zug der persischen Sitte scheint es zu sein, dafs auf dem platten Lande
die Weiber und Kinder den gröfsten Theil der Arbeiten verrichten müssen,
während die Männer lungern und mit dem Rauchen des Kaliun die kostbare
Zeit todtschlagen. Die Weiber dürfen nur gelegentlich einen Zug aus
der Wasserpfeife thun, die in Städten und Dörfern ein sehr beliebtes Unterhaltungsmittel
der persischen Damenwelt ist.
Wir legten uns zeitig nieder, um am nächsten Morgen desto früher
aufbrechen zu können. Trotz des regelmäfsig am Abend nach Sonnenuntergang
eintretenden Windes, welcher die Luft abkühlt und reinigt, war die
Schwüle in der Frühe des "25. Juli sehr drückend und erschlaffend. Das
Thermometer zeigte um 8 Uhr Morgens nicht weniger als 4- 17 0 R. Eine
Stunde später zogen wir aus dem Schlosse, herniedersteigend zum unteren
Rande des Dorfes, auf dessen Hütten, oben auf den Terrassen, Männer,
Weiber und Kinder unter dünnen Decken noch in tiefstem Schlafe begriffen
waren. Nachdem wir einem lautmurmelnden Bache als Wegweiser gefolgt
waren, der in der Nähe reicher Felder und üppig wuchernder Pflanzen-
und Baumfülle zu äufserst traurigen Felsmassen vor uns geleitete: erstiegen
wir allmählig einen schmalen Bergrücken, der sich in einem vulkanischen
Thale wie ein Eisenbahndamm, an der linken Seite nach dem Bache hin
abfallend, in bedeutender Steile erhebt. Die Bergmassen, die Felsen, die
Steine zu unseren Füfsen, alles ist riesig, kolossal, vulkanisch, grauenhaft,
schweigsam, und erinnert lebhaft an die enge Felsenspalte des ägyptischen
Todtenthales von Biban-el-moluk, nur hier alles gröfser, gewaltiger. Am
Ausgange desselben öffnete sich-ein weiter Bergkessel, von Massen eingeschlossen,
die im Verhältnifs zu den eben beschriebenen Felsen standen,
wenn nicht sogar dieselben übertrafen. Eine spärliche Vegetation bedeckte
einzelne Stellen des Bodens, auf dem wir standen. In einer dunklen,
schattenreichen Ecke des Bergkessels hatten Nomaden fünf oder sechs
ringsum mit Matten bedeckte Zelte - aufgeschlagen; schmutzige Weibsbilder
safsen in der Nähe und bereiteten in folgender eigentümlichen Weise die
Butter. Zwischen drei Stöcken, die oben miteinander verbunden sind, unten
stuhlartig abstehen, hängt ein mit Milch gefüllter Ziegenschlauch, der von
den Weibern heftig hin und her geworfen wird.. Nach kurzer Frist ist die
Butter fertig; freilich sieht sie nicht sehr appetitlieh aus und" Jemand, der
sieh bei dem Anblick von Haaren in menschlichen Nahrungsmitteln ereifert,
würde bei dem Anblick der Ilat-Butter aus der Haut fahren. Ein männliches
Mitglied .der Tribus, welche uns als Helauwan bezeichnet wurde und
deren Zahl kheili! d. h. - „viel, sehr grofsf* sein soll, beeilte sich, uns Brot,
Eier, Milch und Wasser anzubieten. Es gestand sehr offen und treuherzig,
dafs sein Stamm am meisten durch Stehlen gewinne und gab als Grund
dieser charakteristischen Eigenschaft äufserst naiv an: „weil die Sachen
anderer Leute besser als die. ihrigen wären“. Die Sprache dieser Leute
ist persisch, jedoch mit dialektischem Anstrich ; so z. B. nannte der Mann
ein Schaf (persisch bef-reh) giirrih, Eier (pers. tokhmeh-murgh) dschily.
Der schwierigste Theil der heutigen Rgise stand uns noch bevor,, die
Besteigung des Berges,'der in östlicher Richtung nach der Seite der Landschaft
Mazenderan hinführt. Die Passage ist furchtbar. Der Weg führt in
lauter Windungen etwa zwei und eine halbe Stunde aufwärts, in steiler
Höhe* über grofse und kleine Felsstücke hinweg, hier und da mit Spuren
alten Pflasters. Zum Unglück kamen uns Esel- und Maulthier-Karawanen
entgegen, die mit Waaren, vor allen -mit Holzkohlen aus Mazenderan belastet
waren, und denen wir kaum im Stande waren auszuweichen.
Unauslöschlich wird mir in der Erinnerung der feenhaft prächtige Anblick
auf der Höhe des Berges sein, die hier den Namen des Passes von
Gosch-khanah führt. Nie hatten wir den Demawend in so massenhafter
Kegelform gesehen. Er überragte in seinen kolossalen Verhältnissen wie
eine Pyramide die aufgethürmten Bergrücken vor uns, die in ihren helleren
und dunkleren Schattirungen bis zum verschwimmeriden nebelhaften Blau
hin einen wunderbar malerischen Anblick gewährten. In der Tiefe, zu unseren
Füfsen, lag mindestens 2000 Fufs unter uns eine breite Ebene, welche
die Berggruppen diesseits und jenseits von einander trennte. Die Vegetation
war hier wie auf unserem übrigen Wege, den wir an dem heutigen
Tage zurückgelegt hatten, mit Ausnahme der kurzen Strecke hinter Afdscheh,
spärlich, dürftig, auf wenige magere Pflanzenformen beschränkt, die hier
und da zwischen den Steinen und unter schattigen Felsblöcken Wurzel geschlagen
hatten.
Eine Stunde dauerte auf ziemlich breitem, wenn auch abschüssigem Bergpfad
das Herniedersteigen. Seitwärts rechts von unserer Strafse erhob sich
eine mächtige Felswand, deren Steilabfall stets riesiger wurde, je mehr
wir uns der Ebene zu unseren Füfsen näherten. Auf der letzteren hielten
wir uns auf der rechten Seite, begegneten daselbst von Neuem einigen
Zelten der Ilat und hatten endlich die Freude, durch den vielarmigen Lar