die russischen Soldaten beeilten sieh, dio froindon (.«liste freundlich tuilzu-
nehmon. Dov hörst Orbeliani, derselbe, welohor gegenwärtig Gouverneur
von litlis ist und damals oino Abtheilung' dev Expedition coinniandivte,
bemerkte einen l nteroffi/ior, welcher, so schien es ihm, scheu vorfibor-
sehlieh und unter seinem Schafpelz etwas Umfangreiches sorgfältig vorbarg.
Er rief den Träger heran und in der Meinung, der Soldat vorstooko irgend
einen geraubten Gegenstand, befahl er ihm den l ’olz fortzunehmen. Was
meinen Sie. das er unter dem zottigen Kelle so sorgfältig barg? ein halb
erstarrtes Kindchen, das der brave Kriegsmann an seiner Brust unter dem
Kelze erwärmte! Der Körst drehte sieh gerührt um, und schien so was wie
Wasser aus den Augen zu wischen."
I nter diesen und ähnlichen Gesprächen verstrich der Abend auf das
angenehmste und belehrendste, und wir schienen beinahe mehr Gefallen an
dem russischen Soldaten, dem Ueberwindor des Kaukasus, als an den Bergvölkern
und den Bewohnern der Städte selber zu finden.
Die Kämpfe der Russen gegen die Tscherkessen haben ihre eigene
poetische Seite, die selbst im fernen Europa, wo genaue und ausführliche
Berichte selten hin gelangen, ungewöhnliche Spannung und Theilnahme
erregt. Was Wunder, wenn wir hier an der Quelle mit ganzem Ohre den
Berichten lausehen, welche Augenzeugen und Mitkämpfer am prometheischen
Felsen bei guter Stimmung in ungeschminkter Form zum Besten geben!
Alexander Dumas, welcher den Kaukasus im Jahre 1859 verliefs, hat
in seinem ..Le Caucase depuis Prométkée jusqu'à Chamyll“ eine Schilderung
seines literarischen Triumphzuges geliefert, bei welchem Russen und Tscherkessen
den belebten Hintergrund bilden.
Ohne einzelne Thatsaehen, abgesehen von der dichterisch erlaubten
Ausschmückung, in Abrede zu stellen, wird die Glaubwürdigkeit der Erzählungen
und des Erlebten im Kaukasus eben so sehr in Zweifel gezogen,
als die Indiscrétion andererseits einem schweren Tadel anheimfällt.
-Qu'il revienne, ce Monsieur Alexandre Dumas!“ hört man als be-
Esbiasfe SchWsphrase aller Urtheile über den französischen Schriftsteller.
Kiiru t, Itariatirmky.
Der Abend des 25. März war eben hereingebrochen. — Gegen 6 TJht
fuhr oino vierspännige Galakutsohe iri den Hof des Hötel du Oaucase,
wondeto um und erwartete geladene Gäste, um sie nach dem Palais des
Fürsten Bariatinsky zu führen.
Dio prächtigen Thiere, vier Rappen, standen bald auf der steinernen
Auffahrt vor dem Eingänge zum einfach, aber nicht ohne Geschmack erbauten
Palais des Fürsten-Statthalters, gegenüber der Wache, in der Mitte
des Boulevard von Tiflis.
Zwei kaukasische Schildwachen machen die fvmneürs, ein reich costü-
mirter Pförtner öffnet die grofse Glasthür; eine breite, mit Teppichen belegte,
mit blumen- und blüthentragenden Gewächsen decorirte Treppe führt
zunächst zum grofsen Empfangssaal.
Als Hauptschmuck fällt beim Eintritt ein w'oblgetroffenes Oelbild Kaiser
Alexanders II. in Lebensgröfse in die Angen.
Ein Riesenkranz wirklicher Blumen hängt an seidenen Schnüren von
der Decke hernieder. Ein Lichtkranz über den Blumen verbreitet glänzende
Helle in dem grofsen Saale, in welchem der Fürst allwöchentlich die mündlichen
und schriftlichen Gesuche von Bittstellern persönlich entgegennimmt
In dem nächsten anstofsenden Gesellschaftszimmer, woselbst rassische
Offiziere und Civilbeamte eine leise Unterhaltung miteinander führten, stand
ein langer Tisch an der Hanptwand. Eine Menge von Luxusartikeln, meist
Pariser Industrie, bedeckte seine ganze Fläche. Es war eine Ausstellung
von Geschenken und Gaben, die für einen wohlthätigen Zweck unter der
Aegide des Fürsten ausgespielt werden sollten.
An der Wand gegenüber hing eine Sammlung von Porzellanmalereien,
meist der heiligen Geschichte entlehnte Yorwürfe behandelnd.
Im dritten Salon war, nach ächt russischer Sitte, ein Tisch mit Speise
und Trank zum Vorimbifs aufgestellt. Kaviar, Sardinen, Rettige. Käse,
feine Liqueure, mit einem Worte eine Menge den Appetit reizender Sachen
werden vor jedem russischen Diner auf einem besonderen Tische, wo möglich
in einem Nebenzimmer verabreicht und stehend an- und eingenommen.
Dann erst geht das eigentliche Essen an.
Ich hatte die Ehre, dem Fürsten zum erstenmale vorgestellt zu werden
und ihn zu sehen. Eine schöne männliche, äeht ritterliche Gestalt von einer
einnehmenden Liebenswürdigkeit Die Züge des Fürsten, dessen Stammbaum
bis auf Rurik, den Gründer des russischen Reiches aufsteigt, gehören