nigen Strafse vergifst man die Zeit beim Anblick des ehrwürdigen Ararat,
dessen Spitze eine böses Wetter verkündigende Nebelkappe verhüllte. Der
majestätische Schneeberg erhob sich rechter Hand von unserem Wege. Die
tatarischen Berittenen hielten mit der langen bepuschelten Lanze ein wahres
Reise - Festturnier.
Etwa zehn Minuten vor der Ankunft sahen wir drei Kirchen mit Thürmen,
in einem eigenthümlichen Stile erbaut, vor uns. Die mittlere war die gröfste.
Hier ist der Sitz des Katholikos, des Papstes der armenischen Christen.
Etschmiadsin spielte in dem Kriege der Russen und Perser, welcher
nach dem Siege von Elisabethpol und nach der Eroberung von Eriwan und
Täbriz mit dem für die Perser ungünstigen Frieden von Turkmantschai
(d. 10/22. Februar 1828) endete, eine bedeutende hervorragende Rolle. Die
Provinzen Eriwan und Naehitschewan gehörten noch in den zwanziger Jahren
dieses Jahrhunderts zum persischen Reiche. Die armenischen Christen,
von jeher ein Spielball in den Händen fanatischer Sunniten und Schiiten,
die bald unter dem Namen der Türken, bald unter dem der Perser die
alten Landesbewohner bedrückten und quälten, erhoben lange Zeit vergeblich
ihre Stimme um Hülfe, da politische Schmerzensschreie in diesen Gegenden
vor dem blanken Säbel verstummen. Die Tyrannei nahm so überhand,
dafs eines schönen Tages der armenische Katholikos mit den Heilig-
thümern von Etschmiadsin und dem ganzen Mönehstrosse den hohen
Klostermauern den Rücken wandte, zu den russischen Nachbarn floh und
hier Schutz und Hülfe suchte.
Die Perser liefsen sich den Abzug nicht so ruhig gefallen, und verlangten
die Auslieferung des armenischen Papstes. Die Russen hatten ihn
zu lieb, um ihn herauszugeben, und so ward unter anderen Gründen auch
dieser Umstand die Ursache zu einer Kriegserklärung. Graf P a s k e w i t s c h ,
der später durch den Beinamen E r iw a n s k i geehrt ward, rückte mit einer
russischen Armee in Armenien ein, eröffhete den Feldzug mit der Eroberung
von Etschmiadsin d. 27. April 1827, nahm Eriwan, und Naehitschewan
ein, setzte über den Araxes, bemächtigte sich der Stadt Täbriz und war
bereits mit seinen Soldaten bis zum Kaflan-kuh vorgedrungen, als sich die
Perser plötzlich, aber leider zu spät, eines Besseren besannen und durch
den bekannten Vertrag von Turkmantschai dem ganzen Kriege ein Ende
machten. Rufsland erhielt auf ewige Zeiten die Khanate von Eriwan und
Naehitschewan, so wie den früher ihm bereits einmal gehörigen Theil des
Khanats Talisch, am kaspischen Meere, und aufserdem eine Summe von
zwei Kururen Tomans oder einer Million persischer Ducaten.
Nach dem für die russischen Waffen glücklich beendigten Feldzuge
gegen die Perser zog der Katholikos der Armenier von Neuem in Etschmiadsin
ein. Das ganze Kloster ward durch russische Freigebigkeit restaurirt und
verschönert und bald lud der mohamedanischen Ohren so verhafste Ton
der hellen Kirchenglocken von Etschmiadzin zum christlichen Gottesdienste
ein. Seitdem blüht das armenische Rom als ein vielbesuchter Wallfahrtsort,
zu dem wenigstens einmal in seinem Leben der fromme Armenier
pilgern mufs.
Etschmiadzin, der Ort, ist weder schön noch grofs. Das Kloster mit
der Kirche, wovon sich eine leidliche Abbildung in dem bekannten Werke
von Gille über den Kaukasus vorfindet (S. 319), ist von einer hohen Erdmauer
umschlossen, die auf drei Steinlagen ruht und in angemessenen Entfernungen
von Thürmen unterbrochen wird. In den Kriegen der Türken
und Perser ist sie oft berannt worden und hat stets ziemlich lange Widerstand
geleistet.
Das Thor, welches den Eingang in das Innere öffnet, führt zuerst in
einen langen Gang, der durchaus kein kirchliches Aussehen h a t, sondern
rechts und links' eine lange Reihe von Buden enthält, die den Bazar von
Etschmiadzin bilden.
Am Ende des Bazars, der von armenischen Kaufleuten besetzt ist, die
meiStentheils Lebensmittel zum Verkauf anbieten, tritt man, sich links
wendend, in den grofsen Klosterhof ein. Alles zeugt hier von grofser
Ordnung, Sauberkeit und hat einen Anflug von Wohlstand, den man in den
christlichen Kirchen des Morgenlandes so häufig vermifst. Im grofsen
Viereck ringsumher liegen an der innern, der Kirche zugekehrten Seite der
hohen ’festungsartigen Mauern die Wohnungen der Mönche, die Speisesäle,
die Küchen, die Keller (Etschmiadzin bereitet einen ganz vorzüglichen Landeswein),
die Druckereien u. a. m. In der Mitte des Hofes, der mit grofsen
Steinplatten belegt ist, erhebt sich die Kirche, der St. Peter der armenischen
Christenheit.
Die Grundform ihres Planes ist ein regelrechtes Viereck. Die Hauptseite
desselben, da wo der grofse Eingang is t, schmückt ein Vorbau, der
auf vier Säulen ruht und mit ganz vorzüglichen Sculpturen versehen ist.
Dieser Vorbau dient als Träger des Glockenthurmes. Rechter Hand vom