genwärtig ein grofser Trümmerhaufen, einen sehr malerischen Anblick dar.
Zunächst zeigt sich linker Hand ein sonderbares;Gemisch halb festungsartig
angelegter Baulichkeiten, die man uns als ein Iniaret oder Pallast des
gegenwärtig regierenden Schahs bezeichnete. Bekanntlich diente Sultanijeh
lange Zeit als Sommersitz Nasr- ed- clins, der hier auf der grofsen Ebene
Soldatenzelte aufsehlagen und militärische Uebungen anstellen liefs. Hinter
einem wüsten Strich zerfallener Wohnungen erhöbt sich ein halb zerstörtes
Festungsviereck, aus Erdmauero und Thürmeu bestehend; endlich erscheint
in langer Linie die eigentliche Stadt, eine traurige Ruine,-mit etlichen
Moscheen, deren höchste und schönste wie ein Dom über der winzigen
Häusermasse unter ihr majestätisch emporragte. Das ist die berühmte und
gepriesene Moschee des mongolischen Sultans Oldschaitu Mohammed Khuda-
bendeh, dessen Vater Arghun-Khan die .ehemalige nach Täbriz bedeutendste
Stadt Persiens angelegt hatte. Die Bewohnerschaft derselben,- armes herabgekommenes
Volk, wird heute was Zahl und Wohlstand anbetrifft, von manchem
persischen Dorfe übertroffen. Wir wurden in eins der besten, d. h.
am wenigsten zerfallenen Häuser ganz in der Nähe der vorher, erwähnten
Moschee einquartirt, hatten mithin Gelegenheit, dieses herrliche Bauwerk
in aller Mufse zu prüfen.
Wenige Reste aus der vergangenen persischen Zeit sind so belehrend
für die Eenntnifs ehemaliger besserer Zustände als grade dieser, in seinem
Ruin noch hervorragende Bau mongolischer Fürsten. Eine prachtvolle Kuppel
überragt den massiven sechseckigen Unterbau und bedeckt einen gewaltigen
Raum, der in alten Zeiten die fromme Zuhörerschaft in sich fafste. Die
äufseren Verzierungen bis zu den verfallenen Minarets an den Ecken der
Seitenmauern hin sind in einem vollkommen mustergültigen Geschmacke
angelegt und mit der bewundernswürdigsten Sauberkeit und Genauigkeit
in Ziegelstein und Glasurwerk ausgeführt. Die inneren Wände strotzen
vor dem Reichthum schöner Arabesken in bunten (meist blauen) gebrannten
und gläsirten Steinen, und selbst die in erhabener Arbeit dargestellten
Koransprüche sind von den mannigfaltigsten Blumen und Ornamenten em-
gefafst. Die Nachfolger des ersten Erbauers haben das herrliche Werk
durch aufgetragenes Mauerwerk mit grob angemalten Koransprüchen gradezu
verpfuscht. Risse und Spalten, vielleicht in Folge von Erdbeben, haben
so sehr die Festigkeit des Prachtbauwerks untergraben, dafs der baldige
Einsturz desselben über kurz oder lang leider unvermeidlich geworden ist.
Der 1. Mai sah uns auf der grofsen Hochfläche hinter Sultanijeh. Rechts
und links von zwei langen Bergketten eingeschlossen, dehnt sich die Ebene
scheinbar endlos aus. Der Wind jagt mit gewaltigem Zuge über die Fläche
dahin. Im Winter gehört der Weg zu den gefährlichsten Reiserouten in
Persien. Schneewehen machen jede Wagspur unsichtbar und begraben
nicht selten den unglücklichen, vom winterlichen Sturme überraschten Reisenden
in tiefen Schnee. Während im Sommer, wie wir bereits vor unserem
Eintritt in Sultanijeh mit grofsem Erstaunen bemerkten, ungeheure
Schaaren grofser Feldmäuse (hier einfach musch, Maus genannt) den Erdboden
nach allen Richtungen durchwühlen und dadurch dem Getreide
grofsen Schaden anthun, ist im Winter der Wolf die Plage voii Mensch
und Vieh. Grofse- Rudel dieser Raubthiere zeigen sich dann auf der Hochfläche
und fallen selbst Karawanen an, um ihren Heifshunger zu stillen.
Bei einem Orte, den man Mirabdd nannte, rechts von der Strafse,
lagerte unter runden Zelten eine Abtheilung persischer Serbaze, welche angeblich
zu unserem Schutze von Zendschdn aus dorthin verpflanzt waren,
aber kein Lebenszeichen vön sich gaben. Die Luftspiegelungen wiederholten
sich so häufig, als den Tag vorher. Wir sahen hellblitzende Seen, und lange
Wasserstreifen, die sich am bergigen Horizonte hinzogen, sich aber später
in dürre Haidekrautsteppen auflösten. Die Dörfer, die zu beiden Seiten
unserer Strafse lagen, waren von Pappelpflanzungen und Obstbaumschulen
in reichlicher Fülle umgeben. Sie verdankten ihr Dasein vorhandenen Wasseradern.
In Khurremdereh hatte man nach einem Marsche von 6 Fersach für
uns das Menzil bereitet. Trotzdem der aus Erdhütten bestehende Ort der
vielen blühenden .Obstbäume und Gärten halber freundliche Plätze hatte,
so | wurden wir dennoch in ein gartenloses schmutziges Gehöft einquartirt,
das einem Holzhändler zu gehören schien. Ratten, Mäuse und sonstiges
Ungeziefer plagte uns die ganze Nacht hindurch. Als ich am Morgen meine
Reitstiefel anzog, stiefs ich beim Hineinstecken des einen Fufses auf ein le
bendiges, laut quiekendes Hindernifs. Kaum konnte ich den Stiefel schnell
genug loswerden; schliefslich sprang eine fette Ratte aus der Oeffnuug heraus,
welche die Nacht über in dem Lederhause ihr Menzil aufgeschlagen hatte.
Am 2. Mai führte uns der. Weg auf einer Hochfläche zu niedrigen Höhenzügen,
linker Hand liegend, auf denen Ildts ihre Zelte aufgerichtet
hatten. Die letzteren sahen wie stehende Krinolinen oder grofse Hühner