berges ans, berüchtigt durch die Anwesenheit vieler giftigen Reptilien.
Einen Mafsstab für seine Höhe gewährten die Wolkenlagen, welche seinen
Gipfel dicht umschleiert hatten. Zwei Stunden vor Sonnenuntergang lag
das gartenreiche Nachitschewan vor uns. Der Name des Ortes, der ehemals
durch Monumente und eine zahlreiche. Bevölkerung armenischen
Ursprunges ausgezeichnet war, jetzt aber verfallen und verlassen ist, bedeutet
im Armenischen soviel als die „erste Wohnung“. Natürlich mufs
Noah herhalten als erster Bewohner derselben zu gelten; darum wird auch
sein Grab in der Nähe von Nachitschewan den Leuten gezeigt. .
Der Hauptgrundbesitz in Stadt und Umgebung ist in den Händen
zweier Brüder, Kalbelai-Klian und Ismael - Khan, beide Offiziere in russischen
Kosaken-Regimentern. Ismael-Khan hatte sich’s nicht nehmen lassen,
seinen prachtvollen Schimmel zu besteigen, den schwere goldene Ketten
um Hals und am Kopfe sehmückten, und sich an die Spitze einer gTofsen
Anzahl tatarischer Reiter zu setzen, um den preufsischen Abgesandten bei
seiner Ankunft in Nachitschewan zu begrüfsen.
Das Haus des russischen Sehuldireetors diente als Absteigequartier.
Ein russischer..Oberst kommandirta die Ehrenwache vor dem Hause.. Die
Einwohner der Stadt, Armenier und Tataren, präsentirten Hrn. Baron
von Minutoli Salz und Brod auf einem Teller, eine rührende Landessitte,
wozu Einer derselben eine kurze Anrede hielt. Man sieht, dafs die Ankunft
einer Gesandtschaft in Nachitschewan ein besonderes Ereignifs für
die Stadt ist, in welcher Noah' seinen ersten Wohnsitz nahm.!
Die Häuser der Schule, der Douane, der Post und der wenigen Beamten
der russischen Regierung sind aus Stein gebaut. Die ganze übrige Stadt
sieht wie ein durchstochener Erdhaufen aus. Das grofse und sehr geräumige
Haus Ismael-Khan's ist im persischen Geschmack aufgeführt, doch mit
den Verbesserungen einer wohlangelegten europäischen Haushaltung. Die
baulichen Ueberreste des Mittelalters vor seinem Hause,, ein grofser schöner
Thurm in arabisch-persischem Stile und ein Thor mit zwei halbverfallenen
minaretartigen Thürmen darauf, aus der Seldsehuckenzeit, gaben die ersten
schönen Beispiele morgenländischer Baukunst im wirklichen Sinne des Wortes.
Im Hofe des Khanes sahen wir, die Mauer entlang, eine Reihe von
acht Falken und Sperbern auf eisernen Ständern sitzen, die hier zur Jagd
auf Gazellen und Vögel abgerichtet werden und neben schönen Pferden eine
noble Passion reicher Leute bilden. Diese Liebhaberei ist persischen
Ursprunges. In unserer Gegenwart wurde ein Falke auf ein graues Rebhuhn
mit rothen Augenrändern losgelassen. Wie ein Pfeil schofs er auf
das Rebhuhn zu und hielt es so lange mit seinen Krallen am Erdboden
fest, bis der herzueilende Diener das geängstigte Thier aus der gefährlichen
Lage befreite. Bei der Jagd auf Gazellen leisten die Falken dem Jäger
g r o f s e 'Dienste, da die flinken Thiere weder von Pferden noch Hunden zu
erreichen sind. Der Falke schiefst auf -die Gazelle los, setzt sich auf den
Kopf derselben und beginnt damit, dem armen Thiere die Augen auszuhacken.
Dem Jäger wird es nun leicht, sich der Beute zu bemächtigen.
Die Perser pflegen den Haussieren, au f welche sie einen besonderen
Werth legen, als Pferden, Eseln, Hunden u. s. w. Amulette umzuhängen.
So trugen auch die Falken Ismael-Khan's rothe Amulette um den Hals, um
sie vor Krankheit oder sonstigem Unglück zu bewahren. Der Kampf zweier
fettschwänzigen Widder interessirte uns diesmal weniger, als die Falken
und Sperber mit ihren klugen Augen.
Wir nahmen fünf volle Tage unseren Aufenthalt in Nachitschewan.
So sehr es uns drängte, baldmöglichst die so nahegelegene persische
Grenze zu erreichen, so sehr durfte die persische Hofetiquette nicht
aus den Augen gelassen werden , welche den Empfang fremder Gesandten
durch den persischen Mehmendar oder Reisemarschall gebietet. Der
für die preufsisohe Mission bestimmte war immer noch nicht angekündigt
worden, wir mufsten deshalb bessere Nachricht abwaften. Ein tatarischer
Tschapdr oder Courier brachte uns die erbauliche Kunde, dafs
der persische Herr Mehmendar, der unsere Gesandtschaft an der Grenze
empfangen und über Täbriz bis Teheran geleiten sollte, in der Meinung,
wir kämen durch Kleinusien, den Weg nach Erzerum statt nach Dschulfa
eingeschlagen habe und bei dieser Irrfahrt von den Kurden rein aus-
geplündert worden sei. Die voraussichtlich längere Verzögerung unserer
Abreise gab uns somit Gelegenheit, mehr als wir hofften von Nachitschewan,
seiner Bevölkerung und seiner Umgegend kennen zu lernen, und so
liefen wir bald zu Pferde, bald zu Fufs durch Stadt und Land. Des Abends
hatten wir häufig Gelegenheit, den Gesang des Mollah von Nachitschewan
zu hören, der das niedrige Kuppeldach der Moschee bestieg und nun, die
Hände in die Seite gestemmt, die spitze persische Mütze hintenübergesetzt,
seinen Glaubensgenossen das schiitische Glaubensbekenntnifs mit gellender
Stimme zurief. Der Mollah war zufällig während unserer Anwesenheit in