darunter auch Frauen, diese jedoch abgesondert von den Mannsbildern,
auf dem Fufsboden gruppenweise hockend und knieend.
Um die Aja Sophia zu sehen, bedarf es eines besonderen Firmans,
dev durch Vermittlung der betreffenden Gesandtschaften zu erhalten ist.
Der Firman so wie die Trinkgelder für den heutigen Besuch der Kirche
und Schlösser kostete über 50 Thaler. Natürlich waren die Empfänger
dieser Summe damit noch lange nicht zufrieden gestellt. Wir sind bereits
im Orient.
V. Kapitel.
B e im S u l t a n .
Es ist stets ein eigenthümlich ergreifender, fast möchten wir sagen
banger Augenblick, der uns Söhne des Staubes vorbereitet vor einem
Manne zu stehen, dessen geheiligtes Haupt die königliche Krone schmückt.
Und nun gar vor dem allmächtigen Beherrscher der Gläubigen, dem grofsen
Padisehah in Stambul, zu dem noch vor zwei Jahrhunderten die Abgesandten
der mächtigsten Fürsten Europa's nur in jener Stellung erscheinen
durften, die dem griechischen Sprachgenius die Bildung des klassischen
fiQogxwsiv entlockte, und welche wunderbar genug, obgleich auf das
freiwilligste — die neueste Geschichte in den kaiserlichen Hallen zu Fontainebleau
am 29. Juni dieses Jahres wiederholt sah.
Der K. Gesandte erhielt die Ehre einer Einladung vor dem Sultan zu
erscheinen am 24. Februar. Hr. Graf von der Goltz und Fuad Pascha
sollten den würdigen Vertreter Preufsens im schiitisehen Teheran dem
sunnitischen Sultan vorstellen. Wir anderen schlossen uns als Begleiter
des Gesandten an. Graf Lynar, Attaché der preufsischen Gesandtschaft in
Konstantinopel, verlieh der bescheidenen Begleitung einen besonderen Glanz.
In dem neuen am Ufer des Bosporus gelegenen Palast des Sultans,
Dolma - baghtsche, sollte die Audienz Statt linden. Wir alle waren voller
Spannung und Erwartung.
Zwei grofse Kutschen führten uns den weiten Weg zum Palast; die
Länge liefse sich gern ertragen, hätten die Pflastersteine nicht die Unhöflichkeit
gehabt, den eingeschlossenen Frengi en grande tenue die jämmerlichsten
Stöfse von allen Seiten auszutheilen. Erst wackelten die vierrädrigen
Kasten durch die Strafsen Pera’s, dann sanken dieselben in die
tiefkothige Chaussée ein, welche an der Kaserne der Garde-Artillerie vorbeiführt
und rechtsum bergab zum Meeresgestade und zum Palast des
Sultans abbiegt. ' . ,
Ich bin diesen Weg gern zu Fufs gegangen, da e r, sehr ähnlich der
Landstrafse auf dem Karst vor Triest, mit einer reizend schönen Aussicht
über Land und Meer hin endet. Wer hätte Konstantinopel gesehen, ohne
des Abends von Bellevue aus das Panorama auf das blaue Meer und die
gegenüberliegende bergige asiatische Küste in seiner ganzen Herrlichkeit
und Schöne tief bewundert zu haben! Im rothen Flammenschein strahlen
die glitzernden Fenster Scutari’s der untergehenden Sonne den feurigen
Scheidegrufs zurück. Wie dunkle Nachtgestalten erheben sich aus der
Todtenstadt zahllose Cypressen, und schauen mit ihren düsteren Kronen
in den abendlichen Himmel hinein. Endlich sinkt die Sonne, Nebel und
Nebel steigen langsam aus dem feuchten Bette des Meeres in die Höhe
und bedecken die Landschaft mit einem halbdurchsiehtigen Schleier. Aber
die abendliche Dämmerung macht ihnen den Kampf streitig, und bald
hüllt die Königin Nacht Berg und Meer mit undurchdringlicher Finsternis.
Dein Herz wird still und ruhig, die ganze Natur ist e in Schweigen, nur
das Rauschen der nassen Welle tönt von der Brandung lauter und immer
lauter zu dir hinüber.
Und, unbelauscht, in der heiligen Stille einer Nacht am Bosporus,
wendest du dein Auge wehmuthsschwer nach dem leuchtenden Abendstern.
„Grüfs mir die Lieben in der Heimath!“- rufst du ihm zu, und strahlender
scheint er zu funkeln, als habe er den Grufs des Einsamen verstanden. -
Bald befanden wir uns. am Eingänge dies Palastes. Die Wache am
Thore erwies den Gästen ihre militärischen Honneurs nach türkischer
Weise, und wir wurden von einem Kammerherrn des Sultans nach einem
Wartezimmer geführt, das eine Treppe hoch in einem Vorgebäude gelegen
war. Die Fenster gingen nach dem Meere hinaus; die brennende Sonne
hatte die Farbe aus den aufgestellten Sophas und Lehnstühlen bereits
tüchtig ausgesogen, und die Feuchtigkeit des Meeres zwei grofse Spiegel
mit Blindheit geschlagen. Die Luft war kalt und rauh , ein feuchter Wind