Hufs, der mittelst einer Brücke acht persischen Stiles überwunden wird.
Dieselbe besteht aus einem aufsteigenden Damme, aus der eigentlichen
hochgelegenen Brücke mit Bogen und einem abwärts gehenden Damme,
alles mit Geländern versehen, roh aus Feldsteinen ausgeführt und entsetzlich
schlecht gepflastert. An den Enden der Brücke stehen je zwei thurmähnliche
Pfeiler mit kuppelartiger Oberwölbung. Man dankt Gott, wenn
man zn Pferde sitzend eine solche Brücke im Rücken hat. Gewöhnlich
vermeidet man sie am besten, wenn man quer durchs Wasser reitet.
Am ändern Ende der Brücke hatten sich die Grofsen der Stadt und
ihre Diener, alle beritten, aufgestellt, um Hrn. Baron v. Minutoli im Namen
des Schahzadeh und Hakim oder Gouverneurs von Täbriz feierlichst
zu begrüfsen. Der Gesandte mufste zu allererst sein bequemes Reitpferd
verlassen, auf ein haushohes Ehrenpferd turkomanischer Rasse klettern und
auf ungewohntem Sattel seinen Sitz einnehmen. Ein grofses persisches Zelt,
auf einem aufgewühlten Ackerboden aufgeschlagen, bezeichnete das nächste
Ziel unserer Reise. Man stieg ab, wohl an hundert Pferde hielten vor dem
Zelte. Im Innern desselben war ein prinzliches Gastgeschenk aufgestellt:
Znckerhüte, Zuckerfladen, Thee und vieles andere, womit man einen europäischen
Cafetier zu beglücken im Stande gewesen wäre. Auf etwa zwanzig
Stühlen persischer Construction, d. h. so eingerichtet, dafs man bei
einigermafsen festem Sitze mit dem Mittelstück des Stuhles durchbricht,
nahmen Europäer und Perser .Platz. Khosch omedid! Zechmet keschidid!
„Seid willkommen! Ihr habt Euch Mühe bereitet!“ tönte es von den Persern
allerseits entgegen. Kheir! „im Gegentheil!“ wurde geantwortet,
rahmet bud „es war Erholung!“ Der ganze blumenreiche Schatz persischer
Phraseologie wurde gründlich ausgebeutet und zwischen den Wortblumen
Kalian, Thee, Zuckerwerk, Limonade herumgereicht.
Unter den anwesenden Persern glänzte als Stern erster Gröfse ein
Sartip oder General, welcher an der Spitze des Artilleriewesens stand. Wir
erhielten durch seine Güte die Kunde, dafs im Falle eines Krieges Persien
eine Million Soldaten auf die Beine zu stellen im Stande sei, und dafs die
Zeughäuser zur Bewaffnung einer so imposanten Macht vollständig ausgerüstet
seien. Diese Angabe, aus so lauterer Quelle geflossen, mufste billigerweise
einen hohen Begriff von der persischen Macht gewähren, und
uns vorbereiten , Wunderdinge im Innern des iranischen Reiches kennen
zu lernen.
Ein chaldäischer Christ, der ausgezeichnet gut und schnell die französische
Sprache beim Dollmetschen anwandte, stand aufrecht in der Versammlung
unter dem Zelte, natürlich in Strümpfen, wie die übrigen persischen
Offiziere und Civilbeamte, welche den htakbal dirigirten, und nicht
wufsten, wie sie auf den Stühlen ihre Füfse verbergen sollten. Es gilt
nämlich bei den Persern für einen Verstofs gegen gute Sitte und Anstand,
in Gegenwart eines Vornehmeren die unteren Extremitäten zur Schau zu
stellen.
Nachdem Herrliches gesprochen und erwiedert worden war, fand eine
allgemeine Erhebung statt. Aufs Neue wurden die Pferde bestiegen und
der Einzug in die Stadt nahm seinen Anfang..
Die Sonne brannte sengend heifs, der Staub wirbelte in dichten Wolken
empor und verhüllte den Zug wie dichter Nebel. Der Anblick der
Str.afsen und Häuser von Täbriz war niederschlagend. Von der grofsen
Stadt liegt etwa die Hälfte in Schutt und Trümmern da. Erdbeben, die
sich in Täbriz sehr häufig wiederholen, die Hand des Menschen, Krieg,
der Zahn der Zeit, mit einem Worte jede nur denkbare Ursache der Zerstörung
hat dazu beigetragen, einen so beträchtlichen Theil der Stadt in
traurige Trümmerhaufen umzugestalten. Die Strafsen, meist sehr eng und
winklig, bieten ein abschreckendes Bild orientalisch-asiatischer Liederlichkeit
dar. Schmutz und Unrath in Löchern und Pfützen, Pflastersteine, die
des Schicksals Tücke nach Orten befördert h a t, wohin sie gar nicht gehören,
Hunde und Aas, alles liegt chaotisch wild durcheinander, dafs man
genöthigt ist, die Augen mehr nach dem Erdboden, als auf die Umgebung
zu richten. Die Häuser, eigentlich nur hohe Erdmauem mit kleinen Thür-
öfifnungen, laufen in gewundenen Linien nach allen Richtungen hin und
geben den Strafsen von Täbriz, wie überhaupt allen persischen Städten,
ein sehr häfsliches Aussehen. Hier und da stecken Kinder und tiefverhüllte
Weiber den Kopf neugierig über die Mauer hinweg, um den Einzug
der preufsischen Gesandtschaft genauer in Augenschein zu nehmen.
Wir mufsten in Sonne und Staub, inmitten unruhiger und tobender
Pferde, wohl über eine Stunde reiten, ehe wir den Ort unseres nächsten
Aufenthaltes erreicht hatten. Beinahe ganz aufserhalb der Stadt Regt ein
grofser Obstgarten, der grade in voller Blüthe stand, in seiner Mitte hinter
einem grofsen Wasserbecken mit invalidem Springbrunnen ein Lustschlofs
des Schah, aus den Zeiten Feth-Ali-Schah’s herrührend. Unter dem Donner