zehn Knäuel an Ort und Stelle buntgefärbter Wolle, deren Endfäden -so
hefabliefen, dafs sie bequem von der Hand der sitzenden Frau erfafst werden
konnten. Die Weberin ergriff jedesmal einen bunten Faden, knüpfte
ihn in Gestalt einer Schlinge um eine bestimmte Schnur der Kette, schnitt
ihn dann mit einem Messer in der Länge von dreiviertel Zoll von dem
übrigen Theile des Fadens ab, und drückte ihn mit dem Rücken des Messers
an den unteren, zunächst liegenden Stück des Teppiches fest. War eine
ganze Reihe solcher Schlingen nebeneinander geknüpft worden, die übrigens
mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit vor meinen Augen entstanden, ohne
dafs die webende Frau nöthig gehabt hätte, in eine Zeichnung' zu blicken,
so zog sie einen rothbraun gefärbten Durchschlagsfaden horizontal durch
die einzelnen Fäden der vertikalen Kette durch, schlug ihn mit Hülfe einer
schweren eisernen vielzinkigen Gabel fest, und schnitt mit einer Scheere
die ganze Reihe der geknüpften Fäden in erforderlicher Länge in gleicher
Linie glatt ab. Dann wurden neue Fäden geknüpft, 'ein neuer Durchschlagsfaden
gezogen und so setzte sich die Manipulation in gleicher Weise weiter
fort. Die Arbeit war dauerhaft und sauber durchgeführt, die Muster des
gearbeiteten Teppiches zeugten dabei von' einem angeborenen feinen Ge1
schmack in der Auswahl und in der Zusammenstellung der Farben. Die
Frauen haben die wunderbare Fertigkeit, zum erstenmal gesehene Zeichnungen
mit einem Blick aufzufassen und sofort in den Teppich hineinzuweben.
Die Teppiche werden hier in der gewöhnlichen Gröfse, wie ich sie
oben angedeutet habe, nach dem Gewicht verkauft. Unter einandern fordern
sie für den Bathman im Durchschnitt fünf Qrdn (etwa einen Thaler
und sechszehn Silbergroschen). Der in Arbeit befindliche Teppich sollte
auf ein Gewicht von drei Bathman berechnet sein, so dafs er an-Ort und
Stelle einen Werth von fünfzehn Qrdn hatte. An Händler, die von Ha-
madan, Teheran und Isfahan kommen und Teppiche aufkaufen, würde derselbe
mit einem Zuschlag von fünf Qrdn Absatz gefunden haben. Der
Arbeitslohn und die Zeit ist kaum damit bezahlt,' dä die Frau' zur Herstellung
deS angegebenen Teppiches einen ganzen Monat arbeiten mufste.
Mit der Gröfse der Teppiche nimmt die Schwierigkeit der Arbeit, die
Dauer der Arbeitszeit und die, Vermehrung der Arbeitskraft zu, so dafs sich
der Preis desselben nach dem Gewicht um ein Bedeutendes höher stellt.
Der freundliche Osmanlu-Hausherr liefs mich nicht-unbewirthet aus dem
Hause gehen. Er hatte mir einen hölzernen Kaliun, an welcher eine ausgehöhlte
Cocosnufs die Stelle des Wasserbehälters, vertrat, eine sogenannte
Dschauzöfi, zubereitet, bot denselben mit der vollendetsten Höflichkeit an,
und nachdem ich und er einige Züge daraus gethan, liefs er die Pfeife zu
seiner Frau wandern, welche.sich an dem dampfenden Tabacksqualm in
ihrer Weise eins zu Gute that. Mit einem herzlichen „Gott sei eure Hülfe!“
schieden wir von einander.
Bei meiner Rückkehr nach dem Menzile am Teiche überraschte mich
ein ebenso.ungewohnter als lächerlicher Anblick. Die deutschen und persischen
Diener unserer Karawane hatten sich ihrer Fufsbekleidung entledigt,
die Beinkleider hinaufgezogen und standen im Wasser, um mit Hüten,
Mützen, Bettlaken und Häckselsieben auf die. behexten Fische Jagd zu
machen. Die geängstigten Thiere, welche wahrscheinlich zum erstenmale
eine so ungewöhnliche Verfolgung erduldeten, schossen in dem aufgerührten,
trüben Wasser voll Angst und in Schaaren bald-hierhin bald dorthin,
und bekundeten'so wenig Geschick in ihrer Flucht, dafs sie dutzendweise
in die gestellten improvisirten Fischnetze gingen. Das Volk der Dörfler
stand und ho.ckte am Ufer und sah dieser tollen Wirthschaft mit steigender
Unruhe zu. Sie schickten zuletzt eine Deputation graubärtiger Alten zu
uns, welche uns beschworen, den Befehl zum Aufhören des Fischfanges zu
geben, da die Fische ihnen heilig seien und deren Gemifs für uns selber
die schlimmsten Folgen haben könnte. Natürlich Reisen wir sofort zum
Rückzug blasen;'nichtsdestoweniger wanderten die einmal gefangenen behexten
Fische in die Kochtöpfe, um unter den Händen unseres geschickten
deutschen Koches einer geschmackvollen Umwandlung in duftende - Bratfische
entgegenzugehen.
Wahrscheinlich hatte dieser, Fischfang den jungen Leuten im Dorfe das
Blut erregt, und da sie nicht wagten, an den Dienern und Soldaten der
Gesandtschaft ihr Müthchen zu kühlen, so brachen sie die Gelegenheit vom
Zaune, um mit dem Tscherwadär unserer Karawane und seinen Knechten
Händel anzubinden. Die guten Leutchen führten gegen Abend die Maul-
thiere und Packpferde zur Tränke und sahen sich als Schenkplatz die Stelle
dicht neben der Moscheenquelle aus, wo ein Paar Stunden vorher der
Nuaraner Gerbermeister seine Lammsfelle gereinigt hatte. Eine Rotte Nua-
raner Jünglinge fiel auf die Führer der Thiere los, und tractirten sie mit
Faustschlägen so arg, dafs ihnen das Blut aus Mund und Nase Ref. Sie