eine solche herrliche Frucht. Da sah man wohl, dafs die Melone kein Gift
s e i, der König und die Wezire afsen von den Melonen und waren lustig
und guter Dinge. Die schöne Frucht aber nannte man fortan E s e lz ie g e .
Das Dorf Khan-abad sah so elend wie die ganze Umgegend aus, deren
Melancholie selbst der Anblick der „Eselziege“ nicht verscheuchen konnte.
Zerklüftete hohe Erdwände und Thürme bildeten seine Umfassung, und
ebenso erdig und verlassen schauten die Hütten mit ihrem Kuppeldach
drein. Die Nähe der Salzwüste hatte selbst das Wasser verdorben, das in
einem schmalen Rinnsal bei Khan-abad vorbeiflofs. Unser Menzil, Wahrscheinlich
doch das beste Gehöft im Dorfe, sah gleichfalls ganz jämmerlich
aus; die Wände waren geborsten und halb eingefallen, und die vom Rauch
geschwärzten Kuppeln drohten alle Augenblicke mit jähem Einsturz. Wir
machten nichtsdestoweniger unser Nest in einem solchen verräucherten
Loche mit hängendem Gewölbe, krochen unter unsere Decken und vertrauten
auf des Allmächtigen Güte, ohne dessen Willen kein Haar vom
Haupte und kein Sperling vom Dache fällt. Die Leutchen, im Dorfe waren
höflich und zuvorkommend, die Frauen, häfslich wie die Sünde, gingen
unverschleiert, zogen aber einen Zipfel ihres Kopftuches über das Gesicht,
wenn Einer von uns Europäern den Damen ins Angesicht zu blicken wagte.
Es ist etwas Schönes und Erhebendes, in fernen Weltgegenden auf
dem Boden uralter Kultur einherzupilgem und sich in die Zeiten vergangener
Geschlechter, von denen uns die Geschichte meldet, an Ort und Stelle
zurückzuversetzeu. Aber doch ist hier die Gegenwart so traurig, so abgestorben
die Umgebung auf und an der Straße, dafs selbst die lebhafteste
Phantasie wenig innern Drang finden dürfte, das Bild der Strafse von Hamadan
nach Teheran, oder von Ectabana nach Rhagae, um mit den Alten
zu reden, sich in jener geschichtlich denkwürdigen Epoche auszumalen, als
Alexander, in der Verfolgung des fliehenden Darius begriffen, mit seinem
Heere auf demselben Karawanenwege einherzog. Wir dachten nicht an
Alexander, nicht an Darius, sondern fragten uns selber stillschweigend, ob
zu den Zeiten jener Könige die persische Poststrafse ebenso düster und
abschreckend ausgesehen habe, als in der Gegenwart.
Um zwölf Uhr Mitternacht brachen wir von Kha,n-abdd auf und erreichten,
ohne Zwischenrast gehalten zu haben, das Menzil des 5. Septembers
gegen acht Uhr in der Frühe. Die Strafse bog an einigen Stellen
winkelförmig von der graden Richtung ab und hielt die Direction nach
NWW. ziemlich genau inne. Der Mond, obschon hin und wieder von einem
Wolkenschleier umhüllt, schien hell und klar und beleuchtete' eine Wiese
von ufigebeuyer Ausdehnung, die nur mit Haidekraut bewachsen, keine Spur
von Wasseradern zeigte. Die Luft war herbstlich kalt und gegen Morgen
so, schneidend, dafs die Zähne vor Frost klapperten. Nach Süden hin
schien sich die Ebene in weiter Ferne fortzusetzen; vegetationsleere, todte
Hügelgruppen erhöben sich rechts von der Strafse am Horizonte. Linker
Hand stiegen ähnliche in den Morgenhimmel empor, viel niedriger als die
vorher erwähnten:r aber malerischer durch den Reichthum der Gestaltung
und zu großen Plateau’s abfallend.- Am Fuße der letzteren traten einzelne
Dörfer aus dem Morgennebel hervor, wie gewöhnlich durch festungsartige
Mauern und Thürme von der Außenwelt abgeschlossen. Unser Quartier
lag in der Nähe eines zerfallenen'Dorfes, das eine Höhe von mäßiger Ausdehnung
einnimmt, und bestand in einer- ärmlichen“Behausung, in der sich
häßliche Manns- und Weibsbilder herumtummelten. Der Ort führt den
Namen K ö sch k eh obgleich in seiner Nähe- ein kleines Rudkhaneh mit trinkbarem
Wasser vorbeifließt, so war dennoch die Vegetation äußerst spärlich
und dürftig.
Wir befanden uns bereits in dem Theiie Persiens, welchen die Eingeborenen
semt-i-ärak „Strich von Irak“ benamten. Die Leute sprachen
ebenso gut und verständlich das Persische als das Türkische, daneben aber
noch eine .Sprache, welche sie mir auf meine Frage als Khalaäschi näher
bezeichneten. Es scheint ein Patois zu sein,- dessen Grundlage das eigentliche
Persßch ist,' vielfach vermischt und vermengt mit Ueberresten einer
alten Sprache, welche noch gegenwärtig in den Dörfern Khaladsch am
Urumieh-See im Volksmunde leben sö-11. Dies deutet darauf hin, dafs die
Bewohner von Köschkeh von dort aus hierher eingewandert oder verpflanzt
worden sind. Von ihrer Sprache will ich nur wenige Proben geben, um
den Kundigeren wenn auch nur schwache Anhaltepunkte zur Bestimmung
jener alten Sprache zu gewähren.
Persisch: Khäladschi:
. deh ' deh, Dorf.
khcmbh. . hesdr, Haus.
ufaq Jde, Zimmer.
der berr, Thür.