Was soll ich viel sagen? Riza, wie-meist immer, überredete mich;
ich gab den Leuten ein kleines Geschenk. Als ich mich nach einer Weile
auf dem Pferde umdrehte, -sah ich Riza von dem Raub an meiner Gut-
miithigkeit seinen Antheil nehmen. Er hatte es wie immer verstanden,
sein MudakhU in schlauer Weise zu erpressen.
Kaum hatten wir die Höhe des Passes' im Rücken, so breitete sich
plötzlich in ganzer Ausdehnung am Fufse des Eiwend-Gebirgsstockes die
grofse Ebene von Hamadan mit dem Hauptorte gleichen Namens und einer
zahlreichen Menge bebauter Felder vor unserm Auge wie ein schönes duftiges
Bild von mächtiger Gesammtwirkung aus. Persien bietet wundervolle
Naturgemälde dar; die Zusammensetzung der Bilder ist unendlich einfach,
aus wenigen Linien bestehend, ohne Details, aber darüber hin ist ein Farbenschmelz
ausgegossen, dessen fesselnder Zauberreiz auf das .schwelgende
Auge sich schwer beschreiben läfst. Die Farben sind weder stark aufgetragen,
noch saftig und frisch, sondern durchsichtig, zart, ätherisch.
Hamadan, sein riesiger Nachbar im Hintergründe, die, fruchtbare Ebene zu
seinen Füfsen, ist nicht der schlechteste Punkt unserer Reise gewesen. Mit
Recht ist die Lage- der Stadt mit der von Brusa in Klein-Asien an den
Abhängen des Olymps von den Reisenden verglichen worden. Wir beschreiben
schnell diesen Anblick, ehe wir durch ein langweiliges- Hügellabyrinth
in die Ebene herniedersteigen und den Vorzug unseres hohen
Standortes, für ein Panorama so günstig, mehr und mehr aus den Augen
verlieren.
Eine hohe mächtige Felsenwand, in der Mitte durch den massenhaften
Gebirgsstock des Eiwend im engeren Sinne des Wortes überragt, bildet
einen mächtigen Halbmond, hinter dessen nördlichster Spitze, tief im Hintergründe,
ein anderes hohes Gebirge emporsteigt. Wie beim Elburs, so
senken sich vom Fufs der ganzen Bergmasse sanfte Abhänge in die Ebene
nieder, auf welcher sich, ihres Reichthums an Wasseradern halber, der
Mensch in baumreichen Dörfern einen ständigen Sitz von Alters her geschaffen
hat. Den Mittelpunkt der Wohnstätten, zugleich den uralten
Glanzpunkt der medischen Landschaft, bildet die Stadt Hamadan, terrassenförmig
an den BefgabfäUen aufsteigend,, von einem grünen Kranzg lieblicher
Baumgruppen umschlossen, malerisch von weiter Ferne, wie je ein Ort in
Persien. Die grofse Ebene, welche uns von dem hamadanischen „Schirn-
rän“ trennte, sah mit ihrem steinigen Boden und den zerstreut liegenden
Dorfschaften darauf wie eine Wüste mit Oasen aus. Ein halb zerstörtes
grofses Dorf mit vielen Leichensteinen und Weinbergen mitten an der
Strafse schien der Schlüssel von Hamadan zu sein. Der Weinbau daselbst
erinnert an den Ruf des Hamadaner Weines in Persien und macht uns
neugierig, die vielgerühmte flüssige Bachusgabe an der Quelle zu schlürfen.
Je näher wir — ein ermüdender Weg — der ehemaligen Capitale
eines DejokeS und Astyages, dem Sommersitze eines Cyrus, Darius, Xerxes,
der, schätzereichen Hauptstation des Alexander-Zuges rückten, je mehr zerstob
das schöne reizende Bild der Fernsicht in tausend kleine Stücke
realsten Elends, Hamadan,-das heutige, ist im Kleinen, was Persien im
Grofsen darstellt. *
Vom alten Glanze' ist nur der Name übrig geblieben.
Wir erwarteten freilich nicht, die alte Stadt und Veste Agbatana wiederzufinden,
welche der Vater der Geschichte , Herodotos, mit folgenden
Worten so beschrieben hat:
„End nachdem er (Dejokes) König geworden, zwang er die Meder, dafs
sie sich eine einige Stadt bauten und sich um die ändern nicht kümmerten.
Auch das thaten die Meder und erbauten grofse, starke Mauern,
dieselbige Stadt, die jetzt Agbatana heifset, davon stand immer ein Ring in
dem ändern. Und diese Feste ward also gefertiget, dafs ein Ring immer
vorraget über den ändern, aber nur mit seinen Zinnen, Dafs dieses so gut
anging, dazu half auch des Ortes Läge, weil es ein Hügel war. Und der
Ringe sind sieben und dann war es wohlweislich so eingerichtet, dafs in
dem letzten stehet die königliche Burg und der Schatz. Die gröfste von
denselbigen Mauern "ist ungefähr an Gröfse gleich dem Umkreise der Stadt
Athenä. Und des ersten Ringes Zinnen sind weifs, des ändern schwarz,
des dritten -purpurn, des vierten bläu, des fünften hellroth. Also sind die
Zinnen dieser fünf Ringe bemalt, von den beiden letzten aber hat der
eine versilberte und der andere vergoldete Zinnen.
Also baute Dejokes sein Haus und was darum war, das übrige Volk
aber mufste in der Stadt wohnen rings umher.“ —
aber wir hofften doch, dafs sich aus den schweren Stürmen geschichtlicher
Ereignisse, welche mehremals,- bis zu den Zeiten des Stifters der Ka-
dscharen-Dynastie hin, über Agbatana gezogen sind, eine erkennbare Ruine,
umgeben von moderner städtischer Wohlhäbigkeit, gerettet haben würde.
Eitle Hoffnung!