die einzige Oeffnung an der Strafsenseite — schaut man in einen Hof hinein,
in dem sich das meist einstöckige Haus befindet. Gemeiniglich ist in dem
Hofe ein Gärtchen angelegt mit Blumen und fruchttragenden Bäumen, die
bis zum Orangenbaum hin in Trapezunt vorzüglich gedeihen. Der Hof ist
in den besseren Hausanlagen mit weifsen und schwarzen Kieselsteinen in
bunten Zeichnungen gepflastert, und hat er nicht Raum genug für einen
Garten, so steckt man ein paar Orangenbäume in etliche Fässer, um wenigstens
etwas Grünes in seiner Nähe zu haben. Die Berge in der Nachbarschaft
von zwei Stunden versorgen die Stadt mit frischem Quellwasser,
das aus den Fontänen an den Mauern hervorsprudelt. Neben jedem Hahne
hängt an einer Kette von Eisen ein Trinkgefäfs von gleichem Metall in
Gestalt einer Bratpfanne. Da das Wässer durch Röhren abgeleitet wird,
die unter den Häusern fortlaufen und meist in schadhaftem Zustande sind,
so ist die Luft in den Wohnungen feucht und Fieber erzeugend.
Ein Spaziergang durch die Stadt nach dem Schlosse der Komnenen
verschafft herrliche Genüsse. - Von dem Giaur meidan führt ein langer gepflasterter
Pfad nach einer Gasse, die durch eine byzantinische Kapelle,
welche sich in nicht zu grofsen Dimensionen über der Mauer erhebt, besondere
Aufmerksamkeit erregt. Quer wird der Bazar durchschnitten und
bald steht man, den Weg thalabwärts links liegen lassend, auf der steinernen
Brücke, die ein dichter Epheu von aufsen in üppigstem Wüchse
bekränzt.
Die Brücke trennt die Griechenstadt, aus der wir herkommen,, von
der Türkenstadt, nach der wir wandern. Unter uns, in der Thaltiefe, mit
ihren Gärten und Hütten, sendet ein schmaler Bach dem Meere sein gelbschmutziges
Wasser zu. An seinem rechten Ufer erhebt sich in sanfter
Aufsteigung die europäische Seite der Stadt. Schroffe, steile, zackige,
zerklüftete Felsmassen stürzen sich auf der linken Seite in das Thal ab.
Auf ihrer Höhe läuft in langer Linie, dunkelfarbig wie der Felsen unter
ihm, von Mauern und Thürmen und Zinnen ein Kranz hin, dessen äufser-
stes Ende, in dem alten Hafen, sich in den Fluthen des Meeres verliert.
Durch die hohlen Fenster der Komnenen-Burg schaut der blaue Himmel,
jagt und pfeift der Wind. Von dem Fufse der Mauer bis zur Spitze des
Wartthurmes rankt sich der Epheu hinauf; hier und da umschlingt die
üppige Weinrebe den saftigen Feigenbaum und windet sich von Zweig zu
Zweig, sich an die Mauer anlehnend. Dazu Geschichte und Legende der
Kaiserburg, die im Jahre 1461 aufhörte Sitz der griechischen Kaiser von
Trapezunt zu sein, und die schönste Romantik ist fertig.
Jenseits der Brücke führt die Strafse bergan den Felsen der Altstadt
aufwärts. Noch heute der alte Eingang, ein Doppelthor mit eisernen
Thürflügeln; über dem ersten eine mehrzeilige Inschrift in byzantinischen
Schriftcharakteren — alles recht wohl erhalten. Gleich hernach versteigt
man sich zu des türkischen Pascha’s Schlots, läfst’s aber linker Hand liegen,
und klimmt nun, auf altem gutem Steinpflaster, Gassen und Gäfschen
hinauf, bis man vor einem viereckigen Wartthurm steht. Bis hierher hatten
wir ohne Begleitung, allein unserem guten Steme vertrauend, die Entdeckungsreise
ausgeführt.
Ein recht freundlicher türkischer Knabe schien der Hüter der mit
eisernen Nägeln beschlagenen Thür zu sein. Einige kupferne Münzen
öffneten uns den Zugang zur alten Warte. Wir betraten, immer bergan
klimmend, mehrere Höfe, bis wir auf einer alten Steintreppe hinaufkletternd,
den höchsten Theil der alten Komnenen-Burg erreicht hatten.
Wir gingen von Gemäuer zu Gemäuer und hatten einen vortrefflichen
Fernblick über Land und Meer. Dicht zu unsern Füfsen gähnte ein
tiefer Abgrund, dessen grünes Frühlingskleid und muntere Heerden
darauf den Eindruck des; Schauerlichen nicht verwischen konnten. Woh-
ler wird’s Einem ums Herz, schaut man nach den Bergen hinüber
oder nach den Häusern der modernen Stadt, die immer noch in langem
Zickzack die alte Komnenen-Mauer mit Zinnen und Thürmen einschliefst.
Und ganz in der Ferne leuchtet das Meer, eine grofse Zahl kleinerer Segelschiffe
lassen sich vom Winde nach allen Richtungen ihrer Fahrt treiben.
Noch ein Blick zum Abschied auf das Trümmerwerk vor uns! Ein
sehr starker und hoher Thurm ist noch ganz wohl erhalten; offenbar diente
er ehemals als Warte, von der man weit aus ins Land hinein lugen konnte.
Der Alte hat es mit erleben müssen, als'Mohammed II. mit seinen Türken
an ihm und seinen Mauer-Nachbarn Sturm lief, und steht immer noch steif
und fest wie damals. Es sind nun grade 400 Jahre seit jenem Sturm vergangen.
Das prächtige Schlofs mufs mit Hülfe der Erinnerung und der
Phantasie reconstruirt und meublirt werden. Die stolze Bensterreihe mit
ihren Bögen — in dreien sind sogar noch die Fenstersäulchen und Bogen
darüber wohl erhalten.,— mahnt Einen mehr an das Vergängliche als alle
Schriften über Leben und Tod. Man fühlt es tief im Herzen, dafs man