Masken in den Strafsen umher, znr grofsen Belustigung der Bevölkerung,
doch ohne den Vorübergehenden lästig zu werden. Von den weltbekannten
politischen Gröfsen an bis zur stillen Haremsschönheit hinab wird alles
unbarmherzig dem Maskenspott geopfert. Die Weltverbriiderungs-ldee
fand ihren Ausdruck in einem französischen Stutzer, der mit einer schwarz
angestrichenen Negerin in ungeheurer Crinoline promenirte und sie der
Bildung halber mit vielem Anstand und ausgesuchter Grazie in die kleinen
Theater und Trattorien Pera’s einführte.
Von einem Diner beim preufsischen Gesandten heimwärts kehrend,
hatten wir das schöne Schauspiel einer nächtlichen Illumination. Eines
Festes wegen waren sämmtliche Moscheen, Staatsgebäude, Paläste und die
Schiffe der türkischen Flotte im Kriegshafen mit tausenden brennender
Lampen behängt. Unser Standpunkt war hoch, die Nacht sehr dunkel,
der Anblick daher besonders überraschend. Die hell erleuchteten Galerien
des zahlreichen Minarets machten den Eindruck in der Luft schwebender
Feuerringe. Vor der Menge zahlloser Lichtpunkte schienen die Sterne in
die dunkle Nacht beschämt zurückzutreten.
Den 21. Februar.
Wir haben gestern die Bekanntschaft einer bedeutenden landsmännischen
Persönlichkeit gemacht, des türkischen Brigade-Generales K u c z k ow s k i,
oder, wie er von den Türken genannt wird, Muchlis'Pascha’s. Ein hoher
Fünfziger, aus dessen hellblauem Augenpaar ein offenes, redliches Gemüth
spricht. E r empfing uns in der liebenswürdigsten Weise in seinem Diwan
in Topchane. Die Unterhaltung mit dem um türkisches Militair-Wesen,
besonders um die Schöpfung einer brauchbaren Artillerie, hochverdienten
christlichen Pascha, der sich selbst bei den Türken durch seine Gradheit
und Biederkeit einer vorzüglichen Hochachtung erfreut, konnte nur belehrend
und anregend sein, um so mehr, als seine dreizehnmonatliche Reise
in türkisch Armenien bis nach der Stadt Wan hin wichtige Beiträge für
unsere Weiterreise enthielten.
Während der Unterhaltung, welche in einem kleinen Nebenzimmer
des militairischen Diwan Statt fand, verzehrte ein Rechnungsführer in Unteroffiziers
Uniform, in einer Ecke des Zimmers sitzend, sein frugales
Mittagbrod, liefs sich dann eine gestopfte länge Pfeife bringen und trank
schliefslich seinen würzigen Mocca. Die Anwesenheit seines Generales
schien ihn nicht im mindesten zu beunruhigen. In Europa würde das etwas
Unerhörtes sein, aber gerade in diesen Kleinigkeiten liegt die Eigenthüm-
lichkeit der westlichen und östlichen Disciplin.
Eine reiche Sammlung von Gummi- und Leder-Ueberschuhen an dem
Eingang zur Treppe gab eine Vorstellung von der Personen-Frequenz im
Diwan. Man erkennt sehr leicht heraus, wie viel Europäer, wie viel
Türken im Hause anwesend sind. Die vornehmen Türkenschuhe sehen
wiederum anders aus als die Pantoffeln der Aermeren, und haben die
letzteren einen Sporen, so ist.es sicher,, idafs türkische Kavallerie im Hause
sitzt. Wie ein Jeder beim Herausgehen seine Fufsbekleidung wiederfindet,
bleibt unter allen Umständen räthselhaft.
Die Erwähnung einer orientalischen Schuhversammlung vor dem Eingänge
zu einem Zimmer erinnert Schreiber dieses an ein Gespräch mit
einem Weisen Perser, das derselbe folgendermaafsen schlofs: „ Ih r Frengi
„möget in eurem Vaterlande, in Frengistan, .gesittete und gebildete Men-
|seh en aufzuweisen haben. Hier zu uns kommen nur selten wohl erzogene
„Männer her. Diese machen alles verkehrt und sind unreine Söhne ihres
„Landes. Oder geziemt es sich, beim Eintritt in ein Zimmer das abzu-
„ legen, womit nichts verunreinigt wird, und das nicht abzulegen, womit
„man den Schmutz von draufsen in dein reines Zimmer trägt? Entblöfsen
„ sie nicht ihr Haupt vor allen Leuten, und treten sie nicht mit den unreinen
„Schuhen auf den reinen Ort des Teppichs, auf dem du issest und trinkst
„und schläfst und sitzt? Maschallah! Wo sitzt da Verstand, wo steckt da
„ Gesittung! Bei deinem Haupte,, übel würde es ihnen in Frengistan ergehen,
„wollten die schlechterzogenen Leute den reinen Teppich in den Zimmern
„mit ihren schmutzigen Füfsen betreten! Warum schickt man aber die
„Unreinen, grade zu uns? doch nur um Anstand und Sitte zu erlernen!“ —
Die Faschingszeit endigte gestern Abend, da heute bereits Mardi gras
ist. Die diplomatische Welt Pera’s war am Abend in dem Hause des
österreichischen Internuntius, Baron v. Prokesch-Osten versammelt. Ein
grofser Ball sollte-hier den Abschlufs der lärmenden Vergnügen dieser
Jahreszeit bilden. Ganz Europa hatte seine Vertreter in der Herren-Welt
aufzuwreisen, und selbst Asien hatte es nicht verschmäht, in der Person
des persischen Gesandten Mirza-Hussein-Khan den liebenswürdigsten Bei-
| trag zu spenden. Die Damen, nicht so zahlreich vertreten, meist Pero-
tinnen, waren in europäischem Ballstaat neuester Mode erschienen, uud
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