55Auf geoigischer Seite : Glänzende Stoffe, prachtvolle Waffen, Gewehre
mit Sllberfassung, Kandschare in Elfenbein und Gold, dämaseirte Schaskas,
Gontas in vergoldetem Silber, Mandolinen mit Perlmutter ausgelegt, Tam-
bourins mit den kupfernen Schellen, Zournas von Ebenholz, d. h. der
Schmuck, der Krieg,.der Wein, der Tanz, die Musik.“
„Rufsland, ein trübsinniger Gebieter, den seine Gröfse nicht zu erheitern
vermag.“
„Georgien, ein frohsinniger Sclave, den seine Knechtschaft nicht trübe
zu stimmen vermag.4^
„Es ist meiner Treu etwas schönes, seine Abstammung von Rurik herzuleiten,
Ahnen zu haben, die als Könige in Starodont herrschten, seineh
Namen bis auf Gagara den Grofsen zurückzuführen, sich bei Hofe und in
den Salons unter dem Namen Fürst Gagarin anmelden zu lassen; aber wenn
man heute zum Fürsten Gagarin sagte: Verzichtet auf Fürstenthum,
Ahnen, Adel und Krone oder auf den Pinsel, — ich glaube, Fürst Gagarin
bliebe bei: seinem Pinsel und würde sich Herr Gagarin oder lieber Gagarin
nennen, ohne ändern Titel vorher noch dahinter. Künstler seines Schlages
schaffen ihre Werke, um kurzweg Michel-Angeloy. Raphael und Rubens
zu heifsen.“
Wir wollen die pathetische Ueberschwenglichkeit der gewandten französischen
Feder auf sich beruhen lassen; die Schilderung des Theaters
bleibt jedenfalls eine ziemlich genaue und entspricht den angenehmen Eindrücken,
die wir selber bei unserem Besuche von seinen Räumen gewannen.
Zur Zeit unserer Anwesenheit in Tiflis und noch gegenwärtig ist eine
italienische Operngesellschaft beschäftigt, mit tüchtigen Gesangskräften.
Trotz des ziemlich starken Besuches reichen die täglichen Einnahmen bei
weitem nicht aus zur Erhaltung des Theaters, so dafs der stets grofsmüthige
Fürst Bariatinsky genöthigf ist, alljährlich aus seinem Beutel beträchtliche
Subsidien zu gewähren.
Wir erhielten unsere Plätze in einer Seitenloge des Statthalters vom
Kaukasus.- Mr. Lelly, ein hoher Beamter der diplomatischen Abtheilung
der fürstlichen Kanzlei, der sich in derselben Loge befand, konnte als besonderer
Verehrer der italienischen Oper dankbaren Zuhörern die genauesten
Erklärungen über Tifliser Theater-Verhältnisse gewähren.
Das heutige Goncert ward von einem matten polnischen Pianisten gegeben,
ein Neapolitaner unterstützte ihn als guter Violinist, eine Florentinerin,
Primadonna des Theaters, sang einige Arien zur grofsen Befriedigung
des klatschenden Publicums, jedoch in der eigenthümlich italienischen
Manier.
Das Orehester, aus Italienern und der Mehrzahl nach aus Deutschen —
Potsdam stellt ein nicht unbeträchtliches Contingent — bestehend, spielte
recht wacker.
Das Concert war äufserst schwach besucht, hier und da tauchten in
den Logen des ersten Ranges und des Parquets einige georgische Schönheiten
im National-Costüm aus dem Halbdunkel ihres Platzes wenig erkennbar
hervor. Es war dabei äufserst kalt, die Beleuchtung spärlich und
ein Geruch nach Lampenblak, der die Nerven in der empfindlichsten
Weise erregte.
Ein Jahr später sah ich eine Opern-Vorstellung in Tiflis, die den trü ben
Eindruck des ersten Besuchs ganz vergessen liefs.
XI. Kapitel.
E in B i b l i o t h e k a r im Kaukasus .
Zwei Tscherkessen in prachtvollem, silbergesticktem Costüm fragten
nach meiner Adresse. Es war früh am Morgen.
Ich war in Verlegenheit, sie zu empfangen: ihre Sprache — nicht einmal
das Tatarisch-türkische, die lingua franca des Kaukasus, verstand ich —
war mir unbekannt.
Unser Dragoman, sonst doch eine lebendige Polyglotte, wufste gleichfalls
nicht aus noch e in ; ein grusinischer Diener des Hauses wurde als
zweiter Dragoman zu Hülfe gerufen. Ich fragte deutsch, der Dragoman
übersetzte meine Worte dem Grusiner in das Russische, der Grusiner übertrug
das russisch gesprochene in das Tatarisch-türkische oder Georgische,
was weifs ich, und nun erst verstanden wir uns!
Der Fürst schickte mir die Cataloge seiner Bibliothek, eine Zusammenstellung
nach verschiedenen Prinzipien geordneter buntgefärbter Zettel,
die sehr sauber und übersichtlich in Cartons niedergelegt waren. Der