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328 ^'I. Allgemeiner Ucberblick über die Verbreitung der POanzen.
Dass in der Tertiärperiode die Nivecnidiflerenz zwischen den europäischen
und Cent raiasiatischen Gel)irgeu und dem Meere nicht eine so grosse
gewesen ist, wie gegenwärtig, steht ausser Zw-eife]; wohl aber ist es möglicii.
dass diese Gebirge doch damals schon und vielleicht auch noch länger
vorher eine solche Höhe halten, dass immerhin in den höheren Regionen
Mikrothermen und Ilekistothermen existirten, wie ja auch jetzt noch wenigstens
erstere auf den Gebirgen von Java und Centralamerika vorkommen.
Die grösste Beachtung verdient aber der Umstand, dass bei weitem die
IMehrzahl der Ilekistothermen, auch wenn sie auf der südlichen Hemisphäre
vorkommen, mit Mikrothermen der nördlichen Hemisphäre verwandt sind,
was ja zum Theil seine Erklärung darin findet, dass die Zahl der Entwicklungsheerde
für solche Pfianzen auf der nördlichen Hemisphäre viel grösser
ist, als auf der südlichen. Ball'si) Auffassung, wonach schon in der
Steinkohlenperiode in den höheren Regionen der Gebirge die Typen unserer
jetzigen Gebirgspflanzen existirt hätten , vermag ich nicht zu theilen, weil
sie von keiner phytopaläontologischen Thatsache unterstützt wird. Diese
Ansicht könnte nur dciuii an Wahrsclieiiilichkeit gowinneiij wenn sich alle
stratographischen Bestimmungen auch in Europa als falsch herausstellen
sollten.
2. Das paliiotropisclie Element, ausgezeichnet durch die in den
Tropen der alten Welt dominirenden Familien undUnterfamilien; namentlich
aber auch durch das Fehlen einzelner im arcto-tertiären Gebiet verbreiteter
Pflanzenfamilien, Gruppen und Gattungen. Gewisse Gruppen, wie die
Alsineen, die echten Saxifragaceen, die Valerianaceen, Ribesiaceen, Pirolaceen
u. a., welche jetzt unter den Tropen nur in den höheren Regionen der
Gebirge angetroffen werden, müssen vor der Ausbildung der gegenwärtigen
Höhendifferenz zwischen den Hochgebirgen und dem Meere dem tropischen
Gebiet ganz gefehlt haben; es müssen daselbst nur Megistothermen existirt
haben. Das paläotropische Florenelement erstreckte sich in der Tertiärperiode
vom südlichen England bis Japan und von Westafrika bis Neu-
Guinea, Nord- und Ost-Australien und Neu-Caledonien. In diesem paläotropischen
Gebiet müssen schon im Tertiär verschiedene, durch einzelne
Familien ausgezeichnete Zonen bestanden haben. Während im ganzen Gebiet
Palmen, Pandaneen, Sterculiaceen, Dracaenen, Mimoseen, Myrtaceen,
Urticaceen, Myricaceen, Araliaceen verbreitet gewesen sind, muss ein auffallender
Unterschied schon damals zwischeii Afrika, Vorderindien und dem
übrigen paläotropischen Gebiet bestanden haben. Es existirte eine nördliche
Zone, welche sich von Mitteleuropa, dem heutigen Mittelmeergebiet
durch das nördlich vom Ganges gelegene Indien bis nach Ostasien und dem
-1) J. B a l l : On the origin of the Flora of the European Alps.
Royal geographical Society 1879.
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15. Gruppirung der pilanzengeographischen Gebiete der Erde. 329
malayischen Archipel erstreckte; diese Zone war vor der afrikanischvorderindischen
ausgezeichnet durch das Vorhandensein von Abietineen,
Araucarieen. echten Taxeenj Cupuliferen; Betulaceen j auch fehlten der
afrikanisch-vorderindischen Zone wahrscheinlich noch lange Zeit die Typen^
welche aus dem arcto-tertiären Reich in die nördliche Zone des paläotropischen
Reiches übergingen. So finden sich zwar jetzt einzelne ionicera-
Arten und Rhododendra auf den Gebirgen der vorderindischen Halbinsel;
aber diese dürften erst am Ende der Tertiärperiode oder auch der Glacialperiode
dahin gelangt sein ; in Afrika vermissen wir aber die Caprifoliaceen
und Rhodoraceen auch jetzt noch vollständig. Die klimatischen Verhältnisse
können nicht die Ursache dieser auffallenden Erscheinung sein, da
wir Qiierciis und Castanea auf den Sunda-Inseln bis an das Meer, ebenso
auch in Neu-Guinea antreffen und die Rhododendren von den Alpen bis
Neu-Guinea gegenwärtig verbreitet sind. Es erklärt sich diese auffallende
Thatsache jedenfalls dadurch, dass das tropische Afrika in der Kreideperiode
und vielleicht auch noch in der älteren Tertiärperiode durch das Saharameer,
ebenso Vorderindien durch das an Stelle der Indus- und Gangesebene
^ befindliche Meer von dem nördlichen paläotropischen Land geschieden waren.
Zu den Formen, welche schon im Tertiär entwickelt waren, damals bis
Mitteleuropa reichten, im tropischen Afrika aber fehlen, gehören auch die
Palmae-Sabaleae .
3. Das neotropisclie oder südamerikanische Floreuelement, das
. ehemalige tropische Florenelement der neuen V^'elt, muss im Wesentlichen
zur Tertiärperiode denselben Charakter gehabt haben, wie jetzt das tropische
Brasilien nnd Weslindien. Abietineen und Cupuliferen waren wahrscheinlich
anfangs in dem von diesem Element bedeckten Gebiet noch nicht
vorhanden. Vor der Hebung der Anden muss dieses Element im tropischen
Amerika fast allein geherrscht haben , erst später mischten sich mit
demselben in den Gebirgen die Formen des arcto-tertiären Elementes.
Theoretisch ist anzunehmen, dass das neotropische Element ursprünglich
noch weniger von dem paläotropischen Elenrent verschieden w^ar als jetzt.
4. Das altoceanische Element^ bestehend aus Formen, welche die
Fähigkeit besassen, über grössere Strecken des Oceans hinweg zu wandern
tind sich auf den Inselgebieten weiter zu entwickeln. Einzelne Spuren
weisen darauf hin, dass das altoceanische Element aus dem paläotropischen
und neotropischen sich gewissermaassen ausgeschieden hat. Jedenfalls stand
es immer mit dem ersteren in Verbindung, namentlich im südwestlichen
Asien, ähnlich wie im nordöstlichen Asien das arcto-tertiäre Element und
das paläotropische Element sich immer berührten und durchdrangen. Da
Proceedings of the
1) Vergi. D r u d e , Geographische Verbreitung der Palmen, Karte.
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