welche in den Strafsen ihren Küchenheerd mit den bunten Kacheln aufgeschlagen
haben und in gewaltigen Töpfen Hammelfleisch, Pilau, Tschilau
und andere Lieblingsgerichte der persischen Küche abdampfen und ab-
kochen. Sauber sieht’s grade nicht aus. In' der gröfsten Tageshitze schlafen
die meisten Kaufleute und Arbeiter lang ausgestreckt in ihren Buden.
Neben ihnen steht ein Gefäfs mit Wasser und Eis, eine saure Milch ode r
eine Wasserflasche, und darinnen ein schön gebundener Straufs von Rosen
oder ändern Blumen. Sieht man Yor einer Bude ein weitmaschiges Fadennetz
aufgehängt, so ist der Besitzer augenblicklich abwesend und übergiebt
sein Eigenthum vertrauensvoll dem Schutze des Publicums.
Ein Ritt durch die gewölbten Bazare der Stadt — natürlich mit derjenigen
Vorsicht, welche hier wie in allen Gassen Teherans die offenen
Löcher der Wasserkanäle inmitten des ungepflasterten, unebenen, holprigen
Weges erheischen,— veranlafst zu den interessantesten Studien persischer
Wandmalereien, die gewöhnlich an den Kreuzkuppeln zweier sich durchschneidenden
Bazargassen in grofser Dimension und ungeheuerlicher Wahl
des Stoffes, in den Hauptfarben Schwarz und Roth angebracht sind. Wenn
auch nicht die künstlerische Ausführung derselben erfreut, so überrascht
doch der Phantäsie-Reichthum der persischen Maler auf das Angenehmste.
Bald liefert die mythische. Geschichte -des Landes, bald die neuere und
neueste Historie, bald das Reich der Thierfabel die beliebten Gegenstände
der malerischen Darstellung. Rustem und die alten Pehlewane, König
Dschemschid, die Diws, persische Serbazen und Sewari oder Reiter, welche
türkische und europäische Armeen massacriren, Thiere, welche menschliche
Handlungen verrichten, das sind wohl die Hauptbilder, mit welchen die
Bazare geschmückt zu werden pflegen. In den Darstellungen der Kriege
besteht die oft wiederholte gröfste Heldenthat in einem Säbelhiebe, der
einen feindlichen Reiter, meist einen Türken, in zwei gleiche Hälften, vom
Schädel an bis zu den beiden Beinen, spaltet. Bei dem Anblick fielen mir
stets die Verse der „Schwäbischen Kunde“ ein:
„Da fafst er erst sein Schwert mit Macht,
Er schwingt es auf des Reiters Kopf,
, Haut durch bis auf den Sattelknopf,
Haut auch den Sattel noch in Stücken,
Und tief noch in des Pferdes Rücken.
Zur Rechten sieht man wie zur Linken
Einen halben Türken heruntersinken.“
Die Physiognomie der Stadt ändert sich in entsprechender Weise je
(nach den Tageszeiten, und die. Bazare sind bald belebter, bald stiller.
Selbst im Innern der Wohnungen läfst sich nach dem Lärm, der von der
Strafse her in die Höfe des Hauses hineintönt, die Tageszeit ziemlich genau
bestimmen. Sind des Morgens die Bäder geheizt, zwischen sechs und
sieben Uhr, so hört man die Kuhreigentöne der persischen Posaune, welche
die Weiber zum Bad einladen. Dann, eine Stunde später, entwickelt sich
das Leben auf der Strafse bis zum gewaltigsten Lärmen hin. Ist es Mittag,
so ruft der Muezzin oder Kantor von den- Moscheen her sein Mittagsgebet
aus und fordert die Menge auf-, an Allah und seinen Propheten zu denken.
Die Leute nehmen ihr Nahdr ein,- allmählige Stille! Hernach nimmt der
Lärmen von Neuem, seinen Anfang.. Gegen vier Uhr Nachmittags wiederum
das Geschrei des Muezzin, auf das eine entsprechende Stille, in der Zeit
des Gebetes, folgt. So wie die Sonne zu Rüste geht, lärmen die Posaunen
und Pauken der Negareh- khan'eh von dem Burgplatze her ihre alten
Weisen. Ein wenig spater trommeln und blasen die persischen Serbazen
die französische Abendmusik, worauf sämmtliche Hunde zu heulen und zu
bellen anfangen ,■ als ob selbst ihnen die europäischen Klänge unperSisch
vorkämen. Die Bazare sind bereits geschlossen, alle Welt zieht sich in
das Innere der Wohnungen zurück. Nur die von. den Kaufleuten des Bazars
unterhaltenen Wächter ( mustehfezîn oder qarawuldn) durchstreifen
langsam die von stehenden Oellämpchen matt erleuchteten dunklen Hallen
des Marktes und rufen sich in Zwischenpausen mit gellenden Worten
(feridd-e-mustehfezîn) an. Nicht langé, und alle Welt, selbst die Wächter,
in ihre. Mäntel und Decken eingehüllt, versinken in tiefen Schlaf. Nur
den Hunden des Bazars ist die Sorge überlassen, für die Ruhe und Sicherheit
der Stadt und für das Wohl der Einwohner zu wachen.
Die Geschichte von Teheran bietet die umgekehrte Seite der Schicksale
persischer Städte dar. Sie verdankt ihre gegenwärtige Bedeutung lediglich
der neuesten Geschichte Irans, seitdem Aga-Muhammed-Khan, der
Eunuch, die Residenz der Kadscharen und seiner Dynastie in die Hochfläche
von Rei verlegt hat.