mit vielem Geschmack und grofser Fertigkeit gewebt hatten. Tm Angesicht
so sauberer Räumlichkeit zogen wir unsere Stiefeln vor der Thür zum
Zimmer aus, trotzdem der Kend-khoda uns flehentlich bat, „seine Teppiche
durch denStaub unserer Fiifse zu ehren“, mit der Versicherung, „dafs der
Schatten Unserer Freundschaft allen Staub von uns in reines Gold verwandelte“,
und nahmen in persischer Stellung sitzend neben den Kissen auf
den Teppichen Platz. Melonen und der unvermeidliche Kaliün erschienen
nur als äufsere Zeichen der Höflichkeit des Dorfschulzen, der so gute Manieren
und ein so feines richtiges Gefühl für das Schickliche besafs, wie sich
deren gewifs mancher europäische Amtsbruder nicht rühmen darf. Versteht
sich geleitete er uns wiederum nach unserem Menzile zurück, wobei wir
Gelegenheit hatten, mehrere in dem Felsen hinter dem Ort liegende Höhlen
zu besuchen, die offenbar von Menschenhand herrühren, alt sind und ehemals
zu ändern Zwecken als denen in der Gegenwart dienten. Die anwohnenden
Dörfer haben sie nämlich in Tewileh oder Pferdeställe umgewandelt.
Der Abend war inzwischen hereingebrochen, und Dank .der
unermüdlichen prahlenden Geschwätzigkeit unserer Diener, mufste ich vor
dem Schlafengehen noch zu zwei- kranken Frauen wandern, .einer alten
Bäuerin und deren Tochter, welche seit langer Zeit vom Fieber befallen
waren. Ich reichte ihnen Medicamente, vor allen das so wirksame Chinin
(gennegenneh), mit dem herzlichsten Wunsche guter Wirkung.
ln der Nacht waren wir bereits-früh auf den Beinen. Gleich nach
zwei Uhr verliefsen wir das Menzil und erreichten gegen sieben Uhr Morgens
die nächste Station Nuarän. Die Karawane zog ihre Strafse durch
Längenthäler einher, grade auf den Sai-dagh los. Ueber uns leuchtete der
Mond in klarstem Lichte, während sich hinter dem Gebirge ein Gewitter
entlud, das anderthalb Stunden .währte und dessen fern'-rollender Donner
in regelmäfsigen Zwischenpausen zu uns herübertönte. Der Anblick war
schauerlich schön. Die zuckenden Blitze erleuchteten in blendendem Lichtglanze
den breiten zackigen Kamm des Sai-dagh und erhellten auf kurze
Augenblicke die ganze Gegend bis zum fernen Horizonte hin. Bei dem
Scheine des flammenden Himmelsfeüers sahen wir, dafs der Gebirgsstöck,
ähnlich wie der Elburs, einen halbmondförmigen Bogen zieht, an dessen
Abhängen nach der Ebene zu viele Dörfer und Gärten standen, Beweis,
dafs hier Quellen vorhanden sind, und dafs die ganze Landschaft ein Abad
oder bebautes Gebiet ist.
Auf einer grofsen, halbvertrockneten Steppe machten wir plötzlich in
einem beinahe rechten Winkel rechtsum und steuerten in der graden
Richtung nach rechts los. Auf derselben Seite zög sich nach Nordwest
ein niedriges Gebirgsland hin. Gegen Sonnenaufgang (d. 7. September)
stiegen wir von der traurigen dürren- Hochfläche. in einen lieblichen Thalgrund
hinab, der lang und breit mit hübschen Gärten und Dörfern bedeckt
war und für den Augenblick durch seinen Anblick die angenehmste Ueber-
raschung bereitete. Links von der- Strafse. sahen wir einen grofsen Leichenacker,
der halb verfallen war, sich aber durch einzelne hervorragende
Denkmäler auszeichnete. Der äufsereri Gestalt nach liefsen sich die letzteren
in zwei Gruppen sondern. Die eine hatte die Form eines regelrechten
Würfels in einer Höhe von fünf bis sechs Fufs. An jeder Seite desselben
befand sich eine-Nische mit dem bekannten persischen Spitzbogen am Ober-
theil, und auf dem Dache eine runde Kuppel, kleiner als der Umfang des
Quadrates des Daches. Die zweite Gruppe bestand aus. zwei langen horizontalen
Platten, von Körperlänge die untere, die nach Art von Stufen
aufeinander ruhten. An, dem einen Ende derselben (da wo unter der Erde
der Kopf des Todten ruhte) erhob sich eine häfsliche konische Säule mit
einer Vertiefung.,- in der wahrscheinlich die Grabinschriften angebracht
waren. Die beschriebenen Gräber waren aus Mauerwerk ausgeführt; manche,
wahrscheinlich die neueren, mit einer weifsen Tünche überzogen.
Nuardn lag nicht, wie wir geglaubt hatten, in dem lieblichen Thalgrunde,
sondern nordwestlich, jenseits einer Hügelkette, die überwunden
werden mufste. Es schien grofs genug, hatte keinen Mangel an Gärten,
in denen vor allen der Weinbau betrieben wurde, aber es .sah dennoch
ärmlich und wenig einladend aus. Das Dorf lag auf einer-Höhe,' so dafs
wir es beinahe in seiner ganzen Ausdehnung umreiten mufsten, ehe wir
in unser vorbereitetes Quartier einrücken konnten.' Aufsen am Wege safsen
die Weiber und webten sich lange Stücken eines, dunkelfarbigen Baumwollenstoffes.
Die Art, wie dies geschah, war in der That drollig genug.
Die einzelnen Fäden des Gewebes liefen in einer Länge von etwa fünf bis
sechs Ellen auf den Erdboden neben einander fort und wären durch zwei
Hölzer,, die man mittelst kleiner Pflöcke an den Boden befestigt hatte, an
den beiden äufsersten Enden stramm gezogen. Die Weberin kniete oder
hockte in reitender Stellung über dem etwa , einen halben Fufs breiten
Zeuge. Die einzelnen Fäden desselben waren durch höchst einfache Vor