sich meilenweit an der Küste ein langer dichter Wald hin, während hinter
ihm , wie Gletscher im bläulichen Lichtglanze besonnter Eismassen, eine
lange zusammenhängende Kette zackig-zerrissener Berge die dunkle Farbe
der Pflanzenwelt am Meeressaume nur noch greller hervortreten liefs.
In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend (4. März) hielten wir eine
Zeitlang in der Nähe des unsichtbaren Platzes Ordu, brachen spät auf und
eilten nun dem Endziel unserer Fahrt auf dem Lloyd zu. In der Nacht
mufste mitten auf dem Meere Halt gemacht werden. Der Schnee fiel in
so dichten Flocken, dafs man kaum einen Schritt vor sich sehen könnte
und das Deck des Schiffes zollhoch mit der gefrorenen Gabe des Jupiter
pluvius bedeckt war. Nach dem Schnee stellte sich ein feiner, alles durchdringender
Regen ein.
In der Frühe des nächsten Morgens zeigte sich hinter einem weit in
das Meer vorspringenden, höchst malerischen Felsen-Cap die alte Kaiser-
Stadt der Komnenen, Trapezunt. Das nächste Ziel unserer Reise- war
glücklich erreicht.
Im Grunde der tiefen Bucht des alten Hafens von Daphnus lagerte
sich eine lange Häuserreihe, bespült von den schäumenden Wögen des unruhigen
Meeres. Terrassenförmig erheben sie sich nach dem Hintergründe
zu , dessen schönster Schmuck die epheuumkränzte Feste der ehemaligen
Komnenen-Residenz ist. Kalt und rauh, aber malerisch unendlich schön
ist der Anblick nach der linken Seite der Bucht zu, wo am fernen Horizonte
die schneebedeckten lasischen Berge in wunderbarem Glanze aus dem
tiefblauen Meeresspiegel hervortauchen.
Die Flaggen der europäischen Konsuln flattern an allen Punkten der
Stadt lustig in die reine Luft hinein und begrüfsen den anbrechenden
Sonntags - Morgen. Wie wohl that e s, in der Nähe jenes dunklen, in das
Meer hervorspringenden Felsens, den vaterländischen Adler zu bewillkommnen
!
Unter den heranrudernden Barken, die von den Wogenbergen des aufgeregten
Meeres in wilder Bewegung hin und her geschleudert werden,
erkennen wir sehr bald das Boot des preufsischen Consuls Dr. Blau; ein
anderes, hinter ihm schaukelnd, führt den österreichischen Consul. Nach
den ersten gegenseitigen Begrüfsungen voll Wärme und Herzlichkeit wird
ausgeschifft, eine Arbeit, die nicht ohne Schwierigkeit von Statten geht.
Der nasse Weg zum Landungsplätze, in der Nähe der türkischen Douane,
dauert noch eine halbe Stunde. Zuletzt müssen die vier Ruderknechte
unseres Bootes, sehr geschickt die Rückkehr des Wogenschwalles nach
dem Ufer zu benutzend, das schwache Fahrzeug mit einem Ruck nach
dem Quai aufs Trockene schleudern lassen. Hamak nehmen uns auf
ihrem Rücken in Empfang und tragen uns durch die Brandung über Kiesel,
Seetang und Schneckengehäuse bis zum steinernen Damme am Meere.
Man mufs gern und freiwillig den Orientalen das Lob zugestehen, dafs
sie gegen empfohlene oder vornehme Gäste von einer vollendeten Cour-
toisie sind. Kaum haben wir den Fufs auf das Pflaster gesetzt, so erscheint
bereits der Ceremonienmeister des in Trapezunt residirenden Paschas,
Izzet, und schön geschirrte, m itg o ld - und silbergestickten Schabracken bedeckte
Pferde werden vorgeführt. Umgehen von einer neugierigen Menge
reiten wir einen steilen, gepflasterten Strafsenaufgang, der zwischen Felsenmauern
hinauf nach engen, schmutzigen Strafsen führt. Eine hölzerne
Baracke, mit Balconen und hängendem Garten im ersten Stockwerk, mit
Orangenbäumen im engen Hofe, führt den stolzen Namen: Hotel d Orient.
Hier nahmen wir unser Absteige-Quartier. Ein guter Kölner stellt sich als
Wirth vor; seine ehrsame Frau, eine, gebome Griechin, lernen wir vorher
durch eine ungewöhnlich laute Stimmbegabung kennen, ehe es uns vergönnt
ist, dieselbe von Angesicht zu Angesicht zu sehen.
Bei der eisigen Kälte reichen die glühenden Mangals in unseren engen
Zimmern nicht mehr aus. Man ist so glücklich, in der Stadt kleine eiserne
Oefen aufzufinden; die Schätze werden eiligst mitten im Zimmer aufgepflanzt,
bewundert und geheizt. Die nächste Folge davon ist Rauch,
Qualm, Hitze und Kopfweh.
Man wird es uns erlassen, eine Schilderung freundlicher Besuche der
in Trapezunt residirenden europäischen Consuln und Beamten, der erwiesenen
Gegenbesuche, der Einladungen und Zusammenkünfte zu gewähren.
Es war, um es mit wenigen, aber dankbar gemeinten Worten zu sagen,
ein edler Wettstreit zwischen den Vertretern europäischer Mächte an der
Südküste des schwarzen Meeres den Mitgliedern der preufsischen Gesandtschaft
nach Persien den Eintritt in Asien so leicht als angenehm zu machen,
und es war in der That dies Bestreben in der vollständigsten Weise gelungen.
Dem türkischen Pascha, welcher seinen eigenen Sohn beauftragt hatte,
den Abgesandten Preufsens zu begrüfsen, wurde noch an demselben Tage