sam eine Yorbereitungsschule für wanzenfeindliche Personen. Im Allgemeinen
kann sich Persien eines aufserordentlichen Reichthumes kleiner, aber
bäfslicher Thiere rühmen, welche mit Scorpionen, Taranteln, Tausendfüfsen
beginnen und mit der schweren und leichten Insecten-Kavallerie enden,
die ich mit ihrem eigentlichen Namen gar nicht bezeichnen mag. Selbst
die Erinnerung daran ist mir aus begreiflichen Gründen sehr schmerzhaft.
Die Perser haben durchaus keinen Abscheu vor den vielbeinigen Kolonisten
ihres Körpers, sorgen vielmehr durch behutsame, Abnahme und Versetzung
auf Gottes Erdboden für eine möglichste Verbreitung der Nachkommen
der ägyptischen Landplagen.
In dem Hause des Schekh-d-islam fanden wir für heute ganz leidliches
Quartier. Der Talar oder Hauptsaal des Hauses, in dem wir auf dem Erdboden
neben einer ganzen Ladung von Zuckerhüten, Theepäckchen, Zuckerwerk,
Limonensaft-Flaschen und — Rhabarberstengeln hocken und liegen,
ging nach einem Gärtchen hinaus, dessen Pflege der fromme Bewohner des
Hauses sehr vernachlässigt zu haben schien. Die Aussicht nach demselben
wurde durch die fehlenden Glasscheiben des grofsen gewaltigen Holzgitterfensters,
das nach persischem Baustile eine ganze Wandlänge einnahm,
sehr erleichtert. Die angeklebten Papierscheiben hatte des Winters Strenge
bis auf wenige Reste unbarmherzig mitgenommen. Der Hakim, der Stadt,
unser prinzli eher Mehmendär, machte seinen Besuch, wir erwiederten denselben,
und so kam allgemach ein herrlicher Abend über Marand herein-
gezogen. Wir plauderten von der Heimath, ergingen uns in süfsen E rinnerungen
und machten Pläne für die Zukunft, da — erhoben sich von
dem engen Gartenraume vor unserem Fenster Mongolfieren in die Luft.
Mongolfieren? Ja, sicher Mongolfieren und zwar der preufsischen Mission
zu Ehren, der man persischerseits ein so unerwartetes Schauspiel geben
zu müssen glaubte.
Die Ballons waren aus feinem Papier gemacht und die Luft darin
durch brennende Zündmassen erwärmt. Welch’ ein Vergnügen für die
Perser, als sie hoch in die Luft stiegen und die Lichtfunken in dem reinen
Aether hin und herschwammen, mit welchem Stolz sah man auf uns, als
wir mit den Augen den Bewegungen der papiernen Dinger folgten. Alle
umstehenden Perser, höchst ergriffen von diesem tamascha oder „Vergnügen“
sonder Gleichen, brachen in ein gemeinsames beh, beh, beh „schön,
schön, schön!“.aus. Dafür mufste. selbstverständlich ein ganz besonderes
goldenes Enam gespendet werden.
Am Morgen des nächsten Tages, — die Sonne hatte eben am Horizonte
ihr feuchtes Bett aus rothen Nebelstreifen verlassen, — wurde wie
gewöhnlich unter grofsem Lärmen Alles zur Weiterreise in Bereitschaft gesetzt.
Ohne Zeitverlust geht’s in Persien wie im ganzen Orient nun einmal
nicht ab. Das persische ferda „morgen!“ tönt mir ebenso nachhaltig
als das gleichbedeutende arabische bukra noch heute vom Morgenlande her
in die Ohren. — Ehe die Pferde und Maulthiere gesattelt und gezäumt, aus
dem Stalle geführt, vor der Thüre aufgestellt, beladen und bepackt sind,
vergeht so viel kostbare Zeit, dafs einem Europäer Gift und Galle in den
Geduldskasten steigt. Man liegt und drückt sieh gestiefelt und gespornt
so lange herum, schlürft ein Glas Thee nach dem ändern herunter, bis endlich
das lang ersehnte heme hazir est „alles ist fertig“ ertönt. Dann fehlt
aber sicher noch etwas, und wenn der persische Diener den europäischen
Sattel verkehrt aufs Pferd gelegt haben sollte.
Die verschiedenen Trinkgelder sind nach allen Seiten hin reichlich
ausgestreut, Bettler umstehen mit flehenden Worten den Zug, endlich ist
alles mehr oder weniger befriedigt und hinaus geht’s wieder in das persische
Hochland. Wir steigen fortdauernd bis nach Täbriz zu; Dschulfa,
am Araxes, liegt 2500 Fufs über dem Meeresspiegel, Täbriz 4600 Fufs, bei
einer Entfernung von 16 deutschen Meilen, die beide Punkte von einander
trennt, kommen mithin 131J- Fufs Steigung auf die Meile.
Etwa 2 Stunden in südlicher Richtung von Marand schiebt sich quer
vor die Strafse ein quellenreicher Höhenzug hin, über den ein Kotei oder
Pafs hinwegführt. Der Weg, in den harten Stein gehauen, ist so steil, dafs
ihn höchstens Fufsgänger und Reiter, d. h. nur solche, die auf p e r s i s c h e n
Pferden sitzen, gefahrlos zu passiren im Stande sind. Er windet sich in
Schlangenlinien an den Steilabhängen des Felsen jäh und abschüssig hinauf.
Von der Höhe hat man ein entzückendes Panorama nach den gewaltigen
hintereinander als Parallelketten aufsteigenden Bergen des Karadagh, die
im Vordergründe mit einzelnen pyramidenförmig gestalteten, isolirt stehenden
Kegeln in der Ebene von Marand abschliefsen.
Auf der anderen Seite des Felspasses geht der Weg abwärts noch steiler,
und abschüssiger als hinauf, und führt in ein enges Thal mit einem
ärmlich aussehenden Dorfe an einer ziemlich bedeutenden Wasserader. Die