nach dem Eiwend-Pafs vorbereitet, könne also nicht kommen; der Doctor
würde in sehicklicher Zeit erscheinen.
Ich mufste auf allgemeinen Wunsch schon ein Uebriges thun und mich
bequemen, meine Doctorreise anzutreten, bestieg daher meineni Schimmel
„Hans“ und hielt sehr bald, von einer unvermeidlichen Begleitung escor-
tirt, vor dem Hause des Gouverneurs, gegenüber der Hamadaner Neqareh-
klianeh. Man führte mich durch einen grofsen Thorweg über zwei gepflasterte
Höfe, in welchen es von Wachen und Beamten aller Art wimmelte, bis ich
endlich in der Nähe eines gartenartig angelegten Fleckes im Angesicht des
Gouverneurs stand, der auf einem Teppich gemeinschaftlich mit seinem
rothbärtigen Wezir und seinem Hauskaplan-Mollah kauerte und mit Untersiegelung
beschriebener Papierrollen beschäftigt war. Er nöthigte mich
mit einem B o n jo u r, Monsieur! Platz zu nehmen; ich setzte mich nach
orientalischer Weise auf den Teppich ihm gegenüber und hatte somit die
Gelegenheit, den Hakim in der vollständigsten Weise rzu studiren. Er war
etwa fünfundzwanzig Jahr alt, sein schwach behaartes Gesicht sah durchaus
nicht krank aus, in seinem Benehmen lag etwas vornebm-gutmüthiges,
das sich zuletzt in die herzlichste Heiterkeit auflöste. .Ueber seinem dunkelgrünen
Rock mit gelben Knöpfen und diamantbesetztem Gürtel (eine Art
von Ordensabzeichen) trug er einen hellblauen goldgestickten Mantel. Mit
der französischen Unterhaltung wollte es nicht recht gehen, S. H. wufsten
nur wenige französische Brocken, die nicht lange ausreichten, so dafs ich
um die Erlaubnifs bat, persisch sprechen zu dürfen. Der Prinz erzählte
ein langes und breites von seinen französischen Studien und händigte mir
das bekannte, an Abbildungen überreiche französische Werk: L a vie des
fteurs ein. Nachdem Kaffee und zwei goldene Kaliun verabreicht f waren,
kamen wir zur Sache und ich mufste ¡8- wieder einmal nolens volens —
den Arzt spielen. Der Prinz, wie ich leicht merken konnte, litt an heftigen
Blutwallungen. Ich gab'den vernünftigen Rath, dafs ,S. H. alles vermeiden
müfsten, was das Blut in Erregung bringen könnte; , aber damit
waren Höchstsie in keiner Weise zufriedengestellt. Die Orientalen sind in
dieser Beziehung gewissen nervösen Damen ähnlich, welche eine Flasche
braunen Trankes aus der Apotheke höher schätzen, als den guten einfachen
Rath ihres Arztes. Ohne Medicin sollte es nicht abgehen, und ich wufste
denn in meiner Verlegenheit zu keinem anderen Mittel meine Zuflucht zu
nehmen, als zu meinem Universalmittel, dem B u llr ic h ’sehen Salze. Hat
Avicenna meine Diagnose und meine Vorschriften zum Gebrauch des Re-
ceptes mitangehört, so glaube ich, dafs er sich in seinem stillen Grabe in
der Derwisch-Klause um und um gedreht haben mufs.
Ich war froh, als ich erleichterten Herzens den letzten Höf hinter mir
hatte, wo man damit- beschäftigt war, zwanzig Männer,, die mit einer langen
eisernen Kette'zusammengefesselt waren, in ein enges finsteres. Loch
wie die Schweine in den Stall einzusperren. Es mufste diese Truppe wahrscheinlich
ein Haufe Stadtgefangener sein. Kaum hatte ich den Fufs in
den Steigbügel des Sattels gesetzt, 'als sich mein Schimmel mit einem gewaltigen
'Satze aufbäumte und gar nicht zu beruhigen war. Ich selbst theilte
sein Entsetzen, denn die schrecklichen Töne der langen Trompeten und
donnernder Paukenwirbel liefsen sich in demselben Augenblicke dicht über
uns von dem Neqareh-khaneh vernehmen, wo eben die Abendmusik auf herkömmlich
persisch der schwindenden Sonne „gute Nacht!“ wünschte.
Ein schauerliches Bad im armenischen Viertel beschlofs den heutigen
Tag. Zu den bekannten Bädevorrichtungen trat hier ein erwärmter Fufs-
boden, auf dessen mit G l a s s c h e r b e n (!) bed'eckten Steinplatten man kaum
zu stehen, viel weniger in allen möglichen Lagen zu liegen vermochte.
„Was die Schickung schickt ertrage“ läfst einmal Unvermeidliches, schon
um der Erfahrung halber, ruhig hinnehmen. Der Ritt nach der Badestube,
richtiger gesägt Badekei ler , der an der Welt Ende lag, hatte uns wenigstens
;eine archäologische Entdeckung verschafft. Vor der Thür eines Hauses^,
das an' einer Strafsenecke stand, überraschte uns ein a n t i k e r S ä u l
e ns oc k el aus s c hwa r z em Gr a n i t , der aus einem würfelförmigen
Untersatze und einem Säulenwulst bestand Und auf einer Unterläge wild
durcheinander liegender Steinhaufen ruhte. Das war die einzige ächte Spur
der alten. Ekbatana, die wir im modernen, vermodernden Hamadan zu entdecken
vermochten.
Am nächsten Tage wurde die oben erwähnte Excursion in der That
ausgeführt. Unter Leitung eines- armenischen Christen, der uns bereits
vielfache Dienste beim Ankauf alter Münzen und Antiquitäten geleistet
hatte, schlug unsere kleine Maulthier-Karawane in der Frühe des Morgens
die kurzdauernde Fahrt nach dem Gendsch-namhh d. h. „dem Schatzbuch“-
Felsen ein. Der Himmel war gewitterhäft umwölkt. Der Weg, etwa eine
Fersach weit, führte durch die. Stadt in nördlicher Richtung zum Thore
hinaus und bei einer verfallenen Erdcitadelle (wahrscheinlich die topogra