hierin zeigten die Perser ihre geistigen Vorzüge und ihr angeborenes Talent
in einer Weise, die ihnen eben so sehr zur Ehre gereichte, als sie
andererseits doppelt schmerzlich empfinden läfst, dafs die räumlich grofse
Entfernung von den Mittelpunkten europäischer Civilisation uud die der-
maligen Zustände einer allgemeinen Heranbildung des so begabten Volkes
hindernd in den Weg treten.
Von der Mitte des Monats August an hatte die Temperatur angefangen,
sich in der auffallendsten Weise abzukühlen. Obgleich die Zeit .'der
Hitze noch nicht vorüber sein sollte, so merkte man dennoch das baldige
Heraunahen der herbstlichen Jahreszeit. Am Morgen pflegte die Sonne
umwölkt zu sein, und nicht selten fiel ein wenn auch nicht lange anhaltender
grofstrüpfiger Regen zur Erde nieder. Die reiche Fülle aller Obstarten,
welche bis zur unvergleichlich schönen saftigen Weintraube hin, an den
Bäumen in den Gärten der Dorfbewohner prangten, rief eine wahre Pisch-
keschmanie hervor. Diener, Soldaten, Fremde, alle: beeilten sich, unserm
Gesandten schön- und wohlgeordnete Früchte auf Tellern zu überbringen,
natürlich stets in der Hoffnung eines haaren Dankes. Selbst auf den kur-
zen Spaziergängen, die uns die milder werdende Sonne in das Freie gestattete,
verfehlten niemals die beschäftigten Landleute, sobald sie unserer
ansichtig wurden, schnell aufzuspringen, um von den Früchten ihrer Gärten
und Felder, und wenn es unreife sib-i-zemin oder Kartoffeln waren, dem
fremden Wezir ehrfurchtsvollst anzubieten.
. Der 24. August oder der 6. Sefer der arabischen Aera stand in dem
persischen Kalender als „das Fest der Geburt der Hoheit des Königs der
Könige“ Verzeichnet. Es war billig, eine besondere 'Feier desselben nach
persischer Weise zu erwarten und gespannt -auf das Kommende zu sein.
Am Tage vorher erhielt in der That die K. Gesandtschaft eine schriftliche
Mittheilung Mirza-Scüä-KharCs, der zufolge S. M. der Schah die fremden
Gesandtschaften am nächsten Vormittag gegen zehn Uhr in seinem Sommerlager
zu Niawerdn empfangen würde.
Ein grofses, eine Stunde dauerndes Feuerwerk, welches vor Niawerän
am Abend abgebrannt wurde, leitete die Feier ein. Am eigentlichen Tage
des 24. war in Niawerän alles in Bewegung. Bei unserem Einzug hatten
wir die günstige-Gelegenheit, das nomadische Feldlager des Schah um das
eigentliche kleine Schlofs herum genauer kennen zu lernen. Es läfst sich
dasselbe nicht besser beschreiben, als wenn wir es mit einer linnenen Stadt
vergleichen. Das ganze Lager war mit einer Mauer von Zelttüchern umspannt
und hatte einen grofsen Haupteingang. Die Strafsen der Stadt waren
wiederum durch Zelttücher abgesteckf, die nach innen hin zu viereckigen
Höfen ausliefen, in deren Mitte das Zelt eines Grofsen aufgerichtet war.
Gröfsere Höfe umspannten die Zelte der militärischen Wachen. Ehe man
zum Mittelpunkt des Weltalls gelangte, mufsten mehrere mit starken Posten
besetzte Thore zwischen Zeltwänden passirt werden.-Bei unserem Eintritt
in diese -sonderbare-Stadt, deren Strafsen nach allen Seiten hin durch frisches
Quellwasser berieselt wurden, fänden wir ein Bild vor, das obwohl
auf morgenländischem Boden lebhaft an die bunte Zusammensetzung von
Wallensteins Lager erinnerte. Lärmend und schreiend trieb sich das Volk
der Stadt in den Gassen und auf den Plätzen umher, wo die Verkäufer
mit ihrem kleinen Vorrath an Waaren auf dem Erdboden hockten. Soldaten,
welche den sanften Regimentern Teherän’s , den wilden Luristan’s
und den groben Regimentern Hamadan’s. angehörten, roth gekleidete Diener
des. Schah, schreiende Derwische, bettelnde Arme, alle liefen in die
Kreuz und Quere, als ob sie die Hände voll zu thun hätten, während doch
ihr einziges Geschäft die Handlung war, für welche die Franzosen sich das
bezeichnende flâner ausgedacht haben.
Man führte uns in ein labyrinthisches-Gehege von Zeltwänden, in deren
Mitte ein grofses Zelt mit offenen Seitenflügeln aufgeschlagen w a r, unter
welchem der Ober-Ceremonienmeister in Gesellschaft von vier vornehmen
Persprn auf Stühlen nach europäischer Weise safs. Der Alte, in dessen
Gürtel ein Dolch mit diamantenem Griffe blitzte, hatte sich den langen
Bart pechschwarz gefärbt, fuhr mit den Fingern zum öftern durch den ansehnlichen
Bartschmuck und war voll Geist, und Witz in seiner .Unterhaltung,
die er stundenlang mit den nach und nach eintreffenden Europäern
durchzuführen hatte. Als gegen Mittag die Zahl der Gesandtschaften
vollständig war, zogen in deren Gegenwart S. Excellenz die rothen Hofstiefel
an, bedeckten Dero Körper mit dem langen Ehrenkaschmirroek und
setzten den Amtsturban auf. Von Thür zu Thür, von Wache zu Wache,
von Volk zu Volk wanderten, wir einen-weiten Weg,, der zuletzt in einem
kleinen, sehr einfachen Hofe endigte, in dessen Mitte das Lustschlofs von
Niawerän, ebenso einfach, zwischen einsamen Bäumen und Sträuchern sichtbar
. war.
An einer bestimmten Stelle, im Angesicht des Kaisers, dev in dem