
auf dem wir einherritten und gingen, war mit buntglasirten und mit roh- ,
gebrannten Seherbenstücken wie besäet, Und erinnerte lebhaft an die
Scherbenhügel der ägyptischen Ruinenstätten. Als wir die niedrige Felsmauer
an der innern Seite nach Westen zu verfolgteu, entdeckten wir dicht
bei einem Wassertümpel an einer Felswand ein grofses Basrelief, ohne Inschriften,
einen Perserkönig und seine nächste Umgebung vor stellend. Ich
hätte gewettet, ein uraltes Bild vor mir zu sehen, war aber nicht wenig
erstaunt zu hören, dafs die Figuren des Basrelief Feth-ali-Schah und einige
seiner Kinder und Hofbeamten abbilden sollten.
Wie schon oben bemerkt war, erstrecken sich die Ruinen von Rei bis
in das Innere von Schahzadeh Abdulazim, woselbst gewaltig dicke, zum
Theil halb stehen gebliebene Mauern von Erdziegeln strafsenartig nebeneinander
fortlaufen und ohne Zweifel als die Reste ehemaliger Fortifica-
tionen zu betrachten sind. In der Mitte der Ruinen findet sich als nächst
zu erreichender Ort ein halb zerfallener Thurm v o r, aus gebrannten Ziegelsteinen
aufgeführt, dessen Bauart dadurch eigenthümlich ist, dafs von
allen Seiten in der Runde stachelartig Ecken hervorspringen, so dafs der
Querschnitt mit der Gestalt eines Uhrrades verglichen werden kann. Der
Thurm ist ganz hohl, mit zwei Thüröffnungen versehen und, den Löchern
im Innern nach zu urtheilen,. oftmals 'ein Gegenstand nachforschender Untersuchungen
gewesen. Yon hier aus begaben wir uns zu Pferde nach dem
Dorfe Schahzadeh Abdulazim, zwischen Festungsmauern des alten Rei in
das moderne Eingangsthor einreitend. Die Stadt gehört,- schon ihrer reichen
Baumzucht wegen, nicht zu den schlechtesten in Persien. Wir durchritten
sie in einer Viertelstunde und gelangten am entgegengesetzten Ende,
nach Osten zu gelegen, von Neuem auf das Gebiet des alten Rhagae. Die
Bergwand vor uns zeigte hier und da ziemlich gut- erhaltene Reste von
Warten, an ihrem Fufse dehnten sich die Trümmer von Thürmen und Befestigungen
lang und breit aus. Der erste auffallendste Platz den wir
nach einem Ritte von fünf Minuten in der Richtung einer langen alten
Mauer erreichten, war ein hochliegendes, im Viereck angelegtes Kastell aus
dicken Erdziegelmauern. Die Leute des Ortes-' erzählten u ns, dieser Bau,
von einer Königstochter angelegt, bilde das Centrum der Stadt Rei.
Reitet man von da aus den gegenüberliegenden steilen Felsgruppen zu,
so zeigt sich am Ende des Weges, der plötzlich nach Osten herumbiegt,
an einer langen Felswand im Angesicht des Reisenden ein Basrelief, ohne
Inschriften, einen Reiter darstellend. Mit vieler Wahrscheinlichkeit versetzt
man seinen Ursprung in die Zeit der legitimsten persischen Könige
vom Stamme der Sassaniden.
Rei war seiner Zeit nicht allein als besonders grofse Stadt in besonderem
Rufe, sondern hat auch durch die Anwesenheit bekannter geschichtlicher
Personen, die in seinen Mauern geboren sind oder zufällig darin geweilt
haben, eine gewisse Berühmtheit erreicht. Der alte Tobias war, den
Berichten der Heiligen Schrift zufolge , nach „Rages“ verschlagen worden.
Alexander der Grofse, dessen Name und Geschichte den gewöhnlichsten Persern
bekannter als bei uns der niedrigen Bevölkerung sein dürfte, weilte
fünf Tage in Rhagae, als er von Ecbatana aus auf der Strafse, die noch
gegenwärtig von Hamadän nach Teheran führt, dem König Darius nachsetzte;
hier in Rei, damals Europos, später Arsacia genannt, verlebten die
parthischen Arsaciden die Zeit der Frühlings-Jahreszeit, bis die einfallenden
Araber, nach der Schlacht bei Nehawend, dem erlöschenden Glanze
des alten Rei (anno 642 n. Chr.) mit einem Male ein Ende machten.
Unter den Khalifen erstand die Stadt als „Neu-Ref“ wie ein Phönix
aus der Asche; die Schilderungen der arabischen Schriftsteller ergehen sich
bis zu den unglaublichsten Lügen hin in Lobpreisungen der neuen Wunder-
städt. Unter dem Khalifat des „siegreichen“ El-Mansur (754—775 n. Chr.)
baute sein Sohn Mehdi die Stadt auf. Ein grofser Graben mit Mauer bildete
die äufsere Abgrenzung der Stadt, ein zweiter umschlofs das innere
Quartier Muhammedijeh. Zwischen den beiden Gräben befand sich die
„äufsere Stadt“ ; in der später als Gefängnifs benutzten Citadelle Reibende
wohnte Mehdi (775—785 n. Chr.); derselben gegenüber erhob sich eine
grofse Moschee und das Haus des Gouverneurs. Die Einwohner der Stadt
galten damals als ein feiles, schändliches, „dilemitiSches“ Volk. Als Geburtsstätte
des Khalifen Harun-er-raschid (786—809 n. Chr.) hat Rei eine
gröfsere historische Berechtigung, als durch die zweifelhafte Ueberlieferung,
dafs Zoroaster hier das Licht der Welt erblickt habe. Uebrigens streiten
sich zwanzig Städte um die homerische Ehre, Zoroasters Wiege zu sein.
In der Mitte des neunten Jahrhunderts zerstörte ein Erdbeben die
Stadt Rei von Grund aus; allein hundert Jahr später erscheint sie in der
Beschreibung Ibn-HaukaVs äls die gröfste und bevölkertste Stadt Ostpersiens.
Im Jahre 1220 erlosch der Glanz von Neu-Rei unter dem Schwerte
der Mongolen, bis endlich im fünfzehnten Jahrhundert die Kunde vom alten