Innern des Harems des Schah aus, dessen Einkünfte eine weise Sparsamkeit
des Emir bedeutend geschmälert hatte, zogen bald ein drohendes
Ungewitter über sein Haupt zusammen, dessen Ausbruch nicht lange
auf sich warten liefs. Als sich die Vorboten desselben zeigten, hatte er ,
die Unvorsichtigkeit, den damaligen Gesandten einer europäischen Grofs-
macht am persischen Hofe um einen offiziellen Schutz zu bitten. Dei
Schah, welcher den vielfachen Einflüsterungen bisher kein williges Ohr
geliehen hatte, ohne mit bestimmteren Mafsregeln hervorzutreten, müfste
durch ein derartiges Auftreten seines Schwagers auf das Höchste gereizt
werden, und die nächste Folge war der Befehl an Mirza-Taghi-Khan, die
Stadt Teheran zu verlassen und seinen Aufenthalt in Fm zu nehmen, einem
Schlosse in der Nähe der Stadt Kaschan, auf der Strafse von Teheran
nach Isfahän.
Die Hoffnungen baldiger Befreiung des Emir, über dessen Leben wie
ein Schutzengel seine Frau, die Schwester des Schah, wachte, sollten sich
nicht verwirklichen. Sein Stern war untergegangen. Nachdem der Schah
den Befehl zum Tode seines Schwagers ein paar Mal unterzeichnet, dann
aber wieder zurückgenommen hatte, wurde endlich einesJ Tages ein Ferrasch-
baschi des Königs in Begleitung eines Mir-qezeb oder Henkers nach Fm
entsendet, um dem ehemals so mächtigen Atabeg sein bevorstehendes Lebensende
zu verkündigen. Der Emir hatte eben um die Erlaubnifc gebeten,
ein Bad in der Nähe des Schlosses Fm zu besuchen. Seine Frau,
von traurigen Ahnungen erfüllt, versuchte vergeblich, ihn zurückzuhalten,
nahm ihm endlich das Versprechen ab, nach einer gewissen Zeit heimzukehren
und begleitete ihn angsterfüllt bis in die Nähe des Bades. Kaum
hatte sich der Emir in demselben entkleidet, als der Ferrasch-baschi des
Schah im Reiseanzug, bestaubt und beschmutzt, mit Stiefeln in die Badstube
eintritt, ihm sein Todesurtheil vorlegt und den Mir-qezeb herbeiruft.
Man reicht dem unglücklichen Manne zwei Rollen Teriak oder Opium,
um sich zu vergiften. „Oeffnet mir die Adern, sagte e r, und lafst mich
im Bade sterben. Ich erinnere mich irgendwo gelesen zu haben, dafs einer
der Weisen des Alterthums so starb!“
Man erfüllte seinen Wunsch.
Dem unfehlbaren Tode geweiht, sehrieb er mit blutigem Finger an die
Wand des Bades: la iUah ill' allah „es giebt keinen Gott aufser Gott!“
Worte, die noch heute an Ort und Stelle gelesen werden.
So endete der Mann, der in Persien drei Jahre lang eine so bedeutende
Rolle gespielt hat und dessen Name noch gegenwärtig von der Bevölkerung
dieses Landes mit einer gewissen Bewunderung genannt wird,
die um so höher steigt, je tiefer die gesellschaftliche Schicht ist, aus der
sie hervor'geht. Der arme Theil des persischen Volkes seufzt heutigen
Tages nach dem Emir und segnet und bewahrt sein Andenken. Vielleicht
hat selbst der Schah, welcher für die Seelenruhe des Gestorbenen eine
Moschee errichten liefs, den übereilten Befehl zum Tode des Emir längst
beklagt und an die Worte des scheidenden Atabeg gedacht: „Du wirst mich
tödten lassen, ich weifs es, aber Du wirst es einst bereden.“ Die Zeit ist
bereits gekommen, welche seinen Verlust um so härter empfinden läfst, als
er gradezu unersetzlich .is t1 Man beklagt die traurigen Zustände der Gegenwart,
und seufzt: „ J a , wenn der Emir noch leb te!“ um anzudeuten,
welche Willenskraft und welche Bestrebungen mit ihm zu Grabe gegangen
sind.
. Der Schöne, breite und hochgewölbte Bazar, welcher sich Angesichts
des Burgthores im Innern der Stadt vom Sebzeh-Meiddn oder dem „Griin-
platze“ aus in grader Richtung nach Süden hinzieht, ist gleichfalls eine
Anlage des Emir, die durch seinen Namen noch heutigen Tages geehrt ist.
Er fährt durch Seitenbazare und schmutzige Strafsen nach dem südwestlichen
Theile Teherans, in welchem sich um die neuerdings restaurirte kleine
Moschee "des Sejid N a sr-ed -d in , in Mitten eines Kirchhofes, über dessen
Gräber und Grabsteine kreuz und quer Reiter und Fufsgänger ihren Weg
zu nehmen pflegen, die Wohnungen der armenischen Christen, meist in sehr
anrüchigen Strafsen, und das arme Quartier der kriegsgefangenen Turko-
manen befinden/ Die Hütten der letzteren sind niedrig, aus Erdziegeln aufgeführt
und mit ründen Kuppeln bedacht. Die Armuth und das Elend tritt
hier in den abschreckendsten Gestalten auf und erregt mehr als irgendwo
das Mitgefühl des menschlichen Herzens. Nicht weit davon Regt das „Neue
Thor“ mit einem grofsen Marktplatze, in dessen Mitte sich aus dem Centrum
eines runden, aus gebrannten Ziegeln aufgeführten Takht ein hoher
Mastbaum weithin sichtbar erhebt. Hier ist der Ort, auf welchem gewöhnlich
die Hinrichtungen Statt finden und wo die Mir-qezeb oder Scharfrichter
in Gegenwart einer zahlreichen Volksmenge ihr blutiges Handwerk verrichten.
Die Körper der Getödteten werden nach beendigter Hinrichtung
mittelst eines Strickes, der gewöhnlich an den Fiifsen befestigt ist, an dem
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