kriegerischen Reitervolkes unter einander genügt, um jedes Zusammentreffen
mit einem derselben allein unter vier Augen nicht sehr herbeizuwünschen.
Bei unserer Einfahrt in Naurosoli begegneten wir einem sehr schmutzig
aussehenden Zigeunermädchen von der Bande, welche sich draufsen vor
dem Orte gelagert hatte. In ihrer Farbe und Gesichtsbildung war sie in
nichts von einer Negerin verschieden, auch die schönen blendend weifsen
Zähne wiesen auf diesen Vergleich hin, obgleich wiederum das lange pechschwarze
Haar sie von der Negerrasse trennte. Sie war sehr dürftig mit
rothen Fetzen und Lappen behängt, die sie nachlässig um den dunklen
Körper geworfen hatte. Die Zigeuner, als deren Heiinath neuere Forschungen
Indien mit grofser Wahrscheinlichkeit nachgewiesen haben, sind über
ganz Asien hin zerstreut. Ihr unstätes Leben treibt sie bald hier, bald
dort hin. Wir werden Gelegenheit haben, sie später in Persien wiederzufinden
und Näheres über sie anzuführen.
Für einen Pferdekenner und Pferdeliebhaber mufs der Aufenthalt in
diesen Theilen Armeniens ein besonderes Interesse durch das Studium der
schön gestalteten, meist kräftig gebauten Pferde darbieten, die aus den
Pferdezüchtereien der reichen tatarischen Khane hervorgehen. In östlicher
Richtung von unserer Strafse, eingeschlossen von den Flüssen Aras und
Kur, liegt die bergische Landschaft Kara-bagh (Schwarzgarten), berühmt
durch die Schönheit ihrer Pferde, die weniger von den Persern, wohl aber
von den Russen und den Eingeborenen geschätzt und gesucht werden. Ein
Tataren-Khan liefs in Naurosoli einen prächtigen Hengst, goldfarbig, von
arabischem Blute, vorführen, der als Beschäler weithin in der Gegend berühmt,
zugleich aber wegen seiner Wildheit so berüchtigt ist, dafs ihn bis
zum Zeitpunkte unserer Anwesenheit Niemand zu bändigen wagte.
Mit dem Anschauen des schönen, edlen Thieres beschäftigt, bemerkten
wir kaum, dafs eine grofse Menge von Tataren, alte und junge, aus den
Löchern ihrer niedrigen Erdhütten gekrochen war, und theils auf der
Strafse, theils auf den Dächern herumstand und hockte, um uns fremde
Gäste näher in Augenschein zu nehmen. Die Weiber, das Gesicht ziemlich
unverhüllt, hatten in angemessener Feme von den Männern ihren Standort
gewählt. Ihre Züge zeichnete eine unangenehm berührende Häfslichkeit
aus, etwas Hexenartiges, das zu dem schönen Typus der kräftigen Männerwelt
in keiner Weise pafste. Sie waren mit enganliegenden Hosen bekleidet,
die über dem Fufsknöchel zusammengeschnürt werden, dazu trugen sie
Röcke von bunten Stoffen, die an den Seiten aufgeschlitzt waren, und hatten
sich rothe oder weifse Tücher um den Kopf und den Hals geschlungen.
Auch diese Tracht ist unschön und harmonirt wenig mit der kleidsamen
Umhüllung der Männerwelt. Leider haben beide Geschlechter die Gewohnheit,
sich die Nägel an Händen und Füfsen und sonstige Körpertheile, vor
allen aber die Männer den Bart, mit Henneh roth zu färben, so dafs sie bisweilen
ein wahrhaft teuflisches Aussehen haben.
Es ist eigenthümlich, wie die Sitte der rothen Färbung so durchgehend
bei den Völkern des Orients ist. Sie mag auf alten Gewohnheiten beruhen,
die zum Theil schon von den Alten angedeutet worden sind, ein gutes
Stück ihres Bestehens verdankt sie indefs dem Aberglauben, dafs die Färbung
mittelst der Hennehpflanze vor gewissen Krankheiten schützen soll.
Nicht nur die Menschen bemalen in der angedeuteten Weise sich selber, sogar
den Schimmeln unter den Pferden wird der ganze untere Theil des
Schwanzes reichlich mit Henneh roth gefärbt.
Um ^11 Uhr erreichten wir die nächstgelegene Station Kamerlu. Eine
Schaar berittener Kingerli-Tataren begrüfsten mit einem lauten Saloh! den
Gesandten. An ihrer Spitze ritt, ausgezeichnet durch sein glänzendes, reich
mit Silber besetztes Costüm, der Anführer oder Jüzbaschi des Häufleins,
ein Khan des Ortes, in den wir bei ziemlich gutem Wetter einzogen. Das
Wort Khcm, früher gleichbedeutend mit Gouverneur eines Ortes und einer
Provinz, hat in diesen Theilen Rufslands so wie in Persien seine alte Bedeutung
verloren und entspricht einem erblichen Adel nach unseren Anschauungen.
Während, wie im östlichen Asien, als Titel Khan, z. B. von
Khiwa, gradezu den König bezeichnet, ist das Wort Khan dem Eigennamen
nachgesetzt, wie z. B. Jahijä Khan nur Ausdruck einer adligen Rangstufe.
Die Gebirgsformen zur linken Hand unserer Strafse treten immer
näher. Ein wildes, ödes, zerklüftetes Gestein ohne eine Spur von Vegetation,
von dunkelbrauner Färbung, durch und durch vulkanischen Ursprunges.
Vor allen fällt ein gigantischer Bergkolofs von violettrothem Gestein,
in einer Entfernung von etwa zwei deutschen Meilen ins Auge. Hier ist
der Aufenthalt einer reichen Zahl von Tigern, Panthern und Bären, die
bisweilen in die Hochebene herniedersteigen und, mit Ausnahme der Bären,
den freigelegenen tatarischen Dörfern unangenehme Besuche bereiten. Die
Bären werden von den Eingeborenen in keiner Weise gefürchtet. Sie ver