Natur in einer wüsten Einöde peinlich und niederdrückend auf das Gernüth
eines lebenslustigen, vergnügten Menschen wirkt.
Auf dem höchsten Punkte des ersten Theiles unserer Wanderung angelangt,
hatten wir den Genufs einer reizenden Aussicht über das Thal des
Dschadsclienid. Eine nicht sehr breite Ebene zieht sich in grader Richtung
von Norden nach Süden hin, eingefafst von gigantischen Felsmauern, die
nach Osten und Westen hin fast senkrecht in die Höhe steigen und nur
an zwei Punkten, in der Nähe unseres Haltes, eine wenn auch unbequeme
Passage gestatten. Nach Süden hin erweitert sich die Ebene zu dem
höchst malerischen Bilde einer freilich gletscherlosen Schweizerlandschaft.
Baumreiche Dörfer liegen da zerstreut auf Höhen und in den Tiefen, rings
eingeschlossen von jenen wundersam gestalteten Bergkolossen, welche den
eigenthümlichen Charakter der persischen Gebirgslandschaft bilden, im Norden
wie im Süden, im Westen wie im Osten. Die. Morgenbeleuchtung,
voller Duft und Wärme, trug das ihrige dazu bei, dieses Panorama zu
einem zarten, unendlich schönen, ja bezaubernder! Bilde zu erheben, von
dem es fast unmöglich war, sich bald zu trennen.
Wir stiegen die steile, nur für Reiter auf Maulthieren einigermafsen
sichere Strafse, über und zwischen Felsblöcken hindurch, in das Thal des
Dsckadscherüd hernieder. -In seinem steinigen Bette brauste der Flufs, welcher
sich in die grofse Salzwüste im Süden spurlos verliert^ mit lautem Gemurmel
und in krystallenem Glanze seines klaren Wassers dahin, dicht an
der Felsenmauer vorbei, welche sich an seinem linken Ufer erhebt, mit
vielen Höhlen und Löchern, an denen stellenweise künstliches Mauerwerksichtbar
war. Hier haben Menschen gehaust oder hausen noch, wahrscheinlich
Troglodyten, die den benachbarten Ilats angehören.
Eine steinerne, sehr steile Brücke führt über den Flufs aufwärts nach
einem so abschüssigen Gebirgspfade, dafs Mensch und Thier athemlos keuchend
nur mit Anstrengung die Höhe zu erklimmen im Stande ist. Das
landschaftliche Bild auf der Hochfläche scheint eine Fortsetzung der Schim-
raner Berge zu sein, nur . getrennt und abgeschnitten durch die Einsenkung
des Dschadscherud. In einem wasser- und baumreichen Dorfe, das in seiner
landschaftlichen Physiognomie an manche poetische Oertlichkeit des ober-
österreichischen Gebietes erinnerte, machten wir 9 Uhr Morgens nach einem
Ritte von vier Fersach Halt. Bei dem Dorfe, welches den Namen Jalenduek
(oder Jaienduliek) führt, schlugen wir an einem laut rieselndem Bache
unter schattigen Weiden unsere Rast für wenige Stunden auf.
Um 3 Uhr Nachmittags setzten wir unseren Marsch in südöstlicher
Richtung fort. Steile Berge und eine Reihe von Querthälern bildeten das
nächste Terrain, bis wir zuletzt auf schlechten Pfaden neben schwindelnden
Abhängen vorbei nach dem überraschend baumreichen Orte Lawiston gelangten.
Von hier aus beginnt die Landschaft in stets wechselnder Gestaltung
vulkanischzerrissener Felsmassen im Vordergründe, riesiger, zusammenhängender
Ketten im Hintergründe, wasserreicher Thäler in den
Niederungen,- an lieblicher Schönheit sich von Stunde zu Stunde zu streiten:
Nach einem Ritte von, anderthalb Fersach von Jalenduek aus war das
heutige Menzil, der Ort AfdscJieh glücklich erreicht.
AfdscJieh, terrassenförmig aufsteigend zu einer von frisebgrünen Baumgruppen
gekrönten Bergkuppe, weckt alte Erinnerungen an den ehemaligen
Sadrazdm, den Urheber vieler guten Einrichtungen und Bauten in Persien.
Der jetzt in der Verbannung lebende Premier-Minister, dem das Dorf gehört
und dem es jährlich eine Summe Von 150 Toman als Tribut zu zahlen
hat, errichtete auf dem höchsten Punkte,des Dorfes ein Schlots mit Balconen,
Terrassen, Gärten und Cascaden, das durch ein unübertrefflich schönes
Panorama über die Gebirgsformen im Hintergründe hin lohnt. Immer höher
und höher erheben sich vier lange Ketten übereinander, und verschwinden
zuletzt, döch in scharfer Begrenzung der Umrisse, hinter den Bergmassen
im Vordergründe, welche wie ein Rahmen das herrliche Bild von beiden
Seiten abschneiden.
Wir bezogen das Schlofs als- Nachtquartier und hatten die Genugthuung,
von' einem braven Seraidär des Sadrazäm in aufmerksamster Weise bedient
zu werden. Im Innern lag ein europäischer Patient, einer der Secretäre
der russischen Gesandtschaft. Auf einem Abstecher nach den kühlen Thä-
lern des Demawend war der Arme vom Nervenfieber ergriffen worden und
mufste nun hier, allein,, ohne andere Unterstützung als die seiner persischen
Diener, den Verlauf der Krankheit abwarten, die glücklicherweise
sich zum Besseren gewendet hatte. 1 Mr. P aw lo f f war bereits Reconvales-
cent, als wir mit Sack und Pack in den Hof des Serai einrückten.
Der Anblick über das Dorf hin, von der Terrasse des Schlosses aus,
war unterhaltender Natur, da er die Beantwortung mancher, sonst unerlaubten
Fragen an das alltägliche Leben der Dörfler gestattete. Ein Grnnd