Nachdem der russische Dampfer, welcher eine Menge Neugieriger an
das Ufer lockte, mit Hülfe dicker Taue und Winden bis an den Holzdamm
vor Batum heranbugsirt worden war, begann die Aus- und Einschiffung
der Waaren. Es ist kaum glaublich, wie grofs der ‘Verkehr mit den Völkern
des Kaukasus ist. Hunderte von Ballen mit Manufactur-Waaren wurden
ausgeladen, um später, meist durch Schmuggler, von dem türkischen
Hafen nach den tscherlcessischen Küstenstrichen zu wandern, von wo aus
die geldeinbringende Handelswaare tief in die Berge hinein getragen wird.
Der türkische Pascha von Batum, Haleddin, schickte seinen ersten
Schreiber an Bord des Schiffes, um den preufsischen Gesandten zu be-
grüfsen. Der einzige Consul in Batum, der in dem traurigen Orte rüssi-
scherseits residirt, erschien in eigener Person, um seine Höflichkeit zu
bezeigen.
Ans Land wollten wir trotz aller Aufforderungen nicht gehen, da das
kleine Dampfboot, welches die Verbindung zwischen Batum und dem nächsten
russischen Hafen Poti unterhält, alle Augenblick erwartet wurde. Da
das Schiff immer und immer nicht kommen wollte, so führte uns der
Grand - Duc Constantin bei gewitterschwülem Himmel um 11 Uhr in die
Richtung nach Poti.
Nach anderthalbstündiger Fahrt auf der ziemlich ruhigen See*, immer
Angesichts der bergigen Küstenlandschaft, begegneten wir einem kleinen
Flufs-Dampfer. Es war das sehnlichst erwartete Fahrzeug, das uns bis
Poti und von da ab stromaufwärts den Rion bringen sollte. Auf die Nachricht,
dafs am Rion stürmische See sei, kehrten, die beiden Dampfer noch
einmal nach Batum zurück.
Wie hätten wir den Nachmittag besser zubringen können, als mit einer
Besichtigung des türkischen Hafenplatzes? Zunächst besuchten wir den
russischen Gonsul, der hier mit Frau und Kindern wie in einer Verbannung
lebt. Auf einer Wanderung durch den Ort und in seihe nächste
Umgebung lernten wir viele Details kennen.
Die Häuser sind ohne Anwendung eines Nagels von Holz aufgeführt.
Vereinzelt stehende Bäume, ja sogar die Grabstätten der Todten sind mit
Flechtwerk umgehen, um sie gegen die alles benagenden Ziegenheerden
zu. schützen. Der Boden zu unseren Füfsen, wie die ganze Küste, erschien
wie gepflastert mit bunten Kieselsteinen. Ein wenig landeinwärts
überschritten wir auf unserer Strafse die Gräber traurigeü Angedenkens
aus den Zeiten des Krim-Krieges her. Von 10,000 Tunesen, die von ihrer
Heimath aus nach Batum geschickt waren, um Omar-Pascha gegen die
Russen im Kaukasus Hülfe zu leisten, erlagen hier 6000 Mann elendiglich
Krankheiten und schlechter Verpflegung.- Ihre Gebeine ruhen unter unseren
Füfsen.
Weiter landeinwärts betraten wir ein dichtes Gebüsch wild wachsender
Rosen und Rhododendronen, die stundenweit zu den Berghügeln im Innern
aufsteigen. Hier und da ragt ein entlaubter Baum aus dem Gebüsch hervor.
Von seinen Zweigen hängen wie dünne Haarsträhnen die langen Fäden
vertrockneter Schlingpflanzen bis zum Boden nieder. Dicht an dem
Rande unserer Strafse' erfreut der Anblick einer Menge blühender Veilchen.
Zum Andenken pflückt sich ein Jeder sein Sträufschen. Eingeborene,
meist Ladscharen, begegnen uns zu F u fsf-zu Pferde und zu
Wagen. Ihre Tracht .besteht aus eng anliegenden Beinkleidern mit faltigem
Obertheil -von grobem braunem Zeuge wie die Jacke , die bei Manchem
mit silberhen Schnüren eingefafst war. In dem seidenen oder baumwollenen
Gürtel steckt ein silberbeschlagener Dolch und ein Paar Pistolen.
Das lange Gewehr fehlt selten. Um den Turban ist die dem Kaukasüs
eigentümliche Kapuze gelegt, und die langen gegen Wind und Regen
schützenden Zipfel derselben um Ohren und Hals gebunden. Bunte Socken
in den Schuhen oder Sandalen vervollständigen den Anzug der Leute, die
durchaus kaukasischen Typus haben und der Mehrzahl nach Cromhjs oder
heimliche Christen sind.
Die Arabois,_ denen wir begegneten, werden von Ochsen gezogen und
finden sich in der ganzen Berglandschaft des Kaukasus wieder. Die beiden
Räder derselben, grofse plumpe Holzscheiben, sitzen fest an der Achse
und drehen, sich mit derselben herum. Auf der Achse ruht, leicht und
ohne ändern Halt als den, welchen die oben liegende Last des Wagens
dem Zapfen gewährt, das eigentliche Gestell. Mit diesem höchst einfachen
Fahrzeuge-wird durch Dick und Dünn, durch Thäler und auf Bergen,
durch Flüsse und Moräste gefahren, ohne dafs je die Gefahr des Umwerfens
einträte.
Von der Höhe aus, die einen Ueberblick über den Ort hin gestattet,
läfst sich die Häuserzahl Batums ziemlich genau berechnen. Danach zählt
die- Stadt — kaum dürfte man die Anlage so nennen — gegen 450 Wohnhäuser.
Auch ein Bazar ist da, ebenso schmutzig als die darin ausge-
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