steppen
ist keineswegs imme r so zu verstehen, als sei hier auch die ursprüngliche
ileimath derselben; in e inzelnen Fällen ist es wahrscheinlicher,
dass im ganzen Mittelmeergebiet ehemals zerstreute Typen nun gerade in
dem steppenreichen Theil desselben ausserordentlich begünstigt zu reicherer
Formenbildung gelangten, so einzelne Sectionen der Gattung Astragalus,
wie Dasyphyllium in Kleinasien und Syrien, Stereothrix in Armenien
und Persien, Megalocystis in Persien, Hystrix in Persien, Helmia zwischen
Ural und Irtysch, ebenso Ammotrophus etc. , ferner die einzelnen Gruppen
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17. Verdrängung der Glacialpilanzen in Mittel- und Nordeuropa etc. 185
der von Kleinasien bis zum Balschaschsee entwickelten Gattung Acantholimon
Boiss., ferner die Gattung Cousinia Gass., von der zur Zeit von Bung
e ' s monographischer Bearbeitung in dem Gebiet von den Kirghisen- und
Wolga-Steppen bis Syrien 126 Arten (jetzt schon 136) bekannt waren und
weit über 80 allein in Persien vorkommen; sodann die grossblumigen
Phlomideae im aralo-kaspischen Gebiet, die Nepeteae und Salvieae in Persien
i). Das aralo-kaspische Gebiet bis zum schwarzen Meer ist wahrscheinlich
nie bewaldet gewesen, seitdem das Tertiärmeer sich auch hier zurückgezogen
hatte. Dieses Tertiärmeer reichte aber auch weiter westlich und
bildete, vom Karpathensystem umrandet, das pannonische Becken, aus dem
das Meer nach der Ansicht vieler Geologen sich am Ende der Miocenzeit
zurückgezogen zu haben scheint, da die Congerien-Schichten y welche die
Grenze zwischen Miocen und Pliocen bezeichnen, hier bereits einen brackischen
Charakter besitzen und über denselben nur Süsswasserbildungen
folgen. Indess sind einige Geologen anderer Ansicht und nehmen an, dass
die ungarische Fbene noch zur Eiszeit vom Meere bedeckt war. v. Richth
o f e n ^ ) , dieser Ansicht huldigend, sagt, die ungarische Ebene sei »erst
vor kurzem vom Meere veriassen und zeige deshalb noch grosse Aehnlichkeit
mit den norddeutschen Küstengegenden, den üfergegenden der Sahara;
Flugsand, salzreiche Wassertümpei und die charakteristischen Salzpflanzen
Hessen die ungarische Ebene sofort als ehemaligen Meeresboden erkennen.
Die Flugsandbildungen werden jedoch von Peters in anderer Weise
erklärt, als Zersetzungsproduct feinsandigen, von Wasser abgeschlämmten
Lehms; der Natriumgehalt aber der kleinen Seen in dem erwähnten Gebiet
wird darauf zurückgeführt, dass die trachytischen Gemengtheile im Boden
des ungarischen Landes dem durchsickernden Wasser ihren Sodagehalt mittheilen.
Welche Ansicht auch die richtige sein mag, so viel ist gewiss, dass
der grösste Theil des ungarischen Tieflandes bis nach der Glacialperiode
von Wasser bedeckt war. Kerner^) vergleicht die Lebensbedingungen,
welche an den nach der Miocenzeit an Stelle des alten Tertiärmeeres getretenen
Süsswasserseen herrschten, mit denen, welche jetzt noch am kaspischen
Meer und am Aralsee bestehen; er weist darauf hin, dass die-Nordwestgrenze
der südöstlichen Fauna jener Becken zusammenfällt mit der
Grenze der südöstlichen Steppenflora, und er ist wohl auch der erste, welcher
diese Pflanzengrenze als eine in vorhistorischer Zeit begründete an-
1) Zur Ermittlung engerer Florengehiete in diesem Theile Asiens sind AI. Bunge' s
Arbeiten über die erwähnten Gattungen vortreffliches Material und lassen recht den
Werth guter monographischer Arbeiten erkennen.
2) V. R i c h t h o f e n , Marines Diluvium der ungarischen Ebene in Jahrb. d. k. k.
geol. Reichsanstalt, X, p. 460.
3) Peter s , Die Donau und ihr Gebiet, p. 341.
4) A. K e r n e r , Pllanzenleben der Donauländer, p. 1)1,
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