des letzten Mittwochs zeigt sich am klarsten in dem persischen Sprüch-
wort: näh tu biai ive näh tschehär-schemblih-i-akhir-i-säl „Weder du komme,
noch der letzte Mittwoch des Jahres!“
Im Durchschnitt berücksichtigen die Perser diese Angaben in ziemlich
gewissenhafter Weise und es würde nicht leicht der Fall Vorkommen, dafs
Jemand z. B. an einem unglücklichen Tage ein wichtiges Geschäft unternehmen
würde. Ich habe erwähnt, wie selbst an höchster Stelle die Tagwählerei
sogar in offiziellen Angelegenheiten mafsgebend ist. Der Aberglaube,
der bei den Persern damit verbunden ist, erhält eine gewisse Berechtigung
durch die Erwägung, dafs er an uralte Lehre von dem Einfiufs
göttlicher Wesen, Schutzgeister der Tage, auf den Menschen anknüpft, wie
sie bei vielen Völkern, vornehmlich aber bei den Persern, nachgewiesen
werden kann. Sind wir, im aufgeklärten Europa, doch selbst nicht ganz
frei von dem Glauben an die gute und böse Bedeutung gewisser Tage und
ich selbst bekenne offenherzig, die Schwachheit derer zu theilen, welche
freiwillig n ie an einem Freitag eine Reise antreten wollen.
Ich wüfste nicht, was die persischen Astronomen unter der Bezeichnung
dschehdt-i-setär&h „die Seiten der Sterne“ anders verstehen sollten,
als die von unseren Sternkundigen nicht gekannten Sekiz jeldus „acht Sterne“,
osttürkischen Ursprunges, welche unsichtbar in den grofsen Himmelsräumen
umherschweifen sollen und deren Standort dem Menschen, der sie zufällig anschaut
oder ihnen entgegengeht, grofses Unglück bereiten kann. Die persischen
Astronomen nehmen deshalb Rücksicht, in dem Kalender genau ihren
Platz am Himmel anzugeben, damit man ihnen beim Beginn einer Reise u. s. w.
stets den Rücken zukehre. Nach den Angaben des Kalenders stehen oder
standen die Sterne am 21. März 1860 „unter der Erde“, am folgenden Tage
„über der Erde“, am 23. „im Osten“, am 24. „in der Mitte“ (zwischen
Osten und der folgenden Himmelsgegend), am 25. „im Norden“ u. s. w.
Die folgenden Rubriken enthalten die Datum-Concordanz der Monate
des türkischen, persischen und französischen Kalenderjahres, und die beiden
letzten Kolonnen Angaben, die sich auf die Länge des Tages, bezeichnet als
„die Hälfte des Tages“, und auf die Zeit „zwischen zwei Aufgängen“ beziehen.
Für die Zeit vom 21. bis 23. März 1860 wird als die Hälfte des Tages
angegeben 6 Stunden und 2 Minuten, für die folgenden sechs Tage 6 Stunden
und 7 Minuten, und so fort bis zu den «längsten Tagen vom 21. bis
25. Juni, an welchen die Hälfte des Tages 7 Stunden und 11 Minuten betrug.
Die kürzesten Tage fielen in die Zeit vom 14. bis 23. December
1860; als die Hälfte des Tages stehen 4 Stunden und 49 Minuten notirt.
Für die ebenbezeichneten Tage sind in der nächsten Rubrik die Intervallen
zweier Sonnenaufgänge in folgender Weise verzeichnet:
21. 22. 23. März 1860: | Stunde 28 Minuten,
24. 25. 26. 27. 28. 29. März: 1 Stunde 28 Minuten,
21. 22. 23. 24. 25. Juni: 1 Stunde 53 Minuten,
14. bis 23. December: 1 Stunde 37 Minuten.
Nach diesen Besprechungen modern persischer Kalenderweisheit, wie
sie in den alljährlich herausgegebenen Ephemeriden im Druck erscheint,
mag als Schlufs eine Bemerkung Platz finden, welche sich auf die Z ä h l u n g
und An g a b e der Stundenzeit bei Tage und bei Nacht bezieht.
Jeder, der auch nur kurze Zeit in Persien geweilt hat, wird den seltsamen
Uebelstand empfunden haben, der sich für sein pünktliches Erscheinen
an irgend einem Orte herausstellte, sobald ihm die Zeit nach persischer
Weise angegeben wurde. Die Schwierigkeit liegt nicht in dem Mangel an
Uhren, — im Gegentheil, der persische Markt ist mit europäischen Uhren,
billigen und kostbaren, überschwemmt, Und jeder Perser, der nur einiger-
mafsen die Mittel dazu besitzt, wird eine Uhr bei sich führen, — sondern
in der eigentümlichen Art und Weise, wie die Stunden von den Persern
gezählt werden.
Die Perser, wie alle mohamedanische Völker, beginnen ihren t a g
mit der Nacht, welche demselben vorangeht, und die Zählung ihrer Stunden
von dem Augenblick des Sonnenunterganges an, d. h. mit dem Eintritt
der Nacht des folgenden Tages. Da dieser aber fast täglich verschieden
is t, so folgt daraus, dafs eine Uhr, welche richtig gehen soll, von dem
Träger derselben beinahe täglich gestellt werden mufs. Ist eine Stunde
nach dem Untergange der Sonne (auch ibeqt-i-neqareh-khaneh „die Zeit des
Kesselpaukenhauses“ genannt, vergl. oben S. 213) verschwunden, so sagt
der Perser jek sa’et guzaschteh est „eine Stunde ist verflossen“, oder will
er sich nach der Zeit in der Nacht erkundigen, so wird er seine Frage
mit den Worten stellen: „Wieviel Stunden sind verflossen?“ Von dem
Sonnenuntergänge an zählt er zWölf volle Stuffden. S'öbäld die zwölfte
vorüber ist (bctad ez desteh, d. h. nachdem beide Zeiger auf einander gefallen
sind, wie bei 12 Uhr), fragt er: „Wieviel Stunden sind übrig geblieben?“
(mandeh est) nämlich bis zum Sonnenuntergang, so dafs die Zäh-
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